Bauwelt

BND in Berlin: Einen kompletten Plansatz gibt es nur theoretisch

Welches Gebäude wäre prädestinierter für ein Gespräch zur Sicherheit als die neue BND-Zentrale in Berlin? Hier werden alle architektonischen und städtebaulichen Abwehr-Register gezogen. Einige davon erklärte uns Architekt Jan Kleihues im Gespräch – das nach Prüfung durch den BND etwas kürzer geraten ist

Text: Schultz, Brigitte, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin

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    Jan Kleihues
    Foto: Luca De Giorgi

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    Jan Kleihues

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    Die Fassade. Informationen, die über das Offensicht­liche hinausgehen, wurden vom BND zensiert.
    Foto: Arco Images/Alamy

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    Die Fassade. Informationen, die über das Offensicht­liche hinausgehen, wurden vom BND zensiert.

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    Die Gesamtanlage von Nordwesten. Links die Chausseestraße, im Vordergrund (linker Bildrand) die Technikzentrale des BND von Henn Architekten.
    Foto: euroluftbild.de/Robert Grahn/picture alliance

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    Die Gesamtanlage von Nordwesten. Links die Chausseestraße, im Vordergrund (linker Bildrand) die Technikzentrale des BND von Henn Architekten.

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    Die Rückseite. An den geschlossenen Fassadenteilen sind Erweiterungsbauten möglich. Die Palmen sind Kunst am Bau von Ulrich Brüschke.
    Foto: Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding

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    Die Rückseite. An den geschlossenen Fassadenteilen sind Erweiterungsbauten möglich. Die Palmen sind Kunst am Bau von Ulrich Brüschke.

    Foto: Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding

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    Der Gebäudekomplex verfügt über zwei gleich große Atrien. Wie das gesamte Gelände sind sie nicht öffentlich zugänglich.
    Foto: Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding

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    Der Gebäudekomplex verfügt über zwei gleich große Atrien. Wie das gesamte Gelände sind sie nicht öffentlich zugänglich.

    Foto: Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding

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    Die zentrale, deutlich niedrigere Eingangshalle
    Foto: Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding

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    Die zentrale, deutlich niedrigere Eingangshalle

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    Eines der knapp bemessenen Standardbüros, noch unmöbliert. Wie die Räume im einzelnen genutzt werden, bleibt geheim.
    Foto: Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding

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    Eines der knapp bemessenen Standardbüros, noch unmöbliert. Wie die Räume im einzelnen genutzt werden, bleibt geheim.

    Foto: Alexander Ludwig Obst & Marion Schmieding

BND in Berlin: Einen kompletten Plansatz gibt es nur theoretisch

Welches Gebäude wäre prädestinierter für ein Gespräch zur Sicherheit als die neue BND-Zentrale in Berlin? Hier werden alle architektonischen und städtebaulichen Abwehr-Register gezogen. Einige davon erklärte uns Architekt Jan Kleihues im Gespräch – das nach Prüfung durch den BND etwas kürzer geraten ist

