Bauwelt

Debatte zur Kölner Erklärung

Vor einigen Wochen fiel der Stein ins Wasser. Die sogenannte „Kölner Erklärung“, verfasst von Christoph Mäckler, Wolfgang Sonne, Peter Zlonicky, Jörn Walter und einer Reihe weiterer Planer – und nicht zu verwechseln mit einem katholischen Reformpapier gleichen Namens – hat Wellen geschlagen. „Deutschland war noch nie so wohlhabend, seine Stadträume aber noch nie so armselig“, so ein markanter Satz aus dem Manifest gegen den hiesigen Städtebau. In erster Linie zielt die Erklärung auf die in den Augen der Verfasser mangelhafte städtebauliche Ausbildung an den Universitäten und auf die Kernkompetenzen, die wieder vermittelt werden sollen. Die Idee der europäischen Stadt müsse klarer definiert und bei der Planung als räumliches Wertekonzept betrachtet werden. Die Erklärung stieß auf Widerspruch. Kurze Zeit später wurde uns unter dem Titel „100% Stadt“ ein alternatives Manifest zugeschickt, das größere Komplexität für das Verständnis des Städtebaus einfordert. Auch dieses Papier ist von namhaften Stadtplaner und Architekten unterschrieben. Wir haben den Anstoß zu einer Debatte im Einverständnis mit bei-den Seiten aufgegriffen und auf Bauwelt Online sukzessive veröffentlicht. Wir drucken die Statements – leicht gekürzt – hier im Zusammenhang ab. Ein Punkt ist unübersehbar, das zeigen auch die Gespräche, die wir in der letzten Stadtbauwelt mit Stadtbaudezernenten aus ganz Deutschland geführt haben (Heft 36.2014). Während die Nachkriegszeit von offensiven Haltungen geprägt war, ist die heutige Arbeitsmethode kooperativ. Darum wird nun gestritten. Während in der Kölner Erklärung die Dirigentenhand des Stadtgestalters eingefordert wird, sieht die andere Seite hier den Rückschritt in ein unzeitgemäßes Chefmodell („Die Zeit des Gottvatermodells ist vorbei“). Einen Aspekt haben jedoch beiden Manifesten gemein: Sie sind Reaktionen auf die neoliberale Ausrichtung des Städtebaus der letzten fünfzehn Jahre, in der die räumliche Ausformung der Stadt mehr und mehr privaten Akteuren überlassen wurden. Die entscheidende Frage handelt davon, wie sich diese Akteure ins Weiterbauen an den gemeinsamen Qualitäten der Stadt mit einbeziehen lassen: mit neuen Konzeptverfahren oder einem Machtwort?

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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    Vorbild für kompaktes Eigentum? Townhouses am Friedrichswerder in Berlin, im Hintergrund der Rohbau des Schlosses

    Foto: Philipp Meuser

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    Vorbild für kompaktes Eigentum? Townhouses am Friedrichswerder in Berlin, im Hintergrund der Rohbau des Schlosses

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    Neue Mitten für die Metrozone: Zentrum von Wilhelmsburg als Ergebnis der Hamburger IBA von 2013
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    Foto: IBA Hamburg GmbH / Falcon Crest Air

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    Geschichte wiederholt sich. Als Jörg Müller sein Kinderbuch in den siebziger Jahren veröffentlichte, wurde es von Manfred Sack gelobt: es sei ein schockierendes Opus mit pädagogischem Ethos für künftige Planer und Architekten.
    Abbildung aus: Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn, oder Die Veränderung der Stadt, von Jörg Müller und Heinz Ledergerber. Verlag Sauerländer/Frankfurt, 1972
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    Geschichte wiederholt sich. Als Jörg Müller sein Kinderbuch in den siebziger Jahren veröffentlichte, wurde es von Manfred Sack gelobt: es sei ein schockierendes Opus mit pädagogischem Ethos für künftige Planer und Architekten.
    Abbildung aus: Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn, oder Die Veränderung der Stadt, von Jörg Müller und Heinz Ledergerber. Verlag Sauerländer/Frankfurt, 1972

    Abbildung aus: Hier fällt ein Haus, dort steht ein Kran und ewig droht der Baggerzahn, oder Die Veränderung der Stadt, von Jörg Müller und Heinz Ledergerber. Verlag Sauerländer/Frankfurt, 1972

