Bauwelt

Verdichtung ohne Qualität?

Jeden Tag flattern Einladungen zu Kongressen über bezahlbares Wohnen auf die Tische der Redaktion. Da fragt man sich: Wenn jetzt plötzlich alle auf den Zug des massenhaften Bauens aufspringen, wie wird das aussehen, was gebaut wird? In den Planungsämtern der Republik werden die Bauplätze gerade kategorisiert, in öffentlichen und weniger öffentlichen Dateien. Aber welche Art von Stadt da gerade reingedrückt und nachverdichtet wird, steht auf einem ganz anderen Blatt

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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    Frankfurt
    1 Stadträumliche Verflechtung Bornheim-Seckbach 3500 WE
    2 Bürostadt Niederrad/Lyoner Straße (1800 WE)
    3 Südlich Rödelheimer Landstraße (1500 WE)
    4 Am Riedberg (1380 WE)
    5 Bonames Ost/Am Eschbachtal, Harheimer Weg (1360 WE)
    6 Bürostadt Niederrad/Hahnstraße (1200 WE)
    7 Kleyerstraße, Ackermannstraße (1200 WE)
    8 Uni-Gelände Bockenheim (1000 WE)
    9 Güterplatz, Heinrichstraße (800 WE)
    10 Hanauer Landstraße/Westlich Osthafenplatz, Launhardtstraße (750 WE)

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    Frankfurt
    1 Stadträumliche Verflechtung Bornheim-Seckbach 3500 WE
    2 Bürostadt Niederrad/Lyoner Straße (1800 WE)
    3 Südlich Rödelheimer Landstraße (1500 WE)
    4 Am Riedberg (1380 WE)
    5 Bonames Ost/Am Eschbachtal, Harheimer Weg (1360 WE)
    6 Bürostadt Niederrad/Hahnstraße (1200 WE)
    7 Kleyerstraße, Ackermannstraße (1200 WE)
    8 Uni-Gelände Bockenheim (1000 WE)
    9 Güterplatz, Heinrichstraße (800 WE)
    10 Hanauer Landstraße/Westlich Osthafenplatz, Launhardtstraße (750 WE)

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    Stuttgart
    1 Nordbahnhof, Rosensteinviertel (4700 WE)
    2 A1/A2 Gebiet von Stuttgart 21 (2700 WE)
    3 Veielbrunnen, Neckarpark (900 WE)
    4 Maybachstraße, City Prag (800 WE)
    5 Türlenstraße, Bürgerhospital (750 WE)
    6 Europaplatz, Ehrlichweg (450 WE)
    7 Seepark (450 WE)
    8 Langenäcker-Wiesert (320 WE)
    9 Diakonissenplatz, Berliner Platz (250 WE)
    10 Areal Olgahospital (250 WE)
    11 Schafhaus (250 WE)
    12 Burgholzhof (200 WE)

    Stand: September 2012

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    Stuttgart
    1 Nordbahnhof, Rosensteinviertel (4700 WE)
    2 A1/A2 Gebiet von Stuttgart 21 (2700 WE)
    3 Veielbrunnen, Neckarpark (900 WE)
    4 Maybachstraße, City Prag (800 WE)
    5 Türlenstraße, Bürgerhospital (750 WE)
    6 Europaplatz, Ehrlichweg (450 WE)
    7 Seepark (450 WE)
    8 Langenäcker-Wiesert (320 WE)
    9 Diakonissenplatz, Berliner Platz (250 WE)
    10 Areal Olgahospital (250 WE)
    11 Schafhaus (250 WE)
    12 Burgholzhof (200 WE)

    Stand: September 2012

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    Erlangen
    1 Wohnquatier Johann-Kalb-Straße, Schenkstraße, sog. Housing Area (450 WE)
    2 Wohnquartier Brüxer Straße (160 WE)
    3 Erlangen Höfe, ehem. Gossen–Südgelände (420 WE)
    4 GBW–Quatier Paul-Gossen-Straße, Nürnberger Straße (400 WE)
    5 Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Erlangen West ll (ca. 900 WE)
    6 Steudach-Südwest (70 WE)
    Stand: Anfang 2016

