Das Verschwinden der Revolution in der Renovierung
Die Geschichte der Gropius-Siedlung Dessau-Törten
Text: Tanja, Dresden
Das Verschwinden der Revolution in der Renovierung
Die Geschichte der Gropius-Siedlung Dessau-Törten
Text: Tanja, Dresden
Ein junger Mann schleicht sich nach einem feuchtfröhlichen Abend im elterlichen Reihenhäuschen in sein Zimmer und findet dort eine schlafende Dame vor, die bei seinem Anblick laut aufschreit. Er ist im Nachbarhaus gelandet.
Die Typenbauten sehen alle gleich aus, haben gleiche Schließanlagen, und die Räume werden gleich genutzt. Die Anekdote stammt aus den Anfangsjahren von Dessau-Törten (1926–28). Zum Konzept der Siedlung gehörte für Gropius eine industriell wirkende, einheitliche Ästhetik. Davon ist nicht viel übrig geblieben. Die Fotoserien von Reinhard Matz, die seit Mitte der 80er Jahre entstanden, zeigen völlig überformte, teilweise verunstaltete Gebäude. Vor allem Fassadenverkleidungen, Vordächer und Haustüren offenbaren den Drang der Bewohner zur Individualisierung.
Dem gegenübergestellt sind historische Fotos, die die ursprüngliche Atmosphäre der Siedlung vermitteln. Die Ästhetik der Häuser entsprach nicht dem Geschmack aller Bewohner, und wird bis heute kontrovers diskutiert (vor allem die hoch liegenden Fensterbänder). Bereits im Dritten Reich gab es Kampagnen zur Umgestaltung. Die größten Veränderungen setzten aber nach 1989 ein. Die Erhaltungs- und Gestaltungssatzung von 1994 nimmt Rücksicht auf aktuelle Wohnansprüche. Dabei entsteht eine wärmegedämmte Weiße Moderne mit Lochfenstern, die die früheren Materialkontraste ebenso kaschiert wie die Geschichte der Häuser. Gedanken zur denkmalpflegerischen Zielstellung sowie ein Essay von Andreas Schwarting über die verschiedenen Zeitschichten der Siedlung ergänzen das umfangreiche Bildmaterial
zu einem rundum spannenden Buch.
zu einem rundum spannenden Buch.
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