Debatte zur Kölner Erklärung

Vor einigen Wochen fiel der Stein ins Wasser. Die sogenannte „Kölner Erklärung“, verfasst von Christoph Mäckler, Wolfgang Sonne, Peter Zlonicky, Jörn Walter und einer Reihe weiterer Planer – und nicht zu verwechseln mit einem katholischen Reformpapier gleichen Namens – hat Wellen geschlagen. „Deutschland war noch nie so wohlhabend, seine Stadträume aber noch nie so armselig“, so ein markanter Satz aus dem Manifest gegen den hiesigen Städtebau. In erster Linie zielt die Erklärung auf die in den Augen der Verfasser mangelhafte städtebauliche Ausbildung an den Universitäten und auf die Kernkompetenzen, die wieder vermittelt werden sollen. Die Idee der europäischen Stadt müsse klarer definiert und bei der Planung als räumliches Wertekonzept betrachtet werden. Die Erklärung stieß auf Widerspruch. Kurze Zeit später wurde uns unter dem Titel „100% Stadt“ ein alternatives Manifest zugeschickt, das größere Komplexität für das Verständnis des Städtebaus einfordert. Auch dieses Papier ist von namhaften Stadtplaner und Architekten unterschrieben. Wir haben den Anstoß zu einer Debatte im Einverständnis mit bei-den Seiten aufgegriffen und auf Bauwelt Online sukzessive veröffentlicht. Wir drucken die Statements – leicht gekürzt – hier im Zusammenhang ab. Ein Punkt ist unübersehbar, das zeigen auch die Gespräche, die wir in der letzten Stadtbauwelt mit Stadtbaudezernenten aus ganz Deutschland geführt haben (Heft 36.2014). Während die Nachkriegszeit von offensiven Haltungen geprägt war, ist die heutige Arbeitsmethode kooperativ. Darum wird nun gestritten. Während in der Kölner Erklärung die Dirigentenhand des Stadtgestalters eingefordert wird, sieht die andere Seite hier den Rückschritt in ein unzeitgemäßes Chefmodell („Die Zeit des Gottvatermodells ist vorbei“). Einen Aspekt haben jedoch beiden Manifesten gemein: Sie sind Reaktionen auf die neoliberale Ausrichtung des Städtebaus der letzten fünfzehn Jahre, in der die räumliche Ausformung der Stadt mehr und mehr privaten Akteuren überlassen wurden. Die entscheidende Frage handelt davon, wie sich diese Akteure ins Weiterbauen an den gemeinsamen Qualitäten der Stadt mit einbeziehen lassen: mit neuen Konzeptverfahren oder einem Machtwort?

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Der Widerspruch fehlt

Im Fehlen eines allgemeinen Streits über Städtebau und Städtebauaus­bil­dung scheint geradezu die angesprochene Misere begründet zu liegen.
Wir haben es uns im Pluralismus zu bequem eingerichtet. Die Gliederung der Zuständigkeiten haben Rückzugsmöglichkeiten und Nebenschau­plätze geschaffen, sodass schwierige Kernfragen in Bezug auf das große Ganze in den Hintergrund getreten sind. Sowohl die „Kölner Erklärung“ als auch „100% Stadt“ zielen auf die übergeordnete Bedeutung von Stadt als großem Ganzen ab. Insofern sind die Erklärungen vielleicht doch ein Auftakt zur überfälligen Neu-Verhandlung von Städtebau und Städtebauausbildung.
Björn Severin, Düsseldorf

100% Know-how

Einige Bauräte in Deutschland sagen, dass ihnen der gut ausgebildete Nachwuchs fehlt. Und sie fragen, ob das Handwerkszeug an den Hochschulen zurzeit gelehrt wird. Das sollten gerade die Unterzeichner der Kölner Erklärung beantworten können. Sie lehren seit Jahrzehnten an den
betreffenden Hochschulen. Hoffentlich auch, dass komplexe Projekte in der Stadt nur im Team zu gestalten sind. Mit 100% Know-how.
Franziska

