Ein Fotobuch zur Nachkriegsmoderne – aber ein besonderes. Zuletzt lagen „Aufbruch! Architektur der fünfziger Jahre in Deutschland“ und „Österreichische Architektur der fünfziger Jahre“ auf meinem Tisch; beide feierten auf jeweils verschiedene Art die Eleganz von Konstruktion und Details hochrangiger Gebäude (Bauwelt 7).

Arne Schmitt, geboren 1984, Fotograf und Absolvent der Leipziger HGB, wählt einen anderen Ansatz. Zwar findet sich auch in seiner „Essaysammlung zur Nachkriegsarchitektur der BRD“, wie er seine Schwarzweiß-Bilder aus bundesrepublikanischen Städten nennt, jede Menge prominente Architektur, der Blickwinkel aber ist ein ganz anderer. Die Namen der Kapitel, zu denen er seine Recherche zum Neu- oder Wiederaufbau in der Bundesrepublik arrangiert hat, tragen Titel wie „Anzeige gegen Unbekannt“, „Entfernte Nachbarschaft“ oder „Abschlägig beschieden“ – und so kritisch das klingt, so anklagend sind die Aufnahmen denn auch, die Schmitt von der Stadt der Moderne, von Kassel und Köln, Hannover und Hamburg, Braunschweig und Bonn, Marburg und Mainz gemacht hat (eine Auswahl war Ende letzten Jahres im Sprengel Museum Hannover ausgestellt, siehe Bauwelt 3).

So berechtigt die Kritik an der Stadt der Nachkriegszeit vielerorts sein mag, es mischen sich ein paar Ungenauigkeiten in diese Generalabrechnung, die Unbehagen erzeugen. Das beginnt beim Titel des Buches: Welche Gesinnung meint Schmitt, die diese Orte erzeugt hat? Wie authentisch sind die fotografierten Orte überhaupt noch im Sinne der Planer, die sie einst erdacht haben? Lässt sich ihre Ungestalt überhaupt einem formalen Wollen zuordnen, oder ist es nicht eher die Acht- und Planlosigkeit späterer Zeiten, die diese bewirkt hat? Und wie authentisch sind die vermeintlichen „Reste des Authentischen“, die der Fotograf den „Angeklagten“ gegenüberstellt? Von Wolfsburgs Porschestraße finden sich übrigens auch Fotos – im Kapitel „Die alte Mitte“.