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    Erlangen
    1 Wohnquatier Johann-Kalb-Straße, Schenkstraße, sog. Housing Area (450 WE)
    2 Wohnquartier Brüxer Straße (160 WE)
    3 Erlangen Höfe, ehem. Gossen–Südgelände (420 WE)
    4 GBW–Quatier Paul-Gossen-Straße, Nürnberger Straße (400 WE)
    5 Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme Erlangen West ll (ca. 900 WE)
    6 Steudach-Südwest (70 WE)

    Stand: Anfang 2016

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    1 Sürther Feld (9000 WE)
    2 Mülheim Süd (2750 WE)
    3 Deutzer Hafen (2700 WE)
    4 Parkstadt Süd (2500 WE)
    5 Zündorf Süd (2300 WE)
    6 Kreuzfeld (2200 WE)
    7 Clouth-Gelände (1100 WE)
    8 Rondorf Nord-West (1000 WE)
    9 Waldbadviertel (650 WE)
    10 Güterbahnhof Ehrenfeld (450 WE)
    Stand: Anfang 2016

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    1 Sürther Feld (9000 WE)
    2 Mülheim Süd (2750 WE)
    3 Deutzer Hafen (2700 WE)
    4 Parkstadt Süd (2500 WE)
    5 Zündorf Süd (2300 WE)
    6 Kreuzfeld (2200 WE)
    7 Clouth-Gelände (1100 WE)
    8 Rondorf Nord-West (1000 WE)
    9 Waldbadviertel (650 WE)
    10 Güterbahnhof Ehrenfeld (450 WE)

    Stand: Anfang 2016

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    1 Gremmendorf/ York–Kaserne (1600 WE)
    2 Gievenbeck/Oxford–Kaserne (930 WE)
    3 Mitte/Neuhafen, Hafenkante (320 WE)
    4 Mitte/Südlich Markweg (315 WE)
    5 Albachten-Ost (280 WE)
    6 Mitte/Roddestraße (260 WE)
    7 Mecklenbeck/Meckmannweg, Schwarzer Kamp (250 WE)
    8 Mecklenbeck-Mitte (250 WE)
    9 Mitte/Nördlich Bohlweg (Winkhaus; 240 WE)
    10 Olbeck/Am Steintor, Petersweide (200 WE)
    11 Kinderhaus/westl. Regina-Protmann-Str. (150 WE)
    12 Mauritz-Ost/ Maikottenweg (140 WE)
    13 Sprakel-Ost (140 WE)
    14 Amelsbüren/Nordwestl. Am Dornbusch (120 WE)
    Stand: September 2016

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    1 Gremmendorf/ York–Kaserne (1600 WE)
    2 Gievenbeck/Oxford–Kaserne (930 WE)
    3 Mitte/Neuhafen, Hafenkante (320 WE)
    4 Mitte/Südlich Markweg (315 WE)
    5 Albachten-Ost (280 WE)
    6 Mitte/Roddestraße (260 WE)
    7 Mecklenbeck/Meckmannweg, Schwarzer Kamp (250 WE)
    8 Mecklenbeck-Mitte (250 WE)
    9 Mitte/Nördlich Bohlweg (Winkhaus; 240 WE)
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    13 Sprakel-Ost (140 WE)
    14 Amelsbüren/Nordwestl. Am Dornbusch (120 WE)

    Stand: September 2016

Verdichtung ohne Qualität?

Jeden Tag flattern Einladungen zu Kongressen über bezahlbares Wohnen auf die Tische der Redaktion. Da fragt man sich: Wenn jetzt plötzlich alle auf den Zug des massenhaften Bauens aufspringen, wie wird das aussehen, was gebaut wird? In den Planungsämtern der Republik werden die Bauplätze gerade kategorisiert, in öffentlichen und weniger öffentlichen Dateien. Aber welche Art von Stadt da gerade reingedrückt und nachverdichtet wird, steht auf einem ganz anderen Blatt