Sowohl als auch

Also ganz klar mit beidem! Das „Einmaleins“ ist eine nicht zu vernachläs­si­gende Grundlage, aber es ist nicht repräsentativ für die Aufgaben, vor die Stadt uns stellt. Die Auseinandersetzung mit der Komplexität der Stadt, der Beteiligung der Bürgerschaft, den Infrastrukturaspekten und nicht zuletzt der Anerkennung unterschiedlicher Stadtmodelle ermög­licht es erst, Stadtoptionen für die Zukunft zu formulieren. Der Glaube, Stadt kann mit Stadt erweitert werden, ist so naiv wie falsch. Die (ohne Frage lebenswerte) Stadt des 19. Jahrhunderts lässt sich nicht endlos in den Raum kopieren. Vielfältige Mechanismen machen dies unmöglich und auch nicht erstrebens­wert. Diese so gedachte Stadt verkommt zur Kulisse. Und zwar u.a. an der Stelle, wo die Wohneinheiten sich nicht mehr über gemischt genutzte Gewerbeflächen in den Erdgeschosszonen versorgen, wo die Trennung von Öffentlich und Privat nur noch durch den Hoheitsanspruch der Parzelle in Form einer Gated Community ausformuliert wird. Für die Lehre an den Hochschulen bedeutet dies, dass die Architektur vom Stadtraum her gedacht werden muss – „Die Stadt zuerst!“. Mit diesem Ausspruch liegen die „Kölner Kollegen“ richtig. Ich befürchte nur, sie meinen etwas anderes ...
Volker Kleinekort, Wiesbaden
Positionspapiere Stadt
Beide Papiere erkennen die Stärken der Stadt und die Klemmen der Jetzt-Zeit, und beide formulieren Wege, wie es auf jeden Fall nur besser werden kann als es ist. Das Einmaleins des Städtebaus: Geschichte, Architektur, Dichte, Klimawandel, Teilhabe – ja! Es müsste aber auch ein gemeinsames Verständnis vorherrschen, was das im Sinne der Städte umfasst und was nicht. Im Ergebnis wäre es schön, wenn die zukünftigen Absolventen sich gegenseitig verstehen und ein prinzipielles Grundverständnis von (europä­ischer) Stadt haben und sich nicht zu allererst an ihren hier und dort gelehrten Nuancen zer­reiben. Kann es ein gültiges Einmaleins geben, eine „Stadt-Erklärung“ oder sogar eine „Charta“?
Wer sind denn heute die Hauptverantwort­lichen, wenn es um Stadtbau geht? Ich fordere mehr Teilhabe für die Stadtverwaltungen! Wie kann denn eine lebendige Stadt entstehen, wenn man Investment AGs & Co. die Regie überlässt? Arbeiten dort später unsere Städtebauer und wenn ja, vertreten sie dann noch die Lehre? In der Stadtplanung von heute zählen andere Para­meter. Deshalb: Stadtentwicklung zurück in die Hände der Stadt! Um die Voraussetzungen zu schaffen, gehört das Thema in die Ausbildung.
Gregor Schneider, Leipzig

Unter uns

Jetzt haben wir zwei weitgehend richtige Erklärungen, beide von namhaften Architekten und Stadtplaner unterzeichnet, die scheinbar im Widerspruch stehen. Tun sie aber nicht. Warum gibt es nicht nur eine Erklärung, die die beiden Protagonisten zusammen erstellt haben. Eine, die so klar und kurz formuliert ist, dass auch andere, außerhalb des jeweiligen Dunstkreises,
Interesse daran haben, sie zu lesen. Das geht, wenn man miteinander auslotet, ob die eine oder andere Erklärung nicht um Positionen erweitert werden könnte, die es möglich macht, dass beide „Lager“ diese unterschreiben.
Boris Schade-Bünsow, Berlin

Fachlich richtig

Wo ist denn nun das Problem, lieber Boris Schade-Bünsow? Es wird eine Fachdebatte in einem Fachmedium geführt. Die Diskussion über die beiden Papiere weist dann eventuell in Richtung gemeinsamer Haltungen. Vielleicht ist eine gemeinsame Haltung aber nicht nötig und gar nicht sinnvoll. Denn man sollte den Städtebau min­destens so wichtig nehmen wie zum Beispiel die Medizin. Und da sind Lagerdiskussionen an der Tagesordnung.
Frauke Burgdorff, Bonn

Stadt zuerst

Der Ruf aus Köln nach einer alle Teilaspekte umfassenden Städtebaulehre erinnert mich an die Klagerufe meiner Professoren in den sechziger Jahren. Die Hoffnung auf eine Welt, worin ein gestalterisches Genie die Harmonie der alten Stadt wiederbringen könnte. Doch dieses Städtebau-Genie
ist auch mit umfassender Ausbildung nicht zu haben. Denn es ist gerade umgekehrt: Stadt/Stadtbau zuletzt! Erst, wenn eine Fachplanungs-Mo­deration die Problematik beschreiben kann und die Öffentlichkeit die Kriterien erlernt hat, kann die Kommunalpolitik entscheiden und, wenn nötig, Architekten dazu beauftragen. Die Zeit des Städtebaus ist vorbei. Die Lehre unter diesem Titel sollte eine Lehre vom Stadterhalt werden. Dazu
muss man forschen und lehren, wie eine Stadt, eine Kleinstadt, ein Dorf lebt, was sie am Leben erhält und was sie krank macht: eine Art Stadtmedizin-Studium. Und das erfordert nicht nur viele Fachdisziplinen, sondern auch das Wissen der Bewohner selbst und ein Wissen davon, wie
all dieses Wissen zusammengebracht, moderiert werden kann. Die Komplexität dieser Aufgabe ist in „100% Stadt“ sehr gut dargelegt. Das aus
einer Indu­strieanlage entstandene Stadtregal in Ulm, das nach Bürgerentscheid frei zu haltende Tempelhofer Feld in Berlin, das krisenresiliente Dorf Marinaleda in Südspanien: Das wären beispielhafte Lehrstücke einer solchen „stadtmedizinischen“ Lehre, einer Lehre mit vielen Fachaspekten. Aber die damit verbundenen Bauaufgaben kann man nach derartiger „stadtmedizinischer“ Vorbereitung getrost den Architekten überlassen. Dafür braucht man keine „Städtebauer“.
Michael Wilkens, Kassel