Text: Schultz, Brigitte, Berlin; Redecke, Sebastian, Berlin

Herr Kleihues, wie sind Sie zu dem Bauauftrag BND-Zentrale gekommen?
Wir haben als eins von sechs Büros an einem Verhandlungsverfahren mit integrierter Mehrfachbeauftragung teilgenommen und wurden mit der Bauaufgabe beauftragt.
Welche besonderen architektonischen Anforderungen stellt ein Nutzer wie der BND an den Entwurf?
Das Gebäude muss funktionieren wie ein le­bender Organismus, der extrem schnell auf die tages- oder weltpolitischen Ereignisse rea­­gie­ren kann. Ganz entscheidend war es daher, dass die einzelnen Abteilungen innerhalb des Gebäudes sehr schnell sowohl vertikal als auch horizontal wachsen und schrumpfen können. Jede Abteilung wiederum arbeitet ge­heim.
Wie ist das im Gebäude gelöst? Gibt es da Schleusen?
So detailliert darf ich nicht antworten. Aber uns war von Anfang an wichtig, dass die Beschäftigten, die alle für sich arbeiten, wenigstens dann, wenn sie aus dem Büro treten, Möglichkeiten zur Begegnung haben. Deshalb gibt es drei Atrien als großzügige Gemeinschafts- und Erschließungsbereiche sowie kleinere Kommunikationszonen mit Wendeltreppen für direkte Wegeverbindungen.
Wie erklärt sich die Größe der Anlage? Sie ist größer als das Bundesinnenministerium.
Mit ungefähr 6000 Mitarbeitern hat der Bundesnachrichtendienst auch dreimal so viele Mitarbeiter wie das Innenministerium. Die haben wir so effizient wie möglich untergebracht, indem wir beispielsweise das Fensterraster von den damals üblichen 1,35 Meter auf 1,25 Meter verkleinert haben. Trotz der Dichte ist es uns aber bis ins Einzelbüro hinein gelungen, angenehme Arbeitsplätze und ein ansprechendes Arbeitsumfeld zu schaffen. Die Ausstattung der Räume war uns sehr wichtig – Tür- und Fenstergriffe, Beleuchtung, Arbeitstische und weitere Ausstattungselemente haben wir speziell für dieses Projekt entwickelt.
Kennen Sie bei allen Räumen die Funktion?
Was die Agenten in ihren Büros machen, entzieht sich selbstverständlich meiner Kenntnis. Ich weiß mittlerweile aber, dass es nicht dem Bild entspricht, das ich mir als James-Bond-Begeisterter jahrelang gemacht habe (lacht). Letztendlich handelt es sich bei der Dienstzentrale im Wesentlichen um ein Verwaltungsgebäude mit etwas üppigerer IT.
Wie unterscheiden sich die Sicherheitsanforderungen von denen anderer Verwaltungsgebäude?
Eine Anforderung ist offensichtlich: Das Hauptgebäude liegt nicht direkt an der Straße, so wie man es städtebaulich vielleicht als erstes machen würde, um der Chausseestraße ein wohlproportioniertes Straßenprofil zu geben. Aber an die Straße hätte man nur Nebenräume legen können, die nicht zum dauerhaften Aufenthalt bestimmt sind, wie Toiletten, Teeküchen, Putzräume. Doch obwohl der Abstand des Hauptgebäudes zur Straße 30 Meter beträgt, ist es uns gelungen, den Block zu fassen, indem wir die Ecken mit der Süd- und Nordbebauung definiert haben, in der sich die Technik- und Logistikzen­trale und das Zentrum für Aus- und Fortbildung befinden. Die weitläufige Fläche zwischen den Ecken des Blocks und den Torhäusern, die mittig an der Chausseetraße liegen, haben wir mit den für unsere Region typischen Kiefern bepflanzt. Im Kontext der Stadt und vor dem sehr großen Komplex bekommen diese eigentlich unvollkommenen Bäume eine ganz eigene Wertigkeit.
Wie ist es Ihnen gelungen, dass die Abschottung des Gebäudes zur Straße hin nicht so stark sichtbar wird?
Wir waren der Meinung, dass Passanten eher das Gefühl haben sollten, dass es sich um ein normales, wenn auch sehr großes Bürogebäude handelt. Um den fensterlosen Sockel „unsichtbar“ zu machen, haben wir das ganze Gebäude in einer Art Burggraben versenkt. Von der Straße aus sieht man jetzt nur die befensterten Bereiche, was vor allem auch der Maßstäblichkeit im städtebaulichen Kontext zugute kommt.
Wurde das Dach statisch besonders behandelt?
Kein Kommentar.
Wie kam die städtebauliche Form zustande?
Wenn man sich klar macht, dass der Reichstag achtmal auf das Grundstück passen würde, wird deutlich, dass die städtebauliche Form nicht zuletzt der Größe geschuldet ist. Mit dem städtischen Kontext wäre man eigentlich ganz anders umgegangen. Ursprüngliches Ziel war es, direkte Bezüge zur Stadt herzustellen, Hofhäuser zu planen, Plätze, städtische Räume zu schaffen. Aber dieses Gebäude ist so riesig, dass eine kleinteiligere Form einen funktionalen Kompromiss dargestellt hätte. Man braucht direkte horizontale und vertikale Wegeverbindungen und kann darüber hinaus das Gebäude nicht verstecken. Hier waren wir uns auch mit dem damaligen BND-Präsidenten Dr. August Hanning einig, der sich ausdrücklich für ein selbstbewusstes Gebäude in der Stadt ausgesprochen hatte.
