Der sakrale Raum der Moderne
Meisterwerke des europäischen Kirchenbaus im 20. Jahrhundert
Text: Tietz, Jürgen, Berlin
Der sakrale Raum der Moderne
Meisterwerke des europäischen Kirchenbaus im 20. Jahrhundert
Text: Tietz, Jürgen, Berlin
Ein lesenswertes und dank der Fotos von Klaus Kinold auch äußerst ansehenswertes Buch, das sich als überblicksartiger Einstieg in die Geschichte des Kirchenbaus der Moderne empfiehlt.
Künstlerische Qualität und architektonische Vielfalt gehören zu den herausragenden Eigenschaften des europäischen Kirchenbaus im 20. Jahrhundert. Zugleich spiegelt sich in zahlreichen Kirchenräumen die intensive Auseinandersetzung mit Glaubenspraxis und Liturgie wider. Eine Entwicklung, die sowohl in der katholischen als auch in der protestantischen Kirche zu beobachten ist.
Bereits in den vergangenen Jahren hat Wolfgang Jean Stock höchst verdienstvolle Bücher zum Sakralbau im 20. Jahrhundert vorgelegt, die heute als Standardwerke gelten dürfen. Der vorliegende, weitaus schmalere Band ist nun als Katalog erschienen, der die Ausstellung „Der sakrale Raum der Moderne“ in der DG Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst während des 2. ökumenischen Kirchentags in München begleitete. Er ist aber weit mehr als der kleine Bruder der beiden großen Kirchenbaubücher von Stock, die die Zeit von 1900–1950 und von 1950–2000 abdecken. Das lesenswerte und dank der Fotos von Klaus Kinold auch äußerst ansehenswerte Buch empfiehlt sich als überblicksartiger Einstieg in die Geschichte des Kirchenbaus der Moderne. Den Auftakt bildet Stocks Beitrag über „Neue Räume für den Glauben“, den er auch dazu nutzt, am Sakralbau das Verhältnis von Tradition und Moderne zu beleuchten: „Die Moderne ist nicht in Form einer Zäsur entstanden, sondern hat sich mit der allmählichen Überwindung der Anschauung des 19. Jahrhunderts ausgeprägt.“ Eine Entwicklung, die sich an Bauten von Theodor Fischer (Pauluskirche, Ulm) ablesen lässt, ohne die die architektonisch wie liturgisch als programmatisch zu verstehenden Bauten von Rudolf Schwarz (Fronleichnamskirche, Aachen) oder Otto Bartning (Auferstehungskirche, Essen) nur schwer vorstellbar wären. So wie sich in der Religion die Entwicklung einer Gesellschaft widerspiegelt, so schwebt schließlich auch die Architektur nicht im luftleeren Raum. Stock geht auf die Entwicklung von der „strengen Sachlichkeit zur sanften Moderne“ ein, widmet sich dem Verhältnis von „Tradition und Moderne im geteilten Europa“ sowie dem „skandinavischen Lichtzauber“. Dank der vorzüglichen Illustrationen wird anschaulich, warum viele Sakralbauten nicht zuletzt durch ihre plastisch gestalteten Baukörper wie bei Gottfried Böhms Mariendom von Neviges bis heute eine besondere Faszination ausüben. Oder sie ziehen ihre Besucher durch ihre einzigartige Lichtwirkung in den Bann, wie Egon Eiermanns Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Abgerundet wird das Buch durch Walter Zahners Beitrag über „Liturgie und Kirchenraum im 20. Jahrhundert“, so dass der Leser mit der Lektüre des Katalogs einen guten Überblick über grundlegende Aspekte und Beispiele des Sakralbaus des 20. Jahrhunderts erhält.
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