100% Stadt zuerst

Der zentralste Aspekt im Städtebau ist die Haltung oder Position, die man einnimmt. Was will man bewirken? Die Antwort darauf nützt nichts, wenn man sich nicht der Frage stellt, wie man die formulierten Ziele auch erreicht. Welche Allianzen gilt es mit welchen Akteuren zu bilden, um die Realisierungschancen zu verbessern. Es gilt: Wer nicht versteht, respektive verstehen will, wie „Stadt“ wird, kann auch nicht raumwirksam an ihrer Qualifizierung arbeiten. Das bedeutet: „Bloße“ Mitwirkung führt genauso wenig zu einem Resultat wie „bloßes“ Hochleben vergangener Zeit – und wenn dann nur als Krücke. Idealismus benötigt also immer auch Realismus – und umgekehrt. Die Lehre, die sich nur ideengeschichtlich mit „Stadt“ beschäftigt, ist irrelevant.
Stefan Kurath, Zürich

Kölner Erklärung ist menschenleer

Der Text ist menschenleer, na gut, einige verwirrte Planer huschen durch die Szene, ein Verkehrsplaner zum Beispiel, der schon vor dem Frühstück zwei Stadtautobahnen durch die Innenstadt gezimmert hat. Aber anson­sten, gähnende Leere, und man fragt sich, für wen diese „Zuerststadt“ eigentlich gebaut werden soll. Das scheint den Schreibern nicht so wichtig, solange die Mittel für den Zweck stimmen: X mal Y und schon ist die City beautiful. Dieses kleine „Einmaleins des Städtebaus“ ist aber eine sehr
enge und sehr begrenzende Auslegung der urbanistischen Mathematik, die, wenn überhaupt, nur in der Kernstadt aufgehen kann. Schon in der Anwendung auf den Nachkriegsstädtebau wird sie falsche Ergebnisse liefern. Und, wie sollen „Straße, Platz, Block und Haus“ erst dazu beitragen, beispielsweise eine stadtnahe Einfamilienhaussiedlung aus den sechziger Jahren auf Vordermann zu bringen? Wie lässt sich damit die Zwischenstadt beglücken oder eine schrumpfende Stadt zurecht rechnen? Städtebau und das kleine „Einmaleins“ also nur für die kleine, zurechtgestutzte Stadt? Das ist schon eine recht exklusive wie explosive Formel. Wer allein die Kernstädte aufwertet,
ohne über Steuerungsmöglichkeiten der Reurbanisierung nachzudenken, handelt verantwortungslos und schickt die kleinen Leute in die städtebauliche Wüste.
Die Stadt von morgen, für die wir ausbilden sollten, muss, schon aus ökologischen Gründen, die gesamte Stadt von heute umfassen. Das Bewusstsein für diese Transformation zu schaffen und dafür, dass sie dauerhaft sein wird und sozial gerecht ablaufen muss, ist eines der größten politischen Projekte unserer Zeit und vermutlich unser neues städtebauliches Leitbild.
Stadt ist als integriertes und integrierendes System zu behandeln und zu gestalten. Städtebaugeschichte ist eine zentrale Ressource für den Umgang mit den einzelnen Stadtgliedern. Ein guter Städtebau kann nur im Austausch mit Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Umweltfragen gelingen, steht latent hinter jeder Zeile eine Haltung, über die ich mich empöre: Hinter der Kölner Erklärung steht das Modell des ganz neuen, ganz alten Frankfurt, das heute, in Anbetracht der Städtebaugeschichte dieser Stadt, unfassbar unpolitisch und oberflächlich daherkommt. – Nein, diese Suppe ess ich nicht.
Stefan Rettich, Hamburg

