Bauwelt

18 Kilometer Träger

Research Nr. 06

Text: Haberle, Heiko, Berlin

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Foto: Designtopro­duction

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18 Kilometer Träger

Research Nr. 06

Text: Haberle, Heiko, Berlin

Das Centre Pompidou im lothringischen Metz wird Ende Mai eröffnet. Große Erwartungen begleiten dieses „zweite Beaubourg“. Shigeru Ban und Jean de Gastines konzipierten – zusammen mit Holzbau Amann – ein Dach, dessen extreme Krümmungswechsel die eigentliche Herausforderung darstellten.
Kann der neue Bau des Centre Pompidou in Metz den Erfolg des Originals in Paris wiederholen? Shigeru Bans Entwurf setzte bei seinem Wettbewerbsgewinn vor sieben Jahren (Heft 48.2003) auf die Faszination des nachwachsenden Baustoffs Holz. Für das Dach entwarf er ein „Flechtwerk“ aus Trägern, die durch ihre drei Laufrichtungen ein Muster aus Sechsecken und Dreiecken erzeugen. Zusammen mit Holzbau Amann und dem Ingenieur Hermann Blumer entstand in langsamer Detailarbeit das anspruchsvolle Aus­führungskonzept: Sechs Lagen von Brettschichtholzträgern liegen beim fertigen Bau paarweise übereinander und spannen bis zu 70 Meter weit. Sie bestehen aus 1600 individuellen, geometri­schen Segmenten. Die Kraftübertragung zwischen den zwei Trägern einer Laufrichtung besorgen Schubverbinder sowie 3500 sechseckige Holzdollen, die an den Knotenpunkten durchgesteckt sind.
Die Umsetzung der von den Architekten für den Wettbewerb gezeichneten Freiform war schwierig. Die Planer hatten zunächst nur den Dachgrundriss, die Position der Gipfelpunkte und die Ansichten einzubringen – das von ihnen ursprünglich konzipierte dreidimensionale Polygonnetz erwies sich für die Planung als unbrauchbar. Es bestand aus geraden Stäben, die an den Knotenpunkten leicht abknicken. Damit das Dach trägt, müssen die Netzlinien aber stetig gekrümmt und jeder Punkt rechnerisch eindeutig definiert sein. Dazu war es nötig, die Konstruktion in eine „Nurbs“-Fläche“ zu übersetzen, mit einem Programm aus dem Automobilbau, das es erlaubt, beliebig gekrümmte Flächengeometrien mathematisch genau abzubilden. Anhand dieser Referenzfläche konnte die Dachhaut statisch und ästhetisch optimiert werden, damit z.B. die Träger aus Besucherperspektive möglichst plan verlaufen.
Ebenso komplex wie die präzise Darstellung der Dachgeome­trie war die Vorbereitung der Fertigung: Eine spezielle Software wurde für die Teilung der Träger in möglichst lange, aber noch transportable Segmente geschrieben. Aus der vordefinierten Form der Rohlinge schnitt die CNC-Fräse das Trägervolumen. War der Krümmungsverlauf eines Abschnitts extrem, musste bereits der angelieferte Rohling einsinnig oder gar zweisinnig gekrümmt sein – ein Anschneiden der Holzfasern in einem Winkel von mehr als fünf Grad hätte zu einer verminderten Tragfähigkeit geführt. Bedauerlich allerdings, dass die aufwendige Konstruktion nur ein imposan­ter Schirm sein wird für die kistenförmigen Ausstellungshallen.
Fakten
Architekten Ban, Shigeru, Tokio; de Gastines, Jean, Paris
aus Bauwelt 11.2010
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