Grundbegriffe der Architektur
Das Vokabular räumlicher Situationen
Text: Graff, Uta, Berlin
Grundbegriffe der Architektur
Das Vokabular räumlicher Situationen
Text: Graff, Uta, Berlin
Der Titel klingt vertraut, als läge er bereits lange vor. Das Buch ist jedoch insofern neu, als dass es nicht die Definition von Begriffen der Architektur zum Inhalt hat, sondern ein Wörterbuch der architektonischen Erfahrungen ist, in dem Termini erläutert werden, die für das Erleben und die Wahrnehmung von Architektur relevant sind.
Von Abschirmung bis Zwischenraum erarbeiten Alban Janson und Florian Tigges ein „Vokabular räumlicher Situationen“. Dabei geht es immer um das spezifisch Architektonische mit dem Ziel, das Bewusstsein für die Wahrnehmung von Raum zu stärken und eine Terminologie für das Kerngebiet der Architektur zu präzisieren.
Es tauchen Wörter auf, die im architektonischen Zusammenhang nicht geläufig sind wie Aufforderungscharakter, Propriozeption oder Visierbruch; wohingegen andere, wie Raumschatten oder Kräftefeld, erhellend für die Raumwahrnehmung und deren Beschreibung sind. Der lexikalische Aufbau des Buches hat eine auffindbare Ordnung und schafft gleichzeitig durch komplexe Verknüpfungen zum Teil überraschende Bezüge der Begriffe untereinander. Gerade die Verweise lesen sich spannend, weil sie in der Regel anders sind als erwartet. Durch scheinbar assoziative Verknüpfungen entstehen neue Zusammenhänge, die nicht unmittelbar logisch erscheinen, aber dennoch sinnfällig sind und den Blick für wesentliche Aspekte der Architekturrezeption schärfen.
Dass dieses Buch gegen Ende der Zeit Alban Jansons als Hochschullehrer an der Universität Karlsruhe veröffentlicht wird, erscheint konsequent, handelt es sich doch um ein Werk, das eine pro-funde Kenntnis, Erfahrung und Reflexion der Materie voraussetzt, die es behandelt. Die theoretische Auseinandersetzung mit grundlegenden, aus einer architektonischen Praxis entstandenen ästhetischen und gestalterischen Fragen an den architektonischen Raum führt unmittelbar auch zur Klärung einer Sprache darüber.
Und so wie Janson in seiner Tätigkeit als Hochschullehrer die Grundlagen der Architektur als changierendes Feld begreift, das immer wieder neu zu erkunden ist, bedarf es auch der Klärung ihrer spezifischen Terminologie, ohne jedoch den Anspruch auf ein vollständiges und in sich geschlossenes Begriffssystem zu erheben.
Kleine Skizzen begleiten illustrierend einzelne Stichwörter. Sie sind eine Reminiszenz an die visuelle Ausrichtung des Architekten. Mit der Auswahl und Beschreibung bestimmter Begriffe wie Anmutung, Erhabenheit, Geruch, Klang, Kräftefeld, Raumsphäre oder Temperatur geht das Buch selbst deutlich über das rein Visuelle hinaus. Es lädt ein, hindurch zu schlendern, sich von einem Begriff zum nächsten führen zu lassen, lesend zu verweilen und nachzudenken über das, was das konkrete Erleben und die Erfahrung von Architektur ausmachen. Insgesamt ein ansprechendes, angemessen und klar gestaltetes Buch, mit gut lesbarem Satz, in handhabbarem Format und mit kraftvoll farbigem, stoffbezogenem Einband; anregend und lesenswert.
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