Bauwelt

Rollbahn trifft Heide

Ab 2018 wird der Flughafen Berlin-Tegel zu einem gemischten Quartier umgebaut. Das Freiraumkonzept des Atelier Loidl kontrastiert den harten Beton mit wilder Natur

Text: Herzog, Andres, Zürich

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    1. Preis Das Atelier Loidl schlägt für jede der drei Schneisen, die auf das Terminalgebäude zulaufen, eine andere Gestaltung vor
    Abb.: Architekten

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    1. Preis Das Atelier Loidl schlägt für jede der drei Schneisen, die auf das Terminalgebäude zulaufen, eine andere Gestaltung vor

    Abb.: Architekten

Rollbahn trifft Heide

Ab 2018 wird der Flughafen Berlin-Tegel zu einem gemischten Quartier umgebaut. Das Freiraumkonzept des Atelier Loidl kontrastiert den harten Beton mit wilder Natur

Text: Herzog, Andres, Zürich

2017 soll es tatsächlich so weit sein: Dann starten und landen endlich die ersten Flieger auf dem neuen Flughafen Berlin-Brandenburg. Und dann will Berlin vorwärts machen. Spätestens ein halbes Jahr danach wird der Flughafen Tegel endgültig geschlossen und die Verwandlung zum „Zukunftsort“ beginnen, wie die Senatsverwaltung es formuliert. Auf einer Fläche von 495 Hektar, die dem Land und dem Bund gehören, entwickelt Berlin in den nächsten zwanzig Jahren den Forschungs- und Industriepark „Berlin TXL – The Urban Tech Republic“. Rund tausend Unternehmen und 17.500 Beschäftigte sollen hier forschen und entwickeln – und kräftig Geld in die Steuerkassen spülen. Vorbild dafür ist der Forschungsstandort Adlershof in Berlin. In das sechseckige Terminalgebäude von GMP Architekten ziehen 2500 Studenten der Beuth Hochschule für Technik ein und sorgen für einen belebtes Zentrum, so die Hoffnung. Im östlich gelegenen Schumacher-Quartier entstehen zudem 5000 Wohnungen, die helfen sollen, das prognostizierte Bevölkerungswachstum der Stadt auf vier Millionen Einwohner zu schlucken. Grundlage für die Umnutzung ist ein Masterplan aus dem Jahre 2012, der um den Terminalbau Flächen für Wissenschaft und Forschung definiert, die Flugbahn freihält und entlang der Rollbahn Industrie- und Gewerbe sowie im Osten ein gemischtes Quartier vorsieht.
Berlin will bereit sein für morgen. Bereits 2013 fragte der Schinkel-Wettbewerb Studenten nach stadträumlichen Ideen für Tegel (Bauwelt 22/ 2013), nun sind die erfahreneren Kollegen dran. Zurzeit läuft das städtebauliche und landschaftliche Konkurrenzverfahren für das Schumacher-Quartier im Osten, das im Juni 2016 juriert wird. Bereits entschieden ist der Wettbewerb, den das Land Berlin für die Gestaltung des öffentlichen Raumes des Campus-Areals ausgelobt hat. Gefragt war eine übergeordnete Idee für das gesamte Gebiet sowie konkrete Vorschläge für die 100.000 Quadratmeter große Fläche rund um das Terminalgebäude, die für 10 Mio. Euro transformiert wird. Die Gestaltung des Hofs des Hexagon-Baus war nicht Teil des Verfahrens, da hierfür die Beuth Hochschule zuständig ist. 64 Landschaftsarchitekturteams aus ganz Europa hatten sich beworben, zogen gegenüber den lokalen Kennern aber den Kürzeren. Sechs der sieben ausgezeichneten Büros kommen aus Berlin. Der erste Preis geht an die Landschaftsarchitekten des Atelier Loidl, die in Berlin unter anderem den Park am Gleisdreick entworfen haben.
Ihr Entwurf schlägt für jede der drei Schneisen, die auf das Terminalgebäude zulaufen, eine andere Gestaltung vor, die vom Kontext inspiriert ist. Der Korridor zwischen Flugfeld und Terminal ist als heideartige Landschaft konzipiert, in der einzelne Baumgruppen kleine Räume definieren. Der „TXL-Boulevard“, der in Ost-West-Richtung bis zum Kurt-Schumacher-Damm verläuft, wird bewaldet. Hier wachsen Kiefern und Stieleichen, der Boden ist mit Gräsern, Moos und Farnen bedeckt. Die Verbindung zum Schifffahrtskanal schließlich gestalten die Landschaftsarchitekten parkartig als Fortführung der Jungfernheide.
Im Realisierungsteil rund um das Terminal-Hexagon arbeiten die Verfasser mit einem starken Kontrast von Urbanität und wilder Natur. Der Zufahrts-Loop bleibt erhalten. Er umschließt eine Wasserfläche, die im Norden mit einer Stadtkante gefasst ist und im Süden mäandrierend in eine Wiese übergeht und so einen kontemplativen Ruhepol bildet. Die „TXL-Wetlands“, wie die Landschaftsarchitekten den See nennen, haben auch einen ökologischen Grund: Hier wird das Dachwasser des ehemaligen Terminal-Baus aufgefangen. Den Campusplatz legen die Verfasser im Gegensatz dazu als belebten Hotspot an, der zum Nukleus des neuen Quartiers werden soll. Dabei soll die Atmosphäre des Flughafens möglichst erhalten bleiben. Eine Schraffur am Boden verbindet die verschiedenen Bereiche, ohne die Patina des alten Betonbelages zu übertünchen. Von der großen Holztribüne aus verfolgen Schaulustige, wie die Studenten skaten, Basketball spielen oder am ehemaligen Kontrollturm klettern lernen.
Die Jury lobt die „spannende Dramaturgie von urban bis naturnah“ des Entwurfes. Sie spricht von einem „überzeugenden Ansatz, der Richtungen aufzeigt, aber gleichzeitig noch Spielräume der weiteren Konkretisierung offenhält“. Diese wird in den nächsten zwei Jahren in die Hand genommen. Ab 2018 sollen die Umbauarbeiten am Terminal und die Gestaltung des Freiraums beginnen – vorausgesetzt das Sorgenkind BER macht den Planern keinen weiteren Strich durch die Rechnung.
nichtoffener Ideen- und Realisierungswettbewerb
1. Preis (56.500 Euro) Atelier Loidl Landschaftsarchi-tekten, Berlin
2. Preis (37.500 Euro) Hutterreimann Landschaftsarchitektur, Berlin
3. Preis (25.500 Euro) k1 Landschaftsarchitekten Kuhn Klapka, Berlin
4. Preis (17.000 Euro) Arbeitsgemeinschaft WES mit
Krafft und Raumlabor, Berlin
Anerkennung (11.500 Euro) Arbeitsgemeinschaft Lavaland & Treibhaus Landschaftsarchitekten, Berlin
Anerkennung (11.500 Euro) West 8 urban design landscape architecture, Rotterdam
Anerkennung (11.500 Euro) Arbeitsgemeinschaft Stefan
Tischer Landschaftsarchitekt, Berlin, und Luis Callejas, Medellin
Fachjury
Andrea Gebhard (Vorsitz), Bart Brands, Martin Rein-Cano, Burkhard Wegener, Christa Reicher, Carlo Becker, Rita Mettler

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