Affirmation auf der einen, Sehnsucht nach Ordnung auf der anderen Seite

Die Kölner Erklärung ist beseelt von der alten Sehnsucht nach eindeutiger Ordnung, die das Flickwerk heutiger Städte nur als defizitären Raum begreifen kann. Die „Schönheit der Stadt“ wird mit grafischen Souvenirs aus der Vergangenheit und vordemokratischen Städtebautraditionen beschworen – soweit also nicht Neues. „Straße, Platz, Block, Haus“ sind kleines Einmaleins, das stimmt, aber eben auch nicht mehr. Für heutige Städte, ihre Muster, ihre Brüche, ihre Polyrationalitäten reicht das nicht. Da braucht es, um im Bild zu bleiben, höhere Mathematik.
Das andere Papier, „100% Stadt“, wirkt an manchen Stellen zu affirmativ – nicht alles, was widersprüchlich, vielfältig oder kompliziert ist,
ist auch gut, interessant und lebenswert –, aber es wirft die interessanteren Fragen auf. Wie geht emanzipatorischer Städtebau? Wie muss sich das Gestaltungsrepertoire europäischer Stadtlandschaften verändern? Denn Stadtgrundrisse, die ein ums andere Mal überschrieben werden, wie ein Palimpsest, sind ungleich komplizierter als (gründerzeitliche oder moderne) Stadterweiterungen. Tatsächlich bringen viele städtische Transformationsprozesse nicht nur programmatische Neuerungen, sondern auch einen Formwandel des Städtischen mit sich. Das löst zunächst Unsicherheit, Ungewissheit (und manchmal eben auch Retromanie) aus, weil gängige Raumstereotypen infrage gestellt werden und der herkömmliche Städtebau hat darauf noch keine Antwort, weil er nur mit diesen bekannten Stadtraumstereotypen operiert. Interessant für die künftige Städtebauausbildung ist also nicht die Forderung nach einem „umfassenden Städ-tebau“ – sie hat es auch in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Interessant ist die Frage, wie der Städtebau zu einem zeitgemäßen Gestaltungsrepertoire und neuen Stadtraumtypologien kommt.
Dirk E. Haas, Essen

Kölner Erklärung? Aachener Polemik!

In guter Tradition Kölner Erklärungen haben sich diesmal nicht aufgebrachte Katholiken – wie zunächst vermutet – gegen den autoritären Führungsstil ihres Papstes gewandt, sondern neun „hochrangige“ Vertreter der planenden Zunft beklagen den Zustand unserer Städte. Die Stadträume waren noch nie so armselig – so ihre Analyse. Dazu werden die Schul-
digen präsentiert: die „Stadt-Planenden“, denen die „vormals vorhandene Kompetenz des Städtebauers“ abhanden gekommen sei, weil die in den heutigen Studiengängen der einschlägigen Fachdisziplinen nicht mehr vermittelt werde.

Die mit über vierzig Jahren immer noch recht junge Disziplin der Stadtplaner hat sich von jeher schwer getan mit ihrer Außendarstellung. Die Kölner Erklärung, die der Journalist Gerhard Matzig in seinem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung irgendwo zwischen „Bankrott- oder Kriegs-erklärung“ einordnete, erweist der Stadtplanung als Profession einen Bärendienst. Permanente Reflexion und notwendige Positionsbestimmung, ausgelöst durch neue Herausforderungen in der Stadtentwicklung und veränderte Rahmenbedingungen, halten wir für eine Pflichtübung all derer, die Verantwortung übernehmen in der Ausbildung von Studierenden. Nicht dass es keine Anlässe gäbe, über das Berufsbild und die Ausbildung von Stadtplanern nachzudenken oder auch zu streiten. Aber wir möchten ernsthaft bezweifeln, ob sich eine Erklärung und ein verklärender Blick zurück auf das überholte Rollenbild „eines gestaltenden Stadtbaumeisters“, das wir zwischen den Zeilen lesen, als hilfreich erweisen.
In der Kölner Erklärung heißt es: „Die Bürger […] erhielten noch nie so wenig städtebauliche Qualität.“ Mit anderen Worten: Früher war alles besser, heute ist es gar am schlimmsten. Es ist kaum nachvollziehbar, warum sich die Verfasser in solch haltlose Pauschalisierungen verstricken. Was waren denn die „guten alten Zeiten“, als „städtebaulich“ scheinbar noch alles im Lot war? Die Gründerzeit? Oder doch das noch gar nicht so weit zurück liegende 20. Jahrhundert? Sind die dreißiger Jahre oder die fünfziger und sechziger Jahre gemeint, als das Leitbild der gegliederten und aufgelockerten Stadt mit der funktionsgetrennten und autogerechten Stadt vermählt wurde und die Flächensanierung den Rest zu zerstören versuchte, den die Weltkriegsbomben nicht mehr geschafft hatten? Vielleicht meinen die Verfasser eher die siebziger Jahre, als in den Großwohnsiedlungen am Stadtrand „lebendige“ Stadtquartiere entstanden. Möglicherweise sind auch die postmodernen achtziger Jahre gemeint, als rückwärtsgewandte Ästhetisierungen in Mode kamen, deren Auswüchse bis
in die Gegenwart vielerorts stadtbildprägend sind. Entstehen lebenswerte Stadträume wirklich durch die Weisheit, den Gestaltungswillen und die Schaffenskraft, also durch die „vormals vorhandene umfassende Kompetenz des Städtebauers“? Wir hielten das „Gott-Vater-Modell“ der Planung für ein mittlerweile ebenso abgedroschenes wie billiges Klischee – hier jedoch feiert es fröhliche Urständ. Wenn es einen Mangel in der Fachausbildung zu beklagen gibt, dann eine nach wie vor eher zu gering ausgeprägte Vermittlung von Planungsgeschichte und von Verständnis für die Prozesse der Stadtentwicklung. Ohne die Kenntnis von komplexen Akteursstrukturen, ohne das Wissen um Entscheidungsprozesse in und außerhalb der politischen Systeme, ohne die Sensibilisierung für die Interessen und Belange einer sich weiter ausdifferenzierenden Stadtgesellschaft entsteht ein auf fatale Weise überhöhtes Bild von den vermeintlich grenzenlosen Möglichkeiten planerisch-gestalterischer Einflussnahme. „Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Umwelt“ sind keine unter der Überschrift „lebendige Stadt“ zu subsumierenden Nebenaspekte einer zukünftigen Planer-/Städtebauerausbildung. Wüsste man nicht, wer dieses Papier verfasst hat, könnte man an dieser Stelle nun lange weitere Ausführungen über die Machtverhältnisse bei der „Produktion von Stadt“, über Planungs- und Steuerungsverständnis, Entwicklungslinien des Städtebaus, die Ein­bindung von Nutzern und zivilgesellschaftlichem Engagement folgen lassen. Schon klar, dass die Verfasser der Kölner Erklärung – wider besseres Wissen – bewusst verkürzen und letztlich auf das städtebauliche Gestalten und Entwerfen in den einschlägigen Studiengängen als Kernkompetenz abheben. Als Nebenprodukt wird noch ein Schuss „Interdisziplinarität“ dazu gegeben – schon immer Kernkompetenz von Stadtplanern. Über Sinn und Absicht dieser Attacke gegen die eigene Zunft ließe sich an dieser Stelle nur spekulieren. Jedenfalls dachten wir, dass alte Grabenkämpfe zwischen Entwerfern und Planern, Gestaltern und Moderatoren sowie Dispute um die wahren Kernkompetenzen längst überwunden seien. Über vierzig Jahre nach der Gründung der grundständigen Stadtplanerstudiengänge sind wir eigentlich davon ausgegangen, dass ein inzwischen anerkannter Berufsstand mit etablierten Ausbildungsgängen, erheblicher Forschungsleistung, breiter praktischer Kompetenz und engagierter berufsständischer Vertretung sachlich und souverän nach innen und nach außen über Neubestimmung und Weiterentwicklung diskutieren kann.
Generationenübergreifende Polemik von Ulrich Berding (42), Gerhard Fehl (80), Barbara Koller (38), Moritz Mechtel (24) und Gisela Schmitt (58) Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung, Fakultät für Architektur, RWTH Aachen

