Paul Bonatz
Bauten an Rhein und Neckar
Text: Hotze, Benedikt, Berlin
Paul Bonatz
Bauten an Rhein und Neckar
Text: Hotze, Benedikt, Berlin
Als die Fotos für dieses Buch entstanden, wurde das Hauptwerk des Architekten Paul Bonatz (1877–1956), der Stuttgarter Hauptbahnhof, gerade verstümmelt. Fotos vom frevelhaften Abriss der Seitenflügel sind dezent, aber durchaus wirksam eingestreut.
„Bauten an Rhein und Neckar“ heißt es im Titel – eine Einschränkung auf Südwestdeutschland, wo Paul Bonatz lebte und viel gebaut hat. Als führender Kopf und Lehrer der „Stuttgarter Schule“ steht er in der Weimarer Republik für eine konservative Moderne. Als Architekt vieler Autobahnbrücken hat er sich für ein Propagandaprojekt der Nazis engagiert, ohne selbst Nazi zu sein. Als Emigrant hat er schließlich 1943–54 in der Türkei gewirkt. „Zwischen Avantgarde und Tradition“ verortet ihn Wolfgang Voigt, der diesen Band mit herausgegeben hat.
Er ist nicht die umfassende Monografie zu Paul Bonatz – diese erschien bereits 2010 als Ausstellungskatalog des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt unter maßgeblicher Beteiligung ebenfalls von Wolfgang Voigt. Es ist vielmehr ein Fotoprojekt mit einer Art angeschlossenem Architekturführer. Hier werden die Bauten von Paul Bonatz aus der Region in ihrem heutigen Zustand dokumentiert – mit hervorragenden Bildern von Rose Hajdu.
Villen und Bildungsbauten aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg zeigen einen formal originellen Architekten beim Übergang vom Historismus zur Moderne. Richtig spannend wird es aber bei den technischen Bauten, vor allem den Staustufen des Neckar aus den zwanziger und dreißiger Jahren: Hier sind abstrakt-moderne Gebilde entstanden, die sich zwischen einer soliden regionalen Monumentalität und den himmelstürmenden Phantasien des Futuristen Antonio Sant’Elia verorten lassen. Allein für die Visualisierung dieser Erkenntnis lohnt sich das Buch.
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