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Käfigratten werden immer mal wieder herbeizitiert, wenn es um die Frage geht, wie dicht man eigentlich bauen kann und wie dicht man wohnen kann in der heutigen Stadt. Das war in den sechziger Jahren so, als der amerikanische Psychologe John Calhoun seine Crowding-Experimente über Ratten publizierte, die alle Hemmungen fallen lassen und sich ständig gegenseitig beißen, wenn man ihnen immer weniger Platz einräumt. Der Zuwachs der Weltbevölkerung und die Probleme der Großwohnsiedlungen machten den Vergleich damals populär.
Who is afraid of massiveness?
Hervorgekramt wurden Calhouns Experimente dann in MVRDVs Dichtebibel „FARMAX“, die 1998 im Zeichen des Baubooms nach dem Fall der Mauer entstand. In FARMAX wird den Ratten ein Kapitel gewidmet, obwohl die städtebauliche Übertragung der Crowding-Experimente in der Architekturpsychologie längst widerlegt war. Den niederländischen Architekten ging es denn auch eher um den Hinweis auf „bessere Schachteln“. Sie plädierten für eine andere Form von baulicher Verdichtung und eine Befreiung von hergebrachten Typologien. Sie stapelten Bebauungsflächen wie Pressholz in Reihen-, Würfel-, Zylinder- und Pyramidenform aufeinander, um sich frei zu machen vom Korsett der postmodernen Stadttypologien der achtziger Jahre. Die strikte Auslegung einiger weniger baulicher Grundregeln wie Sichtbeziehung, Belichtung, Brandschutz und Abstandsregeln, so MVRDV in ihrem Buch, reiche aus, um aus der Datenlage städtischere und gleichzeitig dichtere Formen abzuleiten, kurz: um eine bessere Architektur zu entwerfen. Die große Verdichtung ist dann in den Nullerjahren – sieht man von den wie Pilze aus dem Boden wachsenden Hochhäusern der Londoner City ab – an Europa weitgehend vorbeigegangen, die ökonomische Krise hat das Thema erledigt.
Jetzt aber wird vor allem in deutschen Städten kräftig gewachsen und unter dem Druck von Wohnungsmangel und immer knapperen Grundstücksflächen entstehen neue Quartiere mit immer höheren Dichten. In der Berliner Europa-City liegt sie im Wohnbereich bei 2,8, in Klaus Kadas Sonnwendviertel in Wien bereits bei 3,71 und in der Hamburger Hafencity, je nach Quartier und Nutzung, gar bei 3,7 bis 5,5. Einerseits dichter, andererseits kleiner und enger: Auf der Architekturebene ist immer häufiger von „attraktiven Kleinst- und Mikrowohnungen“ die Rede. Um diese Entwicklung voranzubringen, hat Bauministerin Barbara Hendricks im letzten Jahr 120 Millionen für ein entsprechendes Forschungsprogramm aufgelegt. Verbunden mit dem Container-Bauten für Flüchtlingsunterkünfte stellt sich die Frage: Müssen wir das Gespenst der Käfigwohnungen wieder auf die Tagesordnung setzen?
Wenn illustriert werden soll, wohin die Reise geht, wird gern auf Hongkong und Shanghai verwiesen. Fotografen wie Michael Wolf1, Marcus Lyon und Andreas Gursky erzeugen mit ihren Bildern von großen Massen eine Art Angstlust, in Europas Städten könne es bald genauso aussehen. Wenig bekannt ist allerdings, dass der Eindruck täuscht, schwindelerregend hohe Häuserschluchten stünden für die höchste urbane Dichte – aufs Quartier gesehen ist die alte Berliner Mietskasernenstruktur allemal genauso dicht.
Nicht um die Übertragung des fernöstlichen Stadtmodells geht es also, sondern um eine komplexere Frage: Mit welchen Verdichtungsstrategien erreichen wir jene städtischen Qualitäten, zu denen wir uns nach dem Modell der europäischen Stadt so gerne bekennen? Dieses Modell ist vielfältiger und offener, als es konservative Stadtplaner wahrhaben wollen.2