Kompetenzen weggespart

Beide Erklärungen kommen mir vor wie vom andern Stern. Als ob „Stadt“ begrifflich wie ein Kollektivsingular geklärt sei und sich obendrein noch von dafür ausgebildeten Menschen „planen“ und „gestalten“ ließe. Wenn erst von Gregor Schneider in der Diskussion auf die Relevanz der Immo­bilienwirtschaft hingewiesen wird, die Politik und Planung an der Nase
herumführt, erkennt man die Weltfremdheit beider Erklärungen. So höre man Gesprächen an den Ständen der Mipim oder Expo Real zu. Oder plaudere mal mit Investment-Bankern. Oder durchforste mal das Portfolio
eines Immobilienfonds ...
Dieser Tage schlägt eine Idee von Peter Conradi, einem alten Hasen in der Baupolitszene, Wellen: Er schlägt einen „Stuttgart-Immobilienfond“ vor, um das Bauherren-Problem anzugehen. Damit charakterisiert er einen gemeinnützigen Fond für Bauten nur in Stuttgart, der seine Anteile nur an Stuttgar-ter verkauft, denen – davon darf man ausgehen – ihre Stadt etwas wert ist.
In den einst vorbildlich arbeitenden Planungsämtern sind Kompetenzen weggespart und Zuständigkeiten aufgegeben oder absurd verlagert worden. Nun merkt man auf ein Mal, dass das System nicht mehr funktioniert und hofft, wenn Fach­leute und Laien, Idealisten und Pragmatiker, Helden und Schurken nur artig miteinander reden und beraten, werde alles gut?
Nein, es sieht nicht gut für gebaute Umgebung aus, wenn die alten Wachstumsideologien in der Wirtschaft dominieren wie weiland in früheren Jahrhunderten. Wenn deswegen dem wachsenden Verkehr nur herkömmlich hinterher-
organisiert wird. Wenn die Bau- und vor allem die Dämmindustrie das Ohr der Politik hat, um die Energiewende hinzukriegen. Wenn die Bürgermeister ihre Stadtgebiete in investmenttaugliche Riesen­stücke zerreißen und den Bestand bedenkenlos aufgeben.
Ursula Baus, Stuttgart

Bitte etwas konkreter!

