BASE von OMA
Neues Ausstellungskonzept für das Stedelijk Museum in Amsterdam von Rem Koolhaas
Text: Schürkamp, Bettina, Köln
BASE von OMA
Neues Ausstellungskonzept für das Stedelijk Museum in Amsterdam von Rem Koolhaas
Text: Schürkamp, Bettina, Köln
Wie ein Archipel von Kunstströmungen präsentiert die Dauerausstellung „BASE“ im Stedelijk Museum in Amsterdam bedeutende Werke aus Kunst und Design von 1880 bis in die 1970er Jahre. Das Ausstellungsdesign des Office for Metropolitan Architecture (OMA) lädt seit Dezember 2017 mit einem offenen Parcours Besucher ein, die Kunstwerke, Designobjekte und Möbel durch vielfältige Blickbeziehungen im Kontext des zwanzigsten Jahrhunderts neu zu entdecken. Filigrane, selbststehende Stahlelemente rahmen in der Form offener Winkel Exponate aus der Zeit des Impressionismus bis zum Postminimalismus ein. Die hybride Ausstellungskonzeption kombiniert eine chronologische Hängung an den Außenwänden mit einer thematischen Präsentation der Exponate in der Raummitte: Die zeitliche Orientierung einerseits und das ergebnisoffene Flanieren durch die Themencluster anderseits bieten Besuchern ein individuelles Museumserlebnis.
Für Rem Koolhaas war die Ausstellungskonzeption eine Reise in die eigene Vergangenheit. In seiner Jugend besuchte er regelmäßig die Bibliothek, Ausstellungen und Veranstaltungen des Stedelijk Museums. Nach dem Zweiten Weltkrieg revolutionierte der Grafiker, Typograf und Kurator Willem Sandberg als Museumsdirektor von 1945 bis 1962 die Institution als „Das Museum im Leben“ und begründete damit maßgeblich das internationale Renommee des Stedelijk Museums. Ikonen der Moderne zum Anfassen nah, komponiert auf filigranen Ausstellungssystemen und eine neue Museumsdidaktik für Kinder schafften eine gelöste Kulisse für die Begegnung mit den avantgardistischen Kunstströmungen der 1950er und 1960er Jahre. Die Ausstellung „BASE“ liest sich daher wie das „Who’s Who“ dieser Jahrzehnte, in denen Amsterdam Hotspot der internationalen Kunstszene war.
Das Ausstellungssystem, entwickelt von OMA, ARUP und Tata Steel Netherlands, aus 15 Millimeter dünnen Stahlplatten, empfindet als selbststehende Konstruktion die für das Stedelijk Museum so charakteristische Leichtigkeit und Offenheit nach. Die lasergeschnittenen, verschweißten und mit Bolzen verschraubten Stahlplatten wiegen mit einer maximalen Elementbreite von 1500 Millimetern und maximalen Höhe von vier Metern insgesamt 180 Tonnen. Eine besondere Herausforderung für die statischen Berechnungen waren Verformungen und Schwingungen, wie sie zum Beispiel durch die unbeabsichtigte Berührung von Besuchern verursacht werden können. An die anthrazitfarbene Stahlkonstruktion sind wie Screens weiß gestrichene Furnierschichtholzplatten angebracht, an denen die Kuratoren flexibel immer neue Exponate aus der Sammlung des Museums befestigen können. Mit Sensibilität vermittelt das Ausstellungssystem zwischen den unterschiedlichen Proportionen von Gemälden, Skulpturen und Gebrauchsgegenständen, die so ausdrucksstark zur Geltung kommen.
Die neun freistehenden und sechs mit den Wänden verbundenen Stahlausstellungselemente reagieren mit ihrer individuellen Form auf die spezifischen Anforderungen der Kuratoren, die in Clustern die umfangreiche Sammlung des Museums thematisch in dem „White Cube“ angeordnet haben. Auch die Ergebnisse einer AMO-Analyse der Museumssammlung flossen in das Design ein, das wie eine Landschaft dem Besucher an fast jedem Standpunkt gleichzeitig mehrere Blickbeziehungen eröffnet. Eine Besonderheit der Ausstellung ist das Zimmer „De Harrenstein Slaapkamer“ (1926) von Gerrit Rietveld und Truus Schröder-Schräder. Mit einer Treppe können die Besucher auf den Raum hinaufsteigen und dort von einer Aussichtsplattform auf die Themeninseln hinabschauen. In der Übersicht wird besonders deutlich, wie die Ausstellung die traditionelle Erschließung in Museen von einem Raum und Objekt zum nächsten durch eine städtebauliche Erfahrung mit Plätzen und offenen Sichtbeziehungen ersetzt.
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