Die Kirchenbauerin
Der Architektin und Bildhauerin Maria Schwarz zum 95. Geburtstag
Text: Krapp, Annette
Die Kirchenbauerin
Der Architektin und Bildhauerin Maria Schwarz zum 95. Geburtstag
Text: Krapp, Annette
Vor 95 Jahren, am 3. Oktober 1921, wurde Maria Schwarz (geb. Lang) in Aachen geboren. Vor 75 Jahren begann sie ihr Architekturstudium, das sie vor 70 Jahren abschloss. Vor 65 Jahren heirateten Maria und Rudolf Schwarz. Vor 55 Jahren starb Rudolf Schwarz, seitdem führt sie das Büro. Vor 25 Jahren entwarf Maria Schwarz den Orgelprospekt für St. Maria im Kapitol in Köln.
Es sind also einige Jubiläen, die es Wert sind, das Lebenswerk der Architektin Maria Schwarz in Erinnerung zu rufen. Lange Zeit war sie vor allem als Ehefrau und Witwe von Rudolf Schwarz bekannt. Sie verwaltet nicht nur den Nachlass und hat mit Wiederauflagen seiner Schriften erheblichen Anteil an dessen Ruf als bedeutender Architekturtheoretiker und Kirchenbauer, sondern kämpft auch immer wieder für den Erhalt von Rudolf Schwarz’ Bauten. Die prominentesten Beispiele sind die Paulskirche in Frankfurt am Main und der Kölner Gürzenich.
Bei der Renovierung der Paulskirche wurde Maria Schwarz 1986 mit der künstlerischen Leitung betraut. In diesem Zusammenhang war sie erstmals verantwortlich am Entwurf eines Orgelprospekts beteiligt. Diesem Debüt an einem der geschichtsträchtigsten Orte Deutschlands folgten in den 90er Jahren Aufträge für Orgeln in den beiden romanischen Kirchen St. Maria im Kapitol und St. Andreas in Köln, in St. Marzellinus und Petrus in Vallendar aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert sowie in St. Vitalis in Köln-Müngersdorf, St. Martinus in Pulheim-Stommeln und Heilig Kreuz in Bad Kreuznach aus dem späten 19. Jahrhundert. Es war die einfühlsame Gestaltung der Lettnerorgel für St. Maria im Kapitol, mit der Maria Schwarz schließlich aus dem Schatten ihres Mannes trat.
Was hat die Architektin Maria Schwarz vorher gemacht? Studiert hat sie in Aachen an der Technischen Hochschule; als Assistentin von René von Schöfer und Hans Schwippert war sie am Wiederaufbau von Jülich und Aachen beteiligt. 1949 wurde sie Mitglied in der Wiederaufbau GmbH für Köln unter der Leitung von Rudolf Schwarz und wirkte u.a. am Wiederaufbau des Kölner Gürzenich mit. Die eindrucksvolle Treppenanlage, die Garderobenhalle und Festräume verbindet, geht auf ihren Entwurf zurück.
1951 heirateten Maria und Rudolf Schwarz. Damit begann eine intensive zehnjährige Zusammenarbeit. Maria Schwarz sagt dazu: „Unsere Bauten waren unsere Kinder.“ Während dieser Zeit wurden im Büro Schwarz insgesamt 30 Kirchenbauten geplant und realisiert. Zu St. Michael in Frankfurt am Main schrieb Rudolf Schwarz im Januar 1953 an Maria: „Meine liebe Maria, ja, ich freue mich durchs ganze Herz durch, daß wir diese Kirche zusammen gemacht haben, so sehr, daß man gar nicht mehr weiß, wer was daran getan hat. [...] Es ist so schön, wie du in allen meinen Gedanken drin bist und sie mit mir lebst.“
Als Rudolf Schwarz 1961 starb, waren zehn der gemeinsam begonnenen Kirchenbauten nicht vollendet. Sie wurden unter der Leitung von Maria Schwarz fertiggestellt und sowohl Liebfrauen in Oberursel als auch St. Franziskus in Osnabrück müssen – auch wenn das in den 60er Jahren offiziell nicht möglich war – als Kirchenbauten von Maria Schwarz betrachtet werden. Liebfrauen in Oberursel wurde 1965 vom Land Hessen als vorbildliche Leistung ausgezeichnet.
Mit dem Entwurf für den Marienaltar in der Marienkirche in Köln-Kalk hatte Maria Schwarz sich als Bildhauerin profiliert. Im Stil der Zeit wird die umlaufend abgerundete Altarplatte von einem sich nach unten verjüngenden, nierentischförmig geschwungenen Sockel getragen. An den gewölbten Partien brechen harte Kanten den Schwung der organischen Grundform. Im Anschluss entwarf sie für viele der gemeinsamen Kirchenbauten die Ausstattung der liturgischen Orte – von der ersten Skizze bis zur Ausführungszeichnung mit genauen Angaben zur Bearbeitung für den Steinmetz.
So entstanden Gesamtkunstwerke, bei denen die kleinste Veränderung, den Baugedanken grundlegend zerstören konnte. Dadurch war Maria Schwarz nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil prädestiniert, die Umgestaltung der Liturgischen Orte zu übernehmen – zunächst in den gemeinsamen Kirchenbauten und später auch in anderen Kirchen.
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