Die Worte beider Papiere sind wohlgemeint, leider fehlen der tiefe Blick in die Hochschulen und konkrete Vorschläge für Änderungen im Curriculum. Brauchen wir nur kluge Worte und Allgemeinplät-ze oder werden auch konkrete Konzepte erarbeitet und vorgestellt? Übrigens wurden ergänzend zu Stelleneinsparungen in den Stadtplanungsämtern in den letzten zehn Jahren die Fachbereiche für den Städtebau/Stadtplanung zugunsten der Lehrgebiete Bauökonomie und Ressourcenschonendes Bauen entsprechend der aktuellen Rendite und WDVS-Studien zurückgestutzt. Unter dem Druck, die angeblich wichtigsten Inhalte in sechs Bachelor-Semestern unterzubringen, scheinen Kenntnisse um Abstandflächen und Zulässigkeiten von Nutzungen zu einem Fachwissen von Spezialisten zu werden, obschon sie Architektenalltag sind. Zusätzlich braucht es aber auch Übung, um zu erkennen, dass rechtliche Anforderungen und Gestaltqualität in allen Maßstäben keinen Gegensatz ausbilden, sondern inte­grierend zu betrachten sind. Das braucht Zeit und Raum im Studium – Training in interdisziplinären Projekten im Hoch- und Städtebau, die in der Regel alle thematischen Schwerpunkte der beiden Thesenpapiere ohnehin längst beinhalten!
Veronika Howe, Detmold

Die kompakte Stadt ist nicht von gestern

Die Kölner Erklärung hat einzig und allein die Städtebau-AUSBILDUNG zum Thema – nicht den Städtebau allgemein. Die Verfasser sind sich mehr als bewusst, dass zur Lösung unserer aktuellen Städtebauprobleme es
vor allem politischer, ökonomischer, sozialer, rechtlicher, organisatorischer und anderer Veränderungen und Strategien bedarf – aber die Ausbildung
ist auch eine kleine Schraube, an der gedreht werden muss. Wir schrieben nur über Äpfel, ihr aber über den ganzen Obstkorb: Kein Wunder, dass
da vieles aneinander vorbeigeht bzw. sich zwang- und widerspruchslos ergänzt!
Hinter dem ganzen Wortnebel gibt es aber Konturen von Argumenten, die eine Debatte wert sind. Die letzten 10% des „100% Stadt“-Papiers handeln dann tatsächlich von der Ausbildung. Aber was hier gesagt wird, zeigt die ganze Problematik. Es reicht eben nicht aus, dass Planer versierte Kommunikatoren und Moderatoren in den Aushandlungsprozessen der Stadt sind. Wohlverstanden: Das müssen sie AUCH sein, aber sie müssen EBENFALLS eine städtebauliche Zielvorstellung und ein städtebauliches Fachwissen besitzen – sonst bräuchten sie gar nicht erst anzutreten. Darum geht es, das fehlt, das brauchen die Stadtplanungsämter nach eigenen Aussagen am dringendsten, das muss gelehrt werden! Vier Punkte möchte ich grundsätzlich hervorheben:
1. Es geht nicht um einen Gegensatz von Stadtplanung und Architektur: Die Defizite bestehen auf beiden Seiten und die Frontlinien verlaufen eher innerhalb der Disziplinen. Kurz: Jeder Stadtplaner braucht Architektur­wissen, denn Stadt ist immer auch gebaute Stadt. Jeder Architekt braucht Stadtwissen, denn die meisten Bauten stehen im städtischen Kontext. Das muss an den Hochschulen gelehrt werden.
2. Es wird gesagt, das kleine Einmaleins des Städtebaus beschäftige sich nur mit den Innenstädten. Unfug! Erstens sind diese sehr unterschiedlich, und zweitens bedürfen gerade die mindestens ebenso diversen Zwischen- und Randgebiete der Städte eine städtebauliche Herangehensweise. Dort darf eben nicht nur der Verkehrsplaner oder der Privatinvestor sein Einzelinteresse durchdrücken, auch dort muss eine gute und schö-
ne gebaute Umwelt entstehen. Auch die allgemein beklagten Einfamilien­haus­siedlungen etwa bestehen aus Straße, Platz, Block und Haus – nur meistens schlecht gemacht. Da würde städtebauliches Wissen schon weiterhelfen.
3. Es wurde gesagt, kompakte Stadt mit Straße, Platz, Block und Haus sei von gestern – heute sei alles anders und erfordere neue zeitgenössische Raumkonfigurationen. Ein Argument, das nur bringen kann, wer in seiner geschichtsvergessenen, ewig gegenwärtigen Planerwelt lebt! Wenig ist in der menschlichen Kultur so stabil wie die gebaute Stadt. Das allermeiste der heute genutzten und funktionierenden Stadtfigurationen ist Jahrzehnte oder Jahrhunderte alt. Städtebau wird nicht jeden Montag nach der neuesten Mode neu erfunden – es kommt im besten Falle einmal eine kleine Veränderung hinzu. Und die größten Innovationen produzierten im letzten Jahrhundert auch die größten Fehler, also Vorsicht vor der Anbetung der Innovation im Städtebau! Bitte nur so viel Selbstreflexion: Welcher
Bestandteil der heute gut funktionierenden und als schön angesehenen Stadträume stammt aus welcher Zeit? Da sehen wir sehr bald die Gegenwärtigkeit, ja Zeitgenossenschaft des Historischen im Städtebau. Das Gute und Funktionierende ist zeitgenössisch – nicht automatisch das Neue!
4. Es heißt, die Europäische Stadt sei vielfältig. Ja, die Europäische Stadt ist so vielfältig, dass ich nur von Europäischen Städten reden würde. Und
die damit oft gemeinte kompakte Innenstadt hat mit der kompakten amerikanischen Innenstadt viel mehr gemein, als mit den europäischen Vorortgebieten oder der Zwischenstadt. Aber bitte: Wenn die Rede von der Europäischen Stadt einen Sinn haben soll, dann muss diese auch ein Wertbegriff sein. Dann kann man nicht über alles die Schokosoße gießen und dabei auch noch die rosa Brille aufsetzen und die Autobahn ebenso schön finden wie den Boulevard, das Gründerzeitquartier ebenso at­trak-
tiv wie die Großwohnsiedlung, die Shoppingmall ebenso urban wie
die Ladenstraße.
Wolfgang Sonne, Dortmund