Um die Frage unter die Lupe zu nehmen, haben die spanischen Architekten Javier Mozas und Aurora Ferndandez Per und Ihre a+t Research Group in den letzten Jahren eine mehrteilige Untersuchung gestartet und in deren Folge das Buch „Why density“ herausgegeben3. Die spanischen Architekten, eifrige Reisende in Sachen Großstadtarchitektur, untersuchen verdichtete Bauformen in ihrer Kapazität als Stadtbausteine. Insgesamt 36 Typologien haben sie herausdestilliert, angefangen bei den Punkthäusern von Baumschlager Eberle in St. Gallen Achlengut 2002 über den perforierten Baublock von MVRDV und Blanca Lleó in Madrid 2009 (Heft 20.2005), die Mischung von Türmen und Patio-Häusern in Ceuta von MGM (Heft 29.2010) bis zum Delugan-Meissl-Tower in Wien 2005. Sie weisen nach, dass es bei der (Nach)-Verdichtung keinen allgemeingültigen Standard räumlicher Strukturen geben darf, wenn man Qualität erzeugen will. Im Klartext: Einfach draufstapeln und dichter stellen – wie es beispielsweise bei der Nachverdichtung von Blockrändern durch die maximal zulässige GFZ im Bebauungsplan, respektive nach §34 B, häufig erfolgt, ist der falsche Weg. Entscheidend für das Gelingen sind neue, besonders zu beachtende Parameter – vor allem der kluge Umgang mit den „voids“ in den Zwischenräumen. Was passiert, wenn man Gebäude einfach nur, soweit es das Baurecht erlaubt, dichter zusammenstellt, vergleichen Mozas und Per mit genmanipulierten, nahezu quadratischen Melonen. Was für die Obstvermarktung vielleicht ein großer Sprung nach vorne wäre, ist für die Stadt ein Desaster.
Boom ohne Qualität?
Der städtische Bauboom ist jedenfalls unübersehbar: Wie stark und wo deutsche Städte in der Innenentwicklung wachsen, zeigen die folgenden Seiten. Wir haben einige Städte darum gebeten, darzustellen, wo sie überall wachsen. Allenthalben zeigen diese Potenzial-Pläne: Die Stadtentwicklung ist im Fluss wie lange nicht mehr. Und sie hinkt dem Bedarf immer hinterher: „Wir können Ihnen den Bedarfsplan für die Stadtbauwelt gern zur Verfügung stellen, aber bitte nicht vor dem 10. März veröffentlichen, das Ganze muss erst noch vom Stadtrat abgesegnet werden.“
Die beunruhigende Feststellung: Es geht um Masse, Masse, Masse, aber eine stadtweite Verständigung über das Wie der Verdichtung, verknüpft mit einer entsprechenden Programmpolitik, findet kaum statt. Wo es solche Konzepte gab, sind diese, wie die mutige Verdichtungsstrategie von Dietrich Fink im Rahmen der „Langfristigen Siedlungsentwicklung“ für München (Heft 36.2012) inzwischen auf Eis gelegt, oder sie beziehen sich auf Teilbereiche, die mit der Zukunft der Gesamtstadt nicht mehr in Verbindung gebracht werden, wie beim Berliner Planwerk Innere Stadt. Im anderen Fall sind sie Teil der Zukunftsmusik, erst kommt die Machbarkeitsstudie, dann kommen die Referenzgebiete, dann kommt die Bearbeitung von Leitbildern, wie man den Siedlungsraum optimieren kann.
Ein schon aus ökologischen Gründen lange herbeigesehntes Leitmotiv dominiert heute: Innenverdichtung im Bestand. Die schlechte Nachricht ist, dass konzeptionelle Verfahren jenseits des Standards einen immer schwereren Stand haben, egal ob es jetzt um kleine Vergabeverfahren, bei denen Grundstücke nicht allein nach dem Preis, sondern nach dem Bebauungskonzept vergeben werden, oder um größere wie die IBA geht. Sie sind politisch gefährdet, weil sie nur dem Einzelfall gelten, nicht aber den großen Bedarf bedienen, oder weil sich die Politik nicht mehr über mehrere Legislaturperioden binden will. Die enorm steigenden Bodenpreise verschärfen die Lage zusätzlich. Wenn der Bund seine Grundstücke über die BIMA, wie zuletzt bei zwei großen innerstädtischen Entwicklungsflächen in Berlin geschehen, zu Höchstpreisen verkauft, wird die Dichte zur alleinigen Angelegenheit immobilienökonomischer Rentabilität.
