Bauwelt

Was wollen Sie eigentlich hier?

Text: Brensing, Christian, Berlin

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Robert Bräunlin, Bräunlin + Kolb
Foto: Christian Brensing

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Foto: Christian Brensing


Was wollen Sie eigentlich hier?

Text: Brensing, Christian, Berlin

Architekten auf der Expo Real – längst sind sie keine Exoten mehr zwischen den Investoren und Vertretern von Städten und Regionen, die Jahr für Jahr auf der Münchner Immobilienmesse versuchen, miteinander ins Geschäft zu kommen. Anfang Oktober fand die Messe zum 16. Mal statt. Unser Autor hat sich umgehört: Was treibt Architekten hierher? Welche Chance sehen sie in einem derart renditegeprägten Umfeld für ihre Themen: Architektur und Städtebau?

Anja Beecken | Anja Beecken Architekten, Berlin
Es gibt keinen anderen Ort, an dem man so viele Entscheidungsträger derart entspannt antrifft und gute Gespräche führen kann. In Berlin müsste man einen ganzen Tag lag hin- und herfahren, um ein Gespräch anzuleiern, hier geschieht das fast nebenbei. Auf der Messe ist natürlich hauptsächlich die Finanzebene von Unternehmen unterwegs, und ich führe immer wieder Gespräche, in denen ich etwas ungläubig angeschaut werde, weil ich noch als „klassischer Architekt“ auftrete, ohne dabei zu makeln: Ein bisschen missionarisch ist man als Architekt auf der Expo Real schon unterwegs.

Kai-Uwe Bergmann
| BIG, Kopenhagen
Man beschränkt sich in seinen Möglichkeiten, wenn man nicht von verschiedenen Perspektiven auf das Bauen schaut. Wir sind immer daran interessiert, wie Investoren, Bauherren und Bauträger denken, und gehen deshalb regelmäßig auf die Expo Real und auf die MIPIM in Cannes. An den Ständen sieht man enorme städtebauliche Qualitätsunterschiede. Daher ist es uns wichtig, auf einen positiven Ef­fekt abzuzielen, wenn wir mit den Leuten sprechen.

Gerhard Wittfeld
| Kada Wittfeld Architektur, Aachen
Wir wurden irgendwann von Investoren angesprochen, warum nie einer von uns die Messe besucht. Beim ersten Mal, vor fünf Jahren, war ich skeptisch-neugierig, aber schon im zweiten Jahr haben wir uns am Stand der Städteregion Aachen beteiligt. Ich gehe hier hin, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was die Leute interessiert, und damit auch, wie es um den eigenen Marktwert bestellt ist. Obgleich auf der Messe Projektentwicklung und Vermarktung im Vordergrund stehen, hören wir von Investoren immer häufiger, dass Architekturqualität und städtebauliche Integration in urbanen Lagen ungeheuer wichtig seien. Architekten sollten sich mehr auf der Expo Real engagieren!

Stefan Suxdorf
| Auer + Weber + Assoziierte, München
Vor zehn Jahren, nachdem wir beschlossen hatten, uns nicht nur in Wettbewerbsverfahren und mit der üblichen Akqui­sitionstätigkeit umzutun, haben wir begonnen, hier einen eigenen Stand zu betreiben (vier oder fünf Jahre lang, bis die Finanzkrise ausbrach). Als Architekten waren wir damals auf der Messe noch ziemliche Exoten. Es gibt auf der Expo Real aber durchaus Raum für Architektur und Städtebau. Ohne Stadtentwicklung wären schließlich sämtliche Projektentwicklungen überhaupt nicht denkbar.

Robert Patzschke
| Patzschke & Partner, Berlin
Bei uns im Büro vollzieht sich seit einigen Jahren der Generationswechsel, und hier können wir uns gemeinsam vorstellen. Auf der Messe geht es natürlich primär um Investment. Wir vertreten eine Architektur mit einem städtebaulichen Bezug: Diese Architektur geht über den reinen Zweck hinaus, tut dem Endnutzer gut – aber auch dem Investor.

Eike Becker
| Eike Becker Architekten, Berlin
Für Architekten ist das hier ein gewisses Nirwana. Man wird konfrontiert mit seinem Beruf und muss sich mit dessen Umfeld auseinandersetzen. Auf der Expo Real sind sehr viele Leute, die für eine erfolgreiche Stadt mit verantwortlich zeichnen. Die muss man treffen und von ihnen erfahren, welche Ansprüche, Ambitionen und möglicherweise Probleme sie haben. An den Standorten, an denen wir tätig sind, merken wir mehr und mehr, dass es um Grundstücke geht – darum, politischen Konsens zu erzeugen, um überhaupt in die Lage zu kommen, etwas zu bauen. Um Baurecht zu bekommen, müssen sich Projektentwickler und Investoren bei den Städten, Gemeinden, Kommunen und Landbesitzern quali­fizieren. Das schafft man über architektonische Qualität – und das ist das Thema von Architekten.

Robert Bräunlin
| Bräunlin + Kolb, Berlin/Basel
Alle städtischen Großräume sind hier jedes Jahr vertreten, und man bekommt einen Eindruck von den Projekten, die in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren anstehen. Für uns ist es wichtig zu wissen, was wo passiert.

Axel Bienhaus
| AS&P – Albert Speer & Partner, Frankfurt
Das Thema Architektur kommt auf der Expo Real voll zur Sprache. Wenn wir uns neuen Kunden vorstellen, geht es im Kern um Architektur, Städtebau, teilweise um Spezialthemen. Was man aber auf der Messe beobachten kann: Die Darstellung von Architektur und Stadtplanung ist rückläufig.Es wird immer weniger über Modelle kommuniziert, weniger Gesamtentwicklungen werden gezeigt. Das mag den Veränderungen in der Kommunikation geschuldet sein, die heute viel über elektronische Medien von statten geht, wodurch die physische Darstellung unwichtiger geworden ist.

Angela Kreutz
| Blocher Blocher Partners, Stuttgart
Die Expo Real ist ein Branchentreff. Es geht vor allem darum, Kontakte zu knüpfen, aus denen sich dann konkrete Projekte entwickeln. Jeder, der zu uns an den Stand kommt, hat gestalterische Ansprüche. Die Interessenten fragen nach Qualitäten in der Planung und in der Ausführung. Durch unseren eigenen Stand sind wir präsenter, als wenn wir nur durch die Hallen gehen.

Jürgen Engel
| KSP Jürgen Engel Architekten, Frankfurt
Für uns sind die Expo Real, aber auch die MIPIM in Cannes interessante Orte, um über den Tellerrand zu schauen. Hier kommen zwanglos Menschen zusammen, die Ideen austauschen, darüber, was man in Zukunft machen kann und was eine interessante Aufgabenstellung wäre. Man muss auch Visionen im Kopf haben, die nicht immer in konkreten Pro­jekten enden oder von konkreten Projekten ausgehen. Für junge Architekten und Stadtplaner ist es eigentlich ein Muss, auf die Expo Real zu gehen und zu versuchen, mit offiziellen Vertretern der Bauherren in Kontakt zu kommen.

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