Kein richtiges Leben in der falschen Stadt?

Die Akteure der Kölner Erklärung schreiben ein Plädoyer für eine aktivere, bewusstere Gestaltung des Stadtraums seitens der öffentlichen Hand und erkennen das Wissen um architektonische Morphologie und Stadtgeschichte als Richtgröße, um die Verhandlungsspielräume stadtplanender Verwaltungsbeamter zu stärken. Das ist vorbildlich. Jenseits von Prestigeprojekten steht insbesondere die Gestaltung des öffentlichen Raumes
oft genug am Schlusslicht der stadtplanerischen Nahrungskette – man denke an diverse Bahnhofsvorplätze in Deutschland, wo auch in den zen­tralsten urbanen Lagen eine Richtgröße wie „Aufenthaltsqualität“ ein
blinder Fleck der Verhandlung ist.
Unklar ist jedoch, weshalb dieses Wissen zwangsläufig dazu dienen muss, ein vorab festgelegtes Einmaleins der Form zu lernen und zu reproduzieren, so als gäbe es anthropologische Konstanten der städtebau­lichen Form, und seien Architektur und Stadt eine Sprache, die nur auf eine Weise gesprochen werden darf, um das Glück ihrer (Innenstadt-)Bewoh-
ner zu garantieren – und als gäbe es keine anderen adäquaten Lösungen, mit Stadtraum formal umzugehen als mit Raumschachteln. Das einseitige Plädoyer für die Formen der vorindustriellen Stadt und die Stadt der Gründerzeit ist ahistorisch: Es schließt die Moderne als elementaren Teil der Stadtgeschichte aus, es verneint die Brüche und Entwicklungen, durch die sich die kompakte Stadt seit der Industrialisierung um 1800 geöffnet hat – und es projiziert auf die Menschen, die das Unglück haben, in der falschen, d.h. nicht „lebenswerten Stadt“ zu leben, die Selbstverantwortung des
falschen Lebens. Ein zeitgemäßes Wissen über Stadtgestalt sieht anders aus und schließt viele verschiedene Möglichkeiten ein.
Anne Kockelkorn, Berlin

Kölner Erklärung

Erstaunlich, dass eine „Erklärung“ so viel Erklärung braucht! Sollte sie sich nicht vielmehr selbst erklären? Handelt es sich in der Tat um eine Erklärung, die „einzig und allein die Städtebau-AUSBILDUNG zum Thema – nicht den Städtebau allgemein“ zum Inhalt hat? „Deutschland war noch nie so wohlhabend, seine Stadträume aber noch nie so armselig.“ Ist diese Pauschalkritik auf die Städtebau-AUSBILDUNG zurückzuführen? Welche Selbstüberschätzung! Es verwundert schon, dass ausgerechnet Hochschullehrer, die jahrzehntelang Verantwortung für die Ausbildung von Studierenden verschiedener städtebaulicher Fachdisziplinen trugen, nun
gegen oder nach Ende ihres Wirkens in Deutschland einen Mangel an „städtebaulich befähigtem Personal“ konstatieren und sogar ein „historisches Minimum an städtebaulicher Qualität“.
Christa Reicher, Aachen

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