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„Nicht die Kunst ist das Problem, sondern ihr aktueller Kontext“

Markus Ambach über den urbanen Kongress in Köln

Text: Winterhager, Uta, Bonn

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Der urbane Kongress

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Der urbane Kongress


„Nicht die Kunst ist das Problem, sondern ihr aktueller Kontext“

Markus Ambach über den urbanen Kongress in Köln

Text: Winterhager, Uta, Bonn

Manche versteht längst niemand mehr, andere wirken einfach nur deplatziert, viele sind lange vernachlässigt worden: Rund 90 Denkmäler und Kunstwerke im öffentlichen Raum hat der Kunstbeirat der Stadt Köln im Planquadrat zwischen Dom und Oper erfasst.
Ein kuratorisches Konzept soll helfen, Qualitätssicherung, Bestandspflege und Öffentlichkeitsarbeit zu institutionalisieren sowie eine Finanz- und Personalstruktur in der Verwaltung für Kunst im öffentlichen Raum zu schaffen. Aus fünf Künstler- und Urbanisten-Teams, die sich mit Vorschlägen beworben hatte, wählte der Kunstbeirat im vergangenen November die Gruppe um den Künstler und Kurator Markus Ambach und den plan-Initiator Kay von Keitz aus. Wir sprachen mit Markus Ambach über das Konzept „Der urbane Kongress“ und über die ersten Ergebnisse.

Markus Ambach, was ist „Der urbane Kongress“?
Der Kunstbeirat hat uns beauftragt, die Grundregeln für ein Programm zum Umgang mit der Kunst im öffentlichen Raum zu entwickeln. Wir wollten aber keine ästhetischen Maßstäbe aufstellen, sondern Probleme öffentlich diskutieren. So haben wir Typologien bestimmt und einige der Kunstwerke tempo­rär mit textmarkerfarbenen Teppichen markiert. Die jeweiligen Fragestellungen diskutieren wir vor Ort mit Spezialisten und der Bevölkerung. Dabei sammeln wir Informationen und schaffen eine Art kollektives Wissen über die Kunst im öffentlichen Raum.
Selten sind die Arbeiten, deren Qualität immer in ihrer Zeit zu diskutieren ist, das Problem – ihr aktueller städtischer Kontext ist es. Gegebenenfalls werden wir anregen, eine Arbeit zu versetzen. Die Realisierungsphase wird die kritischste werden. Da­für gibt es derzeit noch kein Geld. Uns ist aber wichtig, dass es nicht bei der Diskussion bleibt, sondern sich tatsächlich etwas bewegt.

Was erwartet die Stadt konkret von Ihnen – Bewusstseinserweiterung oder Handwerkszeug?
Beides. Der Kunstbeirat erhoffte sich das, was wir ihm angeboten haben: eine zweiteilige Arbeit, bei der erst öffentlich nachgedacht und dann gehandelt wird. Im heterogenen Stadtorganismus funktioniert eine Strategie nur dann, wenn die Bevölkerung sie trägt. Wenn man jemanden aus der Diskussion ausklammert, bleibt die Stadt so, wie sie ist.  

Drei der fünf geplanten Diskussionen haben inzwischen stattgefunden. Wie waren die Reaktionen?
Das Projekt wird positiv aufgenommen. Bei unserem ersten Rundgang hatten wir ein besonders großes Publikum; danach bildete sich ein Stammpublikum von 20 bis 30 Personen heraus, die nah am Thema dran sind, plus noch einmal die selbe Zahl an Zuhörern, die spontan dazu kommen.
Eine Veranstaltung haben wir an der Statue von Johann Adam Schall von Bell (1595–1666) an der Minoritenkirche durchgeführt. Kaum jemand kann die­ser Figur ihre Geschichte zuordnen, deshalb bezeichnen wir sie als im öffentlichen Raum verloren. Einer Teilnehmerin war Schall von Bell aber aus der Schule ein Begriff. Wenn man die Figur im Dreikönigsgymnasium aufstellen würde, an dessen Vorläufer Schall von Bell Schüler war, könnten die Kinder an der Geschichte teilhaben und sich freuen: Hey, einer von uns hat es bis zum Mandarin in China geschafft. So lassen sich die Sinnzusammenhänge einfach wieder herstellen – unter anderem durch die Informationen der Leute, die zu den Diskussionen kommen.

Wo sehen Sie akuten Handlungsbedarf?

Die Stifterfiguren von Wallraf und Richartz stehen immer noch vor dem Museum für Angewandte Kunst, wo sich das Wallraf-Richartz-Museum vor seinem Umzug befand. Es wäre sinnvoll, die Figuren wieder ihrem Museum zuzuordnen. Das ist ein sehr einfaches Beispiel. Der Vorschlag, die „Kreuzblume“ auf dem Kardinal-Höffner-Platz zu versetzen, wird hingegen eine hitzige Debatte entfachen, weil die Bevölkerung sie sehr mag.
Doch die Diskussion um den Platz zeigt exemplarisch, um was es hier eigentlich geht: Es ist nicht nur die Kreuzblume, die den „Taubenbrunnen“ von Ewald Mataré stört, es sind auch die 50 Poller, die vier verschiedenen Lampen, die Mülleimer. Man hat immer mehr Objekte hinzugefügt, bis ein Konglome­rat entstanden ist, in dem nichts mehr wahrgenommen wird. Mit einer einfachen Verschiebung der Kreuzblume möchten wir den Platz wieder sichtbar machen.

Sollte man Denkmäler mit einem Verfallsdatum versehen?
Das ist eine wichtige Diskussion. Plaketten und Infotafeln, die die Erosion der Inhalte verhindern hel­fen sollen, gibt es genug, doch dadurch entsteht noch keine Identifikation. Wir möchten eine wesentlich tiefer greifende Diskussion über das „Denkmal als Endlager der Erinnerung“ anstoßen. Natürlich kann man aber auch die Frage stellen, ob wirklich jede künstlerische Äußerung im öffentlichen Raum ewig sein muss.
Unser Vorschlag dazu ist ein „Archiv für ungenutzte Kunst“ auf dem Roncalliplatz oder einem anderen prominenten Platz – ein Ort zur Regeneration von Arbeiten, über die dort, aus ihrem Kontext herausgenommen, nachgedacht und diskutiert werden könnte. Die Abräumdebatte ist generell hochproblematisch und nicht nur an die Frage der Sinnfällig­keit von Kunst im öffentlichen Raum geknüpft, sondern auch an Qualitäts- und Geschmacksdiskurse.

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