Fanden Sie die Entscheidung für die Lage des Neubaukomplexes in der Innenstadt richtig?
Ich habe mich zunächst gewundert, dass der Dienst nicht in den Flughafen Tempelhof zieht. Nach allem, was ich weiß, hätte das Raumprogramm auch dort funktioniert. Aber natürlich hätte ein Nachrichtendienst an diesem Standort ein Imageproblem. Die Außenwirkung war ja durchaus Thema beim Entwurf. Eine der Aufgabenstellungen im Wettbewerb bestand auch darin, das künftige Fernsehbild als Rendering zu visualisieren.
Gab es Vorgaben, die die Fassadengestaltung beeinflusst haben?
Der Öffnungsanteil der Fassade beträgt unter 50 Prozent, da uns neben gestalterischen Überlegungen eine energetisch optimierte Fassade wichtig war.
Ist die einheitliche Fassade ein Vorteil, da sie keine Unterschiede der Funktionen in den Räumen erkennen lässt?
Nein. Der Grund für die Einheitlichkeit war ein anderer. Das Gebäude ist ja 270 Meter lang und 160 Meter breit. Wenn ich so ein Volumen nur aus 30 Meter Entfernung betrachten darf, muss ich als Architekt mit etwas anderem als Fassadendetails spielen. Das hier zugrundeliegende Prinzip der Reduktion des Details ist auf die
Betrachtung aus der Entfernung angelegt und bildet die Grundlage für die Entfaltung der skulpturalen Wirkung des Baukörpers. Der Detaillierungsgrad nimmt zu, je kleiner die Distanz zwischen Gebäude und Betrachter wird. Indem die vielen tausend Fenster in eine Struktur verschmelzen, gibt der Wechsel zwischen kurzen und langen Flächen dem Straßenraum den gewünschten Rhythmus. Die Materialität der Fassade führt dazu, dass sich im Laufe des Tages das Erscheinungsbild des Gebäudes extrem verändert. Wir haben eine Metalllegierung gefunden, die je nach Lichtverhältnissen von einem eher dunklen Grün zu einem strahlenden Champagnergold wechselt, was besonders aus der Distanz wahrgenommen wird. Das Gegenstück bildet ein offenporiger, grob strukturierter Naturstein, der mit seiner haptischen Qualität und fein strukturierten Plastizität besonders aus der Nähe wirkt.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit einem solch besonderen Nutzer?
Ganz anders als gedacht. Wir hatten eine schwerfällige Behörde mit langen Dienstwegen erwartet. Das ist nicht der Fall. Der BND ist super stringent organisiert, das sind kompetente Leute, die immer lösungsorientiert und offen für neue Ideen sind.
Gab es besondere Arbeitsabläufe, zum Beispiel im Umgang mit Plänen und Emails?
Zunächst wurden sämtliche Mitarbeiter im Projekt sicherheitsüberprüft. Das Projektbüro ist dann in ein Planungshaus gezogen, das nur die sicherheitsüberprüften Mitarbeiter betreten dürfen.
Wie funktioniert die Arbeit in dem Planungshaus?
Die Büros der Projektbeteiligten sind vollkommen isoliert, alle Projektserver sind abgeschnitten vom Rest der Welt, Internet gibt es nur auf getrennten Einzelrechnern. Um dennoch auf kurzen Wegen kommunizieren und Daten austauschen zu können, wurde innerhalb des Planungshauses ein Projektkommunikationssystem eingerichtet, allerdings ebenfalls ohne Anschluss ans Internet.
Wie funktioniert die Abstimmung mit den anderen Beteiligten?
Die sitzen auch alle in dem Planungshaus: der Bauherr, der Nutzer, der Statiker, die Haustechniker, die Controller…
Wie ist es für Ihr Team von Architekten, auf diese Art zu arbeiten?
Das Planungshaus hat große Vorteile. Die Konzentration von Fachkräften an einem Ort macht die Arbeit dort sehr effektiv.
Und innerhalb des Planungshauses kann man sich frei austauschen?
Ab einem gewissen Punkt wird es wahnsinnig aufwändig, denn an die Sicherung der einzel­nen Organisationseinheiten innerhalb des Planungshauses werden hohe Anforderungen gestellt und schließlich auch an den Umgang mit den Daten und Unterlagen selbst. Das schränkt die sonst gewohnten Freiheiten schon ein wenig ein.
Was ist mit Plänen auf der Baustelle?
Jeder bekommt immer nur den Teil der Pläne, die er unbedingt braucht. Einen kompletten Plansatz mit allen Angaben gibt es nur theoretisch.

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