Bauwelt

Steidls Galerie für Göttingen

Seit Jahren plant der Verleger Gerhard Steidl mit der Stadt Göttingen ein Kunstquartier. Der Wettbewerb für ein Galeriegebäude soll die Sache voranbringen. Ein Betonmonolith mit Satteldach und Lichtschlitzen gewinnt

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

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    1. Preis Atelier 30 will die Kunsträume und den Veranstaltungssaal unter dem Satteldach mit Be­ton umhüllen. Stampfbeton wird angestrebt, an manchen Stellen soll er durch Plexiglas lichtdurchlässig werden.
    Abb.: Planer

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    1. Preis Atelier 30 will die Kunsträume und den Veranstaltungssaal unter dem Satteldach mit Be­ton umhüllen. Stampfbeton wird angestrebt, an manchen Stellen soll er durch Plexiglas lichtdurchlässig werden.

    Abb.: Planer

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    2. Preis Atelier ST erinnert mit den gestaffelten Gechossen an die Göttinger Lagerhäuser.
    Abb.: Planer

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    2. Preis Atelier ST erinnert mit den gestaffelten Gechossen an die Göttinger Lagerhäuser.

    Abb.: Planer

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    3. Preis Bär Stadelmann Stöcker interpretieren die Fachwerkstruktur mit Betonfertigteilen.
    Abb.: Planer

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    3. Preis Bär Stadelmann Stöcker interpretieren die Fachwerkstruktur mit Betonfertigteilen.

    Abb.: Planer

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    Das Günter-Grass-Archiv ist der kleine, aber prominente Nachbar des geplanten Galeriegebäudes. Auf dem Bild, das den Wettbewerbsteilnehmern als Visualisierungsgrundlage diente, wirkt das umge­baute Fachwerkhaus mit den Ratten unter den Fenstern sehr breit.
    Foto: Frank Stefan Kimmel

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    Das Günter-Grass-Archiv ist der kleine, aber prominente Nachbar des geplanten Galeriegebäudes. Auf dem Bild, das den Wettbewerbsteilnehmern als Visualisierungsgrundlage diente, wirkt das umge­baute Fachwerkhaus mit den Ratten unter den Fenstern sehr breit.

    Foto: Frank Stefan Kimmel

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    Das gleiche Haus von hinten, mit Blick vom Hof auf die Straße.
    Foto: Sebastian Redecke

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    Das gleiche Haus von hinten, mit Blick vom Hof auf die Straße.

    Foto: Sebastian Redecke

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    Das tönerne Innenstadtmodell von Peter Zumthor zum geplanten Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Düstere Straße/Turmstraße.

    Foto: © 2016 Hermann Feldhaus

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    Das tönerne Innenstadtmodell von Peter Zumthor zum geplanten Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke Düstere Straße/Turmstraße.

    Foto: © 2016 Hermann Feldhaus

Steidls Galerie für Göttingen

Seit Jahren plant der Verleger Gerhard Steidl mit der Stadt Göttingen ein Kunstquartier. Der Wettbewerb für ein Galeriegebäude soll die Sache voranbringen. Ein Betonmonolith mit Satteldach und Lichtschlitzen gewinnt

