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Schinkels Baugruppe

Eine dreiste Geschäftsidee zum Wiederaufbau der Berliner Bauakademie

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

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Foto: Nils Ballhausen

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Schinkels Baugruppe

Eine dreiste Geschäftsidee zum Wiederaufbau der Berliner Bauakademie

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Eine Gruppe von Privatleuten will gemeinsam ein Filetgrundstück am rekonstruierten Berliner Schinkelplatz von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erwerben.
Die Stimmung erinnert mich an eine Hinterbühne. Wenn man sich als Schüler etwas Geld als Statist beim Theater verdient hat – bei mir immerhin rund vierzigmal Shakespeares „Richard III.“ und zwanzigmal Aristophanes’ „Die Wolken“ –, ist einem diese Atmosphäre vertraut: Es ist schummerig und man muss auf den hohl liegenden Brettern vorsichtig auftreten, um die Aufführung nicht zu stören. So ähnlich war der Eindruck am 14. Januar im mit Dielen ausgelegten „Probesaal“ der Berliner Bauakademie. Deren gemauerte Musterecke ist inzwischen zehn Jahre alt, der provisorische Mustersaal nur wenig jünger. Damals war man zuversichtlich, dass der Wiederaufbau des 1961 abgerissenen Baudenkmals von Karl Friedrich Schinkel schnell über die Bühne geht. Doch das Vorhaben geriet immer wieder mangels Sponsoren ins Stocken. Der letzte Anlauf liegt schon über zwei Jahre zurück. Damals war es der Außenwerber Hans Wall, der allerdings nicht die Sicherheit bieten wollte, auch bei einer Baukostensteigerung weiter zu spenden. Schinkels Werk vis-à-vis des Auswärtigen Amts existiert nach wie vor als Kulisse, als bedruckte, auf eine Gerüstkonstruktion aufgezogene Plane. Auf der Geld bringenden Attrappen-Südseite in Richtung Lustgarten räkelt sich zurzeit eine Dame für Herrenmode.
„Alles Glück der Welt“
Im Inneren ist bei spärlichem Licht für einen besonderen Auftritt geladen, ein neuer Anlauf zur Wiederaufführung der Bauakademie. An den backsteinernen Wänden hängen Grundrisse und Renderings eines Bauprojekts für die zum Verkauf ausgeschriebene Fläche zwischen der Bauakademie und der tatsächlich vorhandenen Friedrichswerderschen Kirche, ebenfalls von Schinkel. Vier Wohnblocks mit Loggien und Terrassen sind darauf zu sehen. Sie erinnern in ihrer Machart an die Wohnbauten im „Diplomatenpark“ am Berliner Tiergarten. Alles deutet auf ein weiteres Investorenprojekt in bekannter Manier hin: Luxuswohnen für das gesetzte City-Klientel. Doch der Schein trügt. Denn heute endet die Angebotsfrist für die knapp 5000 Quadratmeter große Freifläche, auf der bis 1995 der Riegel des DDR-Außenministeriums stand. Neben hunderten anderer Investoren hat auch die eigens gegründete „Berliner Baugesellschaft Am Schinkelplatz“ ein Gebot für diesen exklusiven Bauplatz bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) abgegeben. Vorne im Schummerlicht soll der Coup vorgestellt werden. Am Tisch sitzt auch Hans Kollhoff. Der Präsident des Vereins „Internationale Bauakademie Berlin“, der die Etablierung einer Elite-Architekturschule stetig neu vorantreibt, wünscht „alles Glück der Welt“.
Hamburger Royal
Mit dabei ist Steffi Haubold, Geschäftsführerin der neuen Baugesellschaft und von Hause aus Franchise-Unternehmerin bei McDonald’s für Berlin und Umland. Am Tisch sitzt außerdem der Jurist Detlev Stoecker, Fachmann für Immobilientransaktionen und Real Estate. Beide wollen hier im Herzen der Stadt wohnen, Frau Haubold ist mit Teilen ihrer Familie schon da, gleich um die Ecke, in einem der schmalen siebengeschossi-gen Townhouses, die sie gut, aber doch ein wenig zu beengt findet. Vielleicht denkt sie auch daran, das das Treppensteigen irgendwann lieber der nachfolgenden Generation zu überlassen, jedenfalls schwärmt sie von einer Etagenwohnung mit viel Licht und tollen Ausblicken. Haubold und Stoecker gehören zum „Zusammenschluss interessierter Bürger, die sich für den umgehenden Wiederaufbau der Bauakademie ebenso einsetzen wie sie am Schinkelplatz ihren Wohnort finden möchten“. Es handelt sich hier um eine Baugruppe im gehobenen Segment: Vermögende Selbständige und Freiberufler nehmen Geld in die Hand und bauen gemeinsam ihr Zuhause, allerdings nicht in Form von schmalen Townhouses, wie es der architektonische Rahmenplan an dieser Stelle fordert. Das Team möchte – fachlich unterstützt durch Mitglieder des Bauakademie-Vereins – stattdessen vier Einzelbaukörper mit großen Etagenwohnungen und Gewerbeeinheiten herstellen. Anders als ein Großinvestor will man aber die Gewinnmarge „nicht in weitere Cayennes stecken“, sondern damit die Bauakademie wieder aufbauen, sie der Stadt Berlin quasi „zum Geschenk machen“. Zufällig oder nicht liegt der errechnete Überschuss bei jenen 15 Millionen Euro, die der aktualisierte Schinkel in etwa kosten würde. Kurz gesagt: Man kauft sich generös mit der eigenen Wohnung in bester Lage die schöne Aussicht auf die Bauakademie gleich mit und kann sich der Wertsteigerung sicher sein. Insgesamt soll es bereits 38 Interessenten geben, 53 Objekte inklusive Profit-Bereichen wie Shops und Mietbüros wären in den vier Blocks zu haben. Die Gesellschaft begab sich „auf die Suche nach passenden Architekten“ und musste nicht lange suchen, da sie alle schon da sind. Aus dem Zirkel erschied man sich für Bernd Albers, Petra und Paul Kahlfeldt, Jan Kleihues, Johannes Modersohn und Antje Freiesleben. Kann es sein, dass Frau Haubold sich heimlich wünscht von ihrer zukünftigen Wohnung aus beobachten zu können, wie Touristen in ihrer Filiale „Bauakademie“ Hamburger Royal verzehren? Ein wirklich schöner Wunsch. Es hat sich aber inzwischen herausgestellt, dass es zum Stichtag 14. Januar eine ganze Reihe im Kaufpreis höhere Angebote gab. Die BlmA braucht keine Bauakademie.
Fakten
Architekten Albers, Bernd, Berlin; Kahlfeld Architekten, Berlin; Kleihues+Kleihues, Berlin; Modersohn & Freiesleben Architekten, Berlin
aus Bauwelt 6.2011
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