Hinter den Kulissen
Jährlich werden in Deutschland zwischen 300 und 400 Planungswettbewerbe ausgelobt und entschieden. Wenn die Öffentlichkeit von einem Ergebnis erfährt, sind die Weichen, ob dieses Projekt ein Erfolg werden wird oder nicht, allerdings längst gestellt. Die sie stellen, arbeiten meist im Verborgenen, nicht zuletzt weil ein Planungswettbewerb laut EU-Gesetz anonym sein muss.
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Hinter den Kulissen
Jährlich werden in Deutschland zwischen 300 und 400 Planungswettbewerbe ausgelobt und entschieden. Wenn die Öffentlichkeit von einem Ergebnis erfährt, sind die Weichen, ob dieses Projekt ein Erfolg werden wird oder nicht, allerdings längst gestellt. Die sie stellen, arbeiten meist im Verborgenen, nicht zuletzt weil ein Planungswettbewerb laut EU-Gesetz anonym sein muss.
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Wer formuliert die Aufgaben und wählt die Jurymitglieder aus? Welche Verfahrensart ist wann geeignet? Was passiert in einer Jurysitzung und welche Eigenschaften müssen Fachpreisrichter mitbringen? Das alles sind wichtige Fragen für das Gelingen.
Wir haben für dieses Heft mit Architekten gesprochen, die – hinter den Kulissen – die Grundlagen für gute Architektur erarbeiten. Drei von ihnen, Jórunn Ragnarsdóttir, Jörg Aldinger und Zvonko Turkali, gehören zu den meist beschäftigten Preisrichtern Deutschlands, vier weitere, Hans-Peter Achatzi, Uwe Dahms, Josef Mittertrainer und Daniel Luchterhandt, haben sich mit ihren Büros in Berlin, München und Hamburg, ebenso wie Barbara Ettinger-Brinckmann, die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, auf die Organisation von Wettbewerben spezialisiert. Bei den Gesprächen wurde viererlei deutlich:
Erstens: Niemand trägt so viel Verantwortung für den reibungslosen Planungsprozess wie die Wettbewerbsbetreuer. Sie beraten die Auslober bei der Aufgabenstellung und der Verfahrensart, sie informieren über die Chancen der Bürgerbeteiligung, überwachen ein juristisch sauberes Verfahren. Im Idealfall begleiten sie die Bauherren von der ersten Idee bis zum Vertrag mit dem ausgewählten Büro.
Zweitens: Niemand verarbeitet in kürzester Zeit mehr Informationen als ein Jurymitglied in einem Preisgericht. Jurieren ist harte Detailarbeit. Fachpreisrichter müssen Pläne in Worte übersetzen, sie müssen präzise und kompromissbereit sein, den Überblick bewahren und vor allem als schärfsten Beurteilungsmaßstab die gute Architektur im Blick behalten.
Drittens: Das Wettbewerbswesen ist in eine Schieflage geraten. Volker Staab, einer der einflussreichsten deutschen Architekten, bringt die Entwicklung auf den Punkt: „Früher musste man an zehn Wettbewerben teilnehmen, um einen zu gewinnen. Heute muss man zehn Wettbewerbe gewinnen, um einen zu bauen.“ Dies hat verschiedene Ursachen. Dass Wettbewerbe mitunter als Marketinginstrument missbraucht werden, passiert immer wieder. Ebenso, dass das Ergebnis im nachgeschalteten VOF-Verfahren, das Jórunn Ragnarsdóttir (Seite 12) gern abschaffen würde, keine Rolle mehr spielt. Schließlich konstatiert Jörg Aldinger (Seite 14), das deutsche Wettbewerbswesen bringe gut gemachten Mainstream hervor, anstatt mutiger Architektur den Weg zu ebnen.
Viertens: Bei aller Kritik gibt es auch Zuspruch. Josef Mittertrainer (Seite 24) weiß von Architekten in München, die Direktaufträge ablehnen und stattdessen einen Wettbewerb anregen. Zvonko Turkali (Seite 16) gibt Tipps für eine erfolgreiche Wettbewerbsteilnahme, Daniel Luchterhandt (Seite 26) sieht in der Bürgerbeteiligung einen Schlüssel für die breite Akzeptanz von Entscheidungen und Barbara Ettinger-Brinckmann (Seite 20) findet, mit Wettbewerben machten Architekten der Gesellschaft ein einzigartiges Angebot. Dem ist nichts hinzuzufügen.
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