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Gerhard Steidl ist voller Passion Verleger – und als solcher nicht nur Herausgeber sämtlicher Werke von Günter Grass, sondern auch von sorgsam gestalteten Büchern vieler Künstler und Fotografen. Außerdem organisiert er weltweit rund 50 Ausstellungen im Jahr. Im Mai war am College of the Arts in Singapur „1001 Steidl Books“
in Frachtcontainern zu sehen. Bis 7. August läuft im Hamburger Haus der Photographie die Ausstellung „Ken Schles Invisible City/Night Walk“.
Sein Verlag mit Druckerei befindet sich in der südlichen Innenstadt von Göttingen. Die Düstere Straße ist eine der ruhigen Straßen mit Fachwerk- und Backsteinbauten, nur wenige Meter von der lebendigen Fußgängerzone entfernt. Der Verlag hat dort in zwei unscheinbaren Häusern seinen Sitz, die Druckerei befindet sich im Hof.
2008 startete Steidl mit der Stadt als Partner das Projekt Kunstquartier „KuQua Göttingen“, das in unmittelbarer Nähe zum Verlagshaus entstehen sollte. Damals wurde – auf gutem Papier des Verlegers gedruckt – das Projekt vollmundig publik gemacht. Der Göttinger Architekt Hansjochen Schwieger lieferte eine Entwicklungsstudie für die Neugestaltung und Nutzung großer Teile des Gebäudeblocks zwischen Düsterer und der parallel verlaufenden Nikolaistraße. Man schwärmte von einer „machbaren Vision“, von einem Quartier mit einem Günter-Grass-Archiv und gleich drei Ausstellungsgalerien (zwei Umbauten von Fachwerkhäusern und einem Neubau). Im Hof sollte ein Skulpturengarten mit Café entstehen (Bauwelt 3.2012). Die großen Pläne wurden mit dem damaligen Bürgermeister Wolfgang Meyer vorangetrieben. Doch fertig ist bislang nur das um­gebaute und erweiterte Fachwerkhaus mit dem Grass-Archiv, ein sehr kleiner Bau aus dem frühen 14. Jahrhundert. Im hinteren Anbau sollen sich die zahlreichen Bücher von Grass befinden, die rund um den Globus erschienen sind – in der jeweiligen Übersetzung. Auch hat Gerhard Steidl das graphische Werk des Schriftstellers dort untergebracht. Das Haus ist meist geschlossen. Die Ratten von Grass huschen, auf transparenten Kunststofftafeln gedruckt, an der Fassade lang.
Bei der KuQua-Präsentation 2008 staunte man vor allem über einen geplanten Wettbewerb für den Galerieneubau, zu dem sechs ganz große Namen geladen waren: Norman Foster, Herzog & de Meuron, Tadao Ando, Gigon/Guyer, David Chipperfield und David Adjaye. Daraus ist dann aber nichts geworden. Das euphorisch gestartete Projekt drohte sogar zu scheitern, da das Geld von der Stadt nicht zur Verfügung stand, vor allem nicht für die Betriebskosten. Es ging dennoch weiter, auch mit dem neuen Bürgermeister Rolf-Georg Köhler. Ausschlaggebend waren Gelder aus der „Förderung von Investitionen in nationale Projekte des Städtebaus“ vom Bundesbauministerium in Höhe von 4,5 Millionen Euro, die sonst verfallen wären. Gerhard Steidl, der das Grundstück zur Verfügung stellt, und nicht nur für seine eigenen Sammlungen, u.a. von Joseph Beuys und Marcel Broodthaers, sondern auch Ausstellungen renommierter Künstler aus seinem Umfeld in die Stadt holen würde, platzte schließlich der Kragen. Im „Göttinger Tageblatt“ war vor gut einem Jahr sein Protest zu lesen: „Es ist ein kleiner, miefiger, spießiger Umgang mit Kunst und Kultur, der für Göttingen nicht angemessen ist.“ Nach weiteren Interventionen war dann auch wieder die Mehrheit des Stadtrats mit im Boot und machte nach jahrelanger Verzögerung den Weg frei für das Projekt.
Die ursprünglich geplanten zwei Galerien in den Fachwerkhäusern wurden aber gestrichen. Man konzentrierte sich nun auf den Neubau an der Düsteren Straße auf einer Grundfläche von 245 Quadratmetern direkt neben dem Günter-Grass-Archiv. Für den Wettbewerb, dann doch ohne die Weltelite, wurden fünf Teilnehmer vor­-ab ausgewählt. Aus den 54, die sich beworben hatten, hat man zehn weitere ausgelost.
Vorgabe im Wettbewerb war ein offener Durchgang zum künftigen Innenhof des Kunstquartiers. Das Wettbewerbsprogramm sieht 600 Quadratmeter Ausstellungsfläche auf mehreren Ebenen vor, die teilweise auch als Veranstaltungssaal genutzt werden können, dazu ein paar Nebenräume. Die Ausstellungsbereiche sollten fensterlos sein. Wer sich die 15 Entwürfe ansieht, merkt, dass das Volumen kaum in die Baulücke passt, und ahnt, dass die Auslober großen Wert darauf legen, das Gebäude im Straßenzug deutlich hervorzuheben. Der Jury wichtig war aber offensichtlich die städtische Gebäudetypologie – gewagte Gebäudeformen ohne Satteldach schieden frühzeitig aus.
Das Preisgericht tagte am 18. April und entschied sich einstimmig für den Entwurf von Atelier 30, Kassel. Die Jury spricht von einer „archaischen äußeren Hülle“, eine monolithische Betonskulp­-tur aus Stampfbeton (60 cm starker Wärmedämmbeton), in die an manchen Stellen kleine Licht­elemente aus Plexiglasröhren eingelassen sind. So sollen Botschaften in Wort- oder abstrakter Bildform nach außen projiziert werden. Ein gelungenes Detail, das neugierig macht und die Besonderheit des Galeriegebäudes hervorhebt. Der große Raum unter dem Satteldach ist vor allem für Veranstaltungen vorgesehen. Die Anwohner sind über die „Betonskulptur“ dieser Größe gar nicht erfreut – so ist zu hören.
Der zweite Preis (Atelier ST) zeigt sich ebenfalls als einfacher Baukörper. Er ist horizontal gegliedert mit einer geschossweise vorspringenden Schichtung und soll so an die in der Stadt früher vorhandenen Lagerhäuser erinnern. In der Fassade sind Mauerwerksziegel in unregelmäßigem Verband geschichtet. In Bezug auf die Innenraumgestaltung bemängelt die Jury, dass der Erschließungsbereich von der Seitenwand abgesetzt wurde und sich dadurch schmale Räume ergeben, die nur begrenzt nutzbar sind.
Der dritte Preis (Bär Stadelmann Stöcker) wirkt zunächst abweisend und wuchtig. Die Struktur der Fassadengliederung aus beigebraun gefärbtem Fertigteilbeton soll angeblich die Höhen und Spannweiten der Holzständer von Fachwerkgebäuden aufnehmen. Die Jury spricht von einer „Ambivalenz zwischen Kontrast und Einfühlung, die architektonisch gut übersetzt wurde“. Die Ausstellungsräume sind im Unter-, Erd- und Obergeschoss. Darüber liegen die Arbeitsräume und die Technik.
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Göttingens Baudezernent Thomas Dienberg berichtet nicht ohne Stolz von einem außergewöhnlichen Projekt ein paar Häuser weiter an der Ecke Düstere Straße/Turmstraße. Dort verschwindet vielleicht bald ein kleines Fachwerkhaus für einen Neubau aus wiederverwendeten Backsteinen mit extrem spitzem Satteldach. Bauherrin ist Nina Holland, Verlegerin vom Little Steidl Verlag, der seit 2011 existiert. Mit ihrem Partner Jerry Sohn will sie dort ihre Druckerei und Wohnung unterbringen. Bisher ist jedoch nur ein aus Ton gefertigtes Innenstadtmodell mit dem Haus bekannt. Es stammt von Peter Zumthor.

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