Die gute Nachricht
Eine gute Nachricht könnte sein, dass die Städte nach langen Jahren des Lamentos über die eigene Machtlosigkeit ihren Fuß wieder in der Tür haben. Das liegt vor allem daran, dass die öffentlichen Wohnbauunternehmen wieder mitspielen, sie legen plötzlich wieder Wert auf das „bau“ in ihrem Namen. Fragt man die Verantwortlichen der öffentlichen Wohnbauunternehmen nach den wichtigen Innovationen, erhält man allerdings meist folgende Antwort: Innovation bestehe in kleineren Wohnungen und modularer Bauweise. Das bedeutet: Man zieht sich auf die Ebene des Objekts zurück. Das ist verständlich, es muss gebaut werden, so schnell wie möglich. Das aber ist zu wenig für die Weiterentwicklung der Stadt. Denn damit würde festgeschrieben, dass der Stadtraum denen gehört, die schon da sind – möglichst wenig verändern, erzeugt möglichst wenig Widerstand. Dort, wo die öffentlichen Stadtplanern Innovationen planen, werden sie ihnen nicht selten im Umsetzungsprozess von den Anwohnern ausgetrieben. Die Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher formulierte es kürzlich so: „Ich spreche nicht gern von Nachverdichtung, ich spreche lieber von Weiterbauen.“ Das heißt: Man will die Verdichtung steuern, aber so unauffällig wie möglich.
Wie weiter?
Wenn wir die bauliche Dichte mit den Maßzahlen von GFZ, Grundflächenzahl und Bewohnerdichte messen, denken wir uns den Raum als Container und bleiben im Korsett der Zahlen stecken. Um über solch eine mechanische Definition der baulichen Dichte hinauszugehen, arbeitet der österreichische Architekt und Stadtplaner Dietmar Eberle inzwischen mit dem Begriff der „atmosphärischen Dichte“. Jahrelang hat er an der ETH die qualitativen Eigenschaften dichter Stadtquartiere in Wien, München, Zürich und Berlin verglichen, mit Bewohnern gesprochen, Tabellen gezeichnet und kürzlich einen dicken Band über seine Untersuchungen veröffentlicht.4 Das Ergebnis der 540 Seiten lässt sich sehr verkürzt vielleicht so zusammenfassen:
1. Die unter den Bewohnern beliebteste Stadtstruktur ist diejenige, die sich am Modell der Gründerzeit orientiert, also fünf, sechs und an manchen Stellen auch sieben Geschosse aufweist. Übrigens wird damit im Schnitt eine höhere Dichte als in Shanghai erreicht.
2. Je dichter die Quartiere sind, desto entscheidender ist die Qualität des öffentlichen Raums. Dieser sollte mit jeder erdenklichen Sorgfalt entwickelt werden und nicht weniger als 35 Prozent der bebauten Gesamtflläche umfassen – eine Faustregel, die bei den innerstädtischen Investorenprojekten längst unter den Tisch fällt.
3. Dieser öffentliche Raum ist keine Sache der Touristen, sondern der Bewohner. Denn, so eine Durchschnittszahl aus dem Städtevergleich, die untersuchten Quartiere wiesen alle 60 Prozent Wohnen und 40 Prozent andere Funktionen auf. Das bedeutet: Wenn wir von städtebaulicher Entwicklung reden, dann ist das größte Rad, an dem wir drehen, der Wohnungsbau mit seinen Außenräumen.
Das Ergebnis von Eberles Untersuchungen ist auf den ersten Blick eine Bestätigung für das traditionelle europäische Stadtmodell. Traditionell bedeutet hier aber nur, dass wir die Stadt nicht neu erfinden können. Was Eberle allerdings auch sagt, und dafür sind die Ohren bei den Verantwortlichen meist taub und die Verfahren kontraproduktiv: Die Qualität der verdichteten Stadt ist primär die Qualität des öffentlichen Raums – die Architektur kommt erst in zweiter Linie.

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