Paolozzis kurze Wiederkehr
Comeback eines Wandgemäldes in Berlin
Text: Geipel, Kaye, Berlin
Paolozzis kurze Wiederkehr
Comeback eines Wandgemäldes in Berlin
Text: Geipel, Kaye, Berlin
Ein legendäres Foto zeigt den Künstler, Bildhauer und Kraftkerl Eduardo Paolozzi (1924–2005) in den 50er Jahren, zwischen Alison und Peter Smithson und dem Fotografen Nigel Henderson auf einer Londoner Straße sitzend. Während Paolozzi ungeduldig auf einem alten Barhocker kippelt, wirken die anderen etwas verloren auf den auf die Straße gerückten neuen Eames-Stühlen.
Paolozzis drängende Haltung prägt dieses Bild, das seinerzeit auch als Plakat für die Ausstellung „This Is Tomorrow“ verwendet wurde. In den 50er Jahren gehört Paolozzi zum Freundeskreis der Smithsons. Er verwendet für seine Arbeiten Materialien, die den Architekten des Brutalismus lieb und teuer waren. Sichtbeton, so erfährt man im Katalog zur aktuellen Ausstellung über Paolozzi in der Berlinischen Galerie, sei im England der Nachkriegsjahre „ein Material der Arbeiterklasse“ gewesen. Das ist eine gewagte These. Trotzdem: Die Berliner Schau zeigt eindrucksvoll zerfurchte, mit roher Körperlichkeit bearbeitete Skulpturen von Paolozzi. Sein Interesse fürs Material blieb beim Sichtbeton nicht stehen. Er war ständig auf der Suche nach Anregungen, stöberte durch Abwrackwerften und durch Lagerhallen, stapelte Sanitärkeramik und Eisenabfälle, sammelte Pin-up-Hefte und Werbegrafik. In den 60er Jahren wurde er zu einem wichtigen Künstler der englischen Pop Art und zu einem Inspirator auch für deutsche Architekten.
Paolozzis entscheidende Begegnung mit Deutschland war ein einjähriger Arbeitsaufenthalt 1974/75 auf Einladung des DAAD. Er bezog damals ein Atelier am Kottbusser Damm in Kreuzberg und konzipierte hier auch sein größtes Werk, ein knapp 1000 Quadratmeter großes Wandgemälde an der Brandwand des Hauses Kurfürstenstraße 87. Das Berliner Dreigespann, die Architekten Werner Düttmann, Hans Müller und Jürgen Sawade, sorgten in der Kunst-am-Bau-Jury dafür, dass Paolozzi den Auftrag bekam. Zehn Jahre später verschwand das Bild bereits wieder hinter Beton, die Baulücke wurde mit einem Neubau geschlossen. Jetzt sind Teile des Gemäldes für kurze Zeit wiederaufgetaucht: Das Gebäude der 80er Jahre wurde abgerissen, es weicht einem 60 Meter hohen Neubau eines amerikanischen Investors.
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