Brückenmetropole Hamburg | Baukunst – Technik – Geschichte bis 1945
Text: Niemann, Sebastian, Paris
Brückenmetropole Hamburg | Baukunst – Technik – Geschichte bis 1945
Text: Niemann, Sebastian, Paris
Hamburg kann mit seinen über 2500 Brücken als wahres Freilichtmuseum der Brückenbaukunst gelten. Die Geschichte der Bauwerke ist eng mit der Entwicklung der Stadt verbunden. So konnten beispielsweise die Elbinseln zwischen Harburg und dem Stadtzentrum noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein nur unter widrigsten Umständen überquert werden, bis sich mit den Norder- und Süderelbbrücken eine Verkehrsachse von internationaler Bedeutung herausformte, die jedoch heute ein Hindernis für die Stadtentwicklung darstellt. Und obwohl die Sternbrücke mit ihren fünf sich teilweise überlagernden Verkehrssträngen nicht gerade ein löbliches Beispiel für die Integration der Infrastruktur in das Stadtbild abgibt, konnte sich hier mit der „Astra-Stube“ und dem „Fundbüro“ ein (sub)kulturelles Stadtteilzentrum entwickeln, welches mit der Erneuerung der Brücke durch die Deutsche Bahn zu verschwinden droht.
„Hamburg und seine Brücken“ bietet den Stoff für eine Ausstellung im Museum der Arbeit – noch bis 18. Juli zu sehen – und für den dazu erschienenen 25. Band des Hamburgischen Architekturarchivs. Zahlreiche Brückenbauwerke aus der Zeit nach demgroßen Brand von 1842 bis zu den Zerstörungen 1945 werden anhand von Modellen, Fotos und teilweise Originalzeichnungen vorgestellt. Einzelne Abschnitte belichten Themen wie beispielsweise die Konstruktionen aus Holz, Stahl und Beton, die verschiedenen Balken-, Bogen- und Hängetragwerke so- wie deren bisweilen kuriose Mischformen. Für die Stadt besonders wichtige Brückenprojekte und bewegliche Brücken werden ausführlich vorgestellt.
Während die Ausstellung durch eine nüchterne, sehr kompakte Darstellung, die von spielerisch-didaktischen Annährungsformen aufgelockert wird, überzeugen kann, kommt das Buch von Sven Bardua kaum über einen Sammelband hinaus. Da die Abschnitte nur relativ dürftig miteinander verbunden sind, gelingt es dem Autor leider nicht, für Orientierung in der Hamburger Brückenlandschaft zu sorgen. Zudem verlieren sich die historischen Ausführungen zu sehr in Verallgemeinerungen, als dass einem wissenschaftlichen Anspruch Rechnung getragen werden kann; auf ein Fazit wird gänzlich verzichtet.
Von Interesse ist vor allem die Diskussion um die Ambivalenz der „Ingenieursbaukunst“ als Synthese aus statischen und ästhetischen Ansprüchen: Da die Ingenieure mit dem technischen Fortschritt der Industrialisierung die von den Architekten repräsentierten ästhetischen Konventionen schlichtweg überholten, kam es im Brückenbau bisweilen zu eigentümlichen Ergebnissen in der „Zusammenarbeit“ beider Disziplinen, wie sie zum Beispiel die Straßenbrücke über die Norderelbe von 1887 mit ihren torartigen Kopfbauten verkörpert. Das Tragwerk aus dreilinsenförmig verschränkten Druckbögen und Zugbändern von jeweils über 100 Metern Länge wurde hier mit historisierenden Klinkerbauwerken an beiden Enden der Brücke „aufgewertet“. Ähnliche Formen der Gestaltung, wie die „Verkleidung“ von Stahlbeton durch Klinker und das Hinzufügen symbolischer Referenzen durch Bildhauer, trugen noch lange Zeit zur Einbindung von Brücken in das Stadtbild bei.
Dass die neugotischen „Stadttore“ an der Norderelbe in den 50er Jahren abgebrochen wurden, da sie den technischen Anforderungen einer Brückenerweiterung im Weg standen und zu diesem Zeitpunkt auch keine ästhetischen Einwände vorgetragen wurden, belegt den Wandel der Prioritäten. Wie das eingangs erwähnte Beispiel der Erneuerung der Sternbrücke zeigt, scheinen heute jedoch weder Architekten noch Ingenieure, sondern allein die Technokratenmit ihren funktionell-ökonomischen Ansprüchen die Oberhand gewonnen zu haben. Eine Stadt, die wie Hamburg von ihrer Verkehrsinfrastruktur abhängig ist, muss sich daher fragen, wie das Gleichgewicht aus statischen, ästhetischen und ökonomischen Ansprüchen bei der Errichtung und Erneuerung von Brückenbauwerken hergestellt werden kann. Auf der Suche nach einer Antwort liefern Buch und Ausstellung wichtige historische Beispiele.
Während die Ausstellung durch eine nüchterne, sehr kompakte Darstellung, die von spielerisch-didaktischen Annährungsformen aufgelockert wird, überzeugen kann, kommt das Buch von Sven Bardua kaum über einen Sammelband hinaus. Da die Abschnitte nur relativ dürftig miteinander verbunden sind, gelingt es dem Autor leider nicht, für Orientierung in der Hamburger Brückenlandschaft zu sorgen. Zudem verlieren sich die historischen Ausführungen zu sehr in Verallgemeinerungen, als dass einem wissenschaftlichen Anspruch Rechnung getragen werden kann; auf ein Fazit wird gänzlich verzichtet.
Von Interesse ist vor allem die Diskussion um die Ambivalenz der „Ingenieursbaukunst“ als Synthese aus statischen und ästhetischen Ansprüchen: Da die Ingenieure mit dem technischen Fortschritt der Industrialisierung die von den Architekten repräsentierten ästhetischen Konventionen schlichtweg überholten, kam es im Brückenbau bisweilen zu eigentümlichen Ergebnissen in der „Zusammenarbeit“ beider Disziplinen, wie sie zum Beispiel die Straßenbrücke über die Norderelbe von 1887 mit ihren torartigen Kopfbauten verkörpert. Das Tragwerk aus dreilinsenförmig verschränkten Druckbögen und Zugbändern von jeweils über 100 Metern Länge wurde hier mit historisierenden Klinkerbauwerken an beiden Enden der Brücke „aufgewertet“. Ähnliche Formen der Gestaltung, wie die „Verkleidung“ von Stahlbeton durch Klinker und das Hinzufügen symbolischer Referenzen durch Bildhauer, trugen noch lange Zeit zur Einbindung von Brücken in das Stadtbild bei.
Dass die neugotischen „Stadttore“ an der Norderelbe in den 50er Jahren abgebrochen wurden, da sie den technischen Anforderungen einer Brückenerweiterung im Weg standen und zu diesem Zeitpunkt auch keine ästhetischen Einwände vorgetragen wurden, belegt den Wandel der Prioritäten. Wie das eingangs erwähnte Beispiel der Erneuerung der Sternbrücke zeigt, scheinen heute jedoch weder Architekten noch Ingenieure, sondern allein die Technokratenmit ihren funktionell-ökonomischen Ansprüchen die Oberhand gewonnen zu haben. Eine Stadt, die wie Hamburg von ihrer Verkehrsinfrastruktur abhängig ist, muss sich daher fragen, wie das Gleichgewicht aus statischen, ästhetischen und ökonomischen Ansprüchen bei der Errichtung und Erneuerung von Brückenbauwerken hergestellt werden kann. Auf der Suche nach einer Antwort liefern Buch und Ausstellung wichtige historische Beispiele.
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