Bauwelt

Aalto, Scharoun, Ruskeepää

Kaye Geipel findet wieder einen Grund, den ICE von Berlin nach Köln schon nach 66 Minuten zu verlassen.

Text: Kaye Geipel

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Aalto, Scharoun, Ruskeepää

Kaye Geipel findet wieder einen Grund, den ICE von Berlin nach Köln schon nach 66 Minuten zu verlassen.

Text: Kaye Geipel

Wolfsburg hat es nicht leicht mit mir. Genauer gesagt: mit meinem Besuch. Mein Auto, älteres Baujahr, rutschte vor kurzem gerade noch durch den TÜV – kein Grund also, mich in der Autostadt nach etwas Neuem umzusehen. Das kartoffelreibenförmige Kunstmuseum lädt mich auch nicht gerade ein herzukommen. Zugegeben, eine der besten Zaha Hadids steht in Wolfsburg, aber das Schönste daran ist die Vorbeifahrt mit dem ICE.
Die Stadt, die 2013 ihr 75-jähriges Jubiläum feierte, hat es nicht nur mit mir schwer. Sie ächzt auch unter den verwöhnten globalen Dienstleistern der Autobranche, die für einige Jahre nach Wolfsburg kommen und Ansprüche stellen. Die Stadt müht sich redlich, ihren Siedlungspark aus den 50er und 60er Jahren deren Anforderungen anzupassen (Bauwelt 17–18.2013). Doch mit dem Rhythmus des jährlich sich erneuernden Autodesigns kann Stadtentwicklung nicht mithalten. In der Innenstadt entlang der Porschestraße zehrt man bis heute von den Trümpfen der Nachkriegszeit: Alvar Aaltos Kulturhaus mit seinen strahlend blauen Kacheln und, oben auf dem Klieversberg, Scharouns Theater mit einem der schönsten Foyers, das der Theaterbau aufzuweisen hat. Ansonsten bietet die City das nüchtern heruntergeschnittene Schwarzbrot des Nachkriegsstädtebaus.
Die resolute Stadtbaurätin Monika Thomas versucht es mit langem Atem. Dazu zählt die Planung eines neuen Bildungshauses, mit einem innovativen und aufwendig ausgeklügelten Wettbewerbsverfahren samt zwischengeschalteten, öffentlichen Anhörungen. Jetzt steht fest, der Sieger ist der Finne Esa Ruskeepää (siehe Seite 10). Scharoun und Aalto bekommen ein Geschwisterhaus, das, wenn es ohne Abstriche umgesetzt wird, Furore machen wird: eine herausragende Arbeit des jungen Architekten, der bei OMA und Zumthor in die Schule gegangen ist und in Europa seit längerem durch konzeptionelle Wettbewerbsbeiträge auffällt. Ein neues, gut fundiertes Verfahren, eine lange, öffentlich geführte Debatte über die Alternativen und als Ergebnis ein Entwurf, bei dem einem das Herz aufgeht – wann und in welcher Stadt gab es das zuletzt? Soviel ist sicher: Nächstes Mal steige ich zum Baustellenbesuch aus.

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