Bauwelt

Der Film als zusätzliche Visualisierung

In Shenzen entsteht derzeit ein Justizzentrum nach Plänen von Schneider + Schumacher. Das Büro hatte den entsprechenden Wettbewerb 2014 gemeinsam mit dem chinesischen Partnerbüro CCDI gewonnen. Neben den üblichen Bildern und Zeichnungen präsentierten sie der Jury auch einen zehnminü­tigen Film. Geschäftsführer Joachim Wendt spricht über die Wettbewerbs­praxis in China und die Rolle von Filmen bei der Entscheidung der Jury.

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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    Rendering und Filmstill zugleich: Entwurf für ein Justizzentrum in Shenzen.
    Abb.: Architekten

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Der Film als zusätzliche Visualisierung

In Shenzen entsteht derzeit ein Justizzentrum nach Plänen von Schneider + Schumacher. Das Büro hatte den entsprechenden Wettbewerb 2014 gemeinsam mit dem chinesischen Partnerbüro CCDI gewonnen. Neben den üblichen Bildern und Zeichnungen präsentierten sie der Jury auch einen zehnminü­tigen Film. Geschäftsführer Joachim Wendt spricht über die Wettbewerbs­praxis in China und die Rolle von Filmen bei der Entscheidung der Jury.

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Herr Wendt, das Büro Schneider + Schumacher hat inzwischen an rund acht Wettbewerben in China teilgenommen. Wie kam es jeweils dazu?
Im Jahr 2011 haben wir erstmals einen interna­­­tio­nalen Wettbewerb in China gewonnen und da­raufhin ein eigenes Büro in Tianjin gegründet. Seitdem bewerben wir uns regelmäßig bei Wettbewerben – auch mit Erfolg: In Tianjin wird ­ge­rade eine von uns geplante Schule gebaut; in Shenzhen entsteht ein Gerichtsgebäude nach unserem Entwurf.
Wie laufen Wettbewerbe in China ab?
Wettbewerbe erarbeiten wir im ständigen Austausch zwischen unseren Büros in Frankfurt und Tianjin. Man bewirbt sich mit Bürogröße, Referenzen, internationaler Erfahrung usw. Es gibt auch Einladungswettbewerbe mit fünf oder auch mal 20 Teilnehmern. Die Juries bestehen aus Fach- und Sachpreisrichtern wie bei uns auch. In den meisten Fällen wird ein Bearbeitungshonorar gezahlt. Bei öffentlichen Auslobern erhalten die Sieger relativ zuverlässig den Vertrag.
Das klingt, als gälten in China ähnliche Grundsätze wie im deutschen Wettbewerbswesen. Laufen die Verfahren anonym?
Selten, es wird meist präsentiert.
Welche Darstellungen muss man abgeben oder präsentieren?
Es wird viel verlangt. Wir erstellen dafür 80 Seiten starke Broschüren, in denen detailliert ausgearbeitetes Material zu sehen ist, viele Piktogramme und Analysen. 20 verschiedene Perspektiven sind nicht selten. Sie dienen auch als Vorlage für eine Verfilmung des Entwurfs, die ebenfalls gefordert ist.
Wofür braucht es eine Verfilmung des Entwurfs?
Eine Jury besteht einerseits aus Fachpreisrichtern, also Architekten, andererseits aus Poli­tikern. Anhand von Filmen können letztere Entwurfsideen besser nachvollziehen und unter­einander vergleichen. Sie müssen sich also gar nicht so sehr mit den Plänen auseinandersetzen. Hinzu kommt: Durch einen Film kann man den Entwurf sogar ohne Chinesisch-Kenntnisse verstehen.
Zum internationalen Verständnis sind doch die Pläne da. Was zeigt ein solcher Film?
Er präsentiert, wie auch die Broschüre, den Entwurf in Gänze – vom Städtebau über das Gebäude bis hin zu den Details und Konstruktionsverfahren. Es wird sehr viel Wert auf die Erklärstimme gelegt. Ohne Profis, also Nachrichtensprecher, Radiomoderatoren oder Leute vom Theater, kommt man dabei nicht aus.
Wer produziert solche Filme?
Dafür gibt es spezielle Agenturen so wie es auch die Rendering-Büros gibt. Die Filmagentur arbeitet mit den Bildern, die das Rendering-Büro erstellt.
Was heißt das für Ihre Zeitplanung? So ein Wettbewerbsentwurf wird ja normalerweise erst am Abend vorher fertig.
Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Denn der Entwurf muss zwei bis drei Wochen vor Abgabe fertig sein. Wenn die Zeit knapp wird, machen wir uns die Zeitverschiebung zu Nutze: Wenn China schläft übernimmt Frankfurt – und andersherum.
Ersetzt ein solcher Film das Abgabemodell?
Nein, ein Modell wird zusätzlich angefertigt – und zwar oft im Maßstab 1:200, also sehr detailliert.
Deckt das Bearbeitungshonorar in irgendeiner Weise die Kosten?
Es ist deutlich großzügiger als die Bearbeitungshonorare hierzulande. ­Es deckt, wenn man es gut hinkriegt, die Kosten der Auslagen, aber nicht unbedingt die eigenen Personalkosten.
Liegt das auch an den geringeren Löhnen in China?
Digitale Dienstleistungen sind viel schneller und günstiger als hier, aber nicht unbedingt besser. Das muss man leider auch sagen.
Was meinen Sie mit „nicht besser“?
Im Vergleich zu Bildern guter europäischer Renderfirmen orientiert sich der Ausdruck eines Bildes, das in China gemacht wurde, stark an Bekanntem. Es fehlt ein bisschen der in europäischen Juries geschätzte künst­lerische Ausdruck.
Täuscht so ein Film nicht auch über, sagen wir funktionale Schwächen des Entwurfs hinweg. Er kann ja allein mithilfe bewegter Linien und Pfeile recht viel behaupten, was das Konzept vielleicht gar nicht ermöglicht.
Ein Film ersetzt nicht den Plan. Ich sehe ihn eher als zusätzliche Visuali­sierung, als dass er den Fachleuten die architektonischen Qualitäten nahe bringt – dafür gibt es die gezeichneten Grundrisse und Schnitte.
Was meinen Sie, ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland Auslober Filme fordern, damit die architektonischen Laien in der Jury die komplexen Zusammenhänge schneller verstehen?
Als wir zum ersten Mal für China einen Film produzierten, wurde uns klar, dass ein Film bestimmte Dinge ziemlich gut schnell erklären kann. Aber es wäre unsinnig, Film überall zu fordern. In China haben Bauprojekte eine andere Dimension als in Deutschland – große städtebauliche Projekte, ein ganzer Schulcampus oder auch ein Justizzentrum. Genau diese Aufgaben sind es ja auch, die uns am chinesischen Markt reizen.

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