Taut baut Geschichten zur Architektur von Max Taut
Text: Bartels, Olaf, Hamburg
Taut baut Geschichten zur Architektur von Max Taut
Text: Bartels, Olaf, Hamburg
Dies ist kein Architekturbuch im klassischen Sinn, schreibt Angelika Günter, die Geschäftsführerin der Deutschen Werkbund Berlin, im Vorwort dieses kleinen Bandes. Sie hat Recht, denn wenn das „klassische Architekturbuch“ stets die faktische Dokumentation und Abbildung von Bauwerken mit Fotografien, Zeichnungen, Daten und Beschreibungen beinhaltet, deren Gesamtheit dann in einem oder mehreren Essays klug zusammengefasst und architekturtheoretisch sowie kunsthistorisch eingeordnet wird, dann ist dies kein Architekturbuch – im klassischen Sinne. Für das Werk von Max Taut hat Annette Menting ein sol-ches schon 2003 mit einer umfassenden Monografie vorgelegt (Bauwelt 38.2004). Dieser kleinen, nun erschienenen Anthologie hat sie einen entsprechend fundierten einleitenden Überblick über das Gesamtwerk von Max Taut beigesteuert.
Ansonsten besteht das Büchlein aus Geschichten über 12 für dieses Buch ausgewählte Bauten. Die Autoren erzählen Erlebnisse, die sie persönlich mit den Häusern verbinden oder in ihnen erfahren haben. Das ist schon deshalb kurzweilig, weil diese Geschichten aus recht unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt werden. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller – selbst Spross einer Druckerfamilie – berichtet über die Bedeutung, die Max Tauts Buchdruckerhaus in Berlin-Kreuzberg in seinem Leben hatte. Filmregisseur Wim Wenders bewohnte lange Jahre ein Gebäude von Max Taut, das eigentlich nicht zum Wohnen gedacht war und vielleicht gerade deshalb eine prägnante Bedeutung für sein Leben in Berlin und seine Filme über die Stadt hatte. Der Ausblick von der großen Terrasse, zu der er aus seiner Wohnung im siebten Stock des ehemaligen Konsumkaufhauses am Oranienplatz Zugang hatte, inspirierte ihn nicht nur zu Filmen wie „Der Himmel über Berlin“ oder „In weiter Ferne so nah“, sondern auch zu seinem Hausportrait. Der Schauspieler Hanns Zischler rekapituliert die Erlebnisse, die seine Berufskollegin Asta Nielsen und ihre Gäste, zu denen regelmäßig auch der Dichter Joachim Ringelnatz gehörte, in dem kleinen, von Max Taut gebauten Ferienhaus „Karusel“ auf Hiddensee verband. Jenny Schily, ebenfalls Schauspielerin und zudem eine Urgroßenkelin von Bruno und Urgroßnichte von Max Taut, bringt mit dem Musiker Thomas Kürstner ihr Erleben der tautschen Architektur in die Form eines Gedichts zum Ausdruck.
Erlebnisse mit Häusern von Max Taut haben selbstredend auch Architekten, die sie restaurierten, wie Winfried Brenne oder Max Dudler, Architekturtheoretiker und Museumsdirektoren wie Vittoria Magnago Lampugnani oder Peter Cachola-Schmal oder Literaten wie Gerd Heidenreich. Alle diese Geschichten bezeugen, wie lebensnah die Architektur von Max Taut auch heute noch ist. Die Zeugnisse, die diese Bauten über ihr inneres Leben der vergangenen Jahrzehnte ablegen könnten, wenn sie dies denn aktiv könnten, wären noch um einiges vielfältiger als die im Buch gesammelten Episoden. Aber leider können Steine nicht sprechen. Das müssen dafür aufmerksame, nachforschende und berufene Menschen tun – dafür ist diese Buch ein schöner Anfang.
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