Dialog extrem
Bauwelt-Redakteurin Doris Kleilein war schon oft an der TU Berlin, aber hat sich noch nie so gut unterhalten wie bei "Miete und andere Missverständnisse"
Text: Kleilein, Doris, Berlin
Dialog extrem
Bauwelt-Redakteurin Doris Kleilein war schon oft an der TU Berlin, aber hat sich noch nie so gut unterhalten wie bei "Miete und andere Missverständnisse"
Text: Kleilein, Doris, Berlin
Podiumsdiskussion. Symposium. Woran denken Sie bei diesen Wörtern? Fallen Ihnen die Augen zu? Sehnen Sie sich nach einer Fernbedienung, um von einem „hochkarätigen Referenten“ zum nächsten zu zappen? Würden Sie auch gerne etwas sagen, aber sind schon viel zu ermattet? Über Stadtentwicklung wird viel gesprochen, es werden neue Strategien und vor allem Partizipation gefordert, doch die Gesprächsformate bleiben konventionell. Die letzte Entwicklung auf diesem Gebiet war vermutlich das „Pecha Kucha“-Format Ende der 90er Jahre. Doch jetzt, aufgewacht, hat ausgerechnet die TU Berlin ein neues Format auf den Markt geworfen: „Dialog extrem“. 40 ExpertInnen sitzen an 40 Tischchen mit 40 Lämpchen und wollen sich über „Miete und andere Missverständnisse“ unterhalten. Sie wollen sich wirklich unterhalten! Die BesucherInnen kaufen für einen Euro ein Ticket und erfahren erst dann, mit wem sie plaudern dürfen. Ich hatte das Vergnügen mit Antje Grabenhorst von der IG Groka („Der Bund verzockt unseren Wohnraum“), am Nebentisch sprach weit nach vorn gebeugt Jean-Philippe Vassal („Every flat should be like a villa“), hinter mir saß der Stadtindianer Hinrich Baller („Bezahlbarer Wohnraum – organisch“). Ein babylonisches Themengewirr stieg hinauf in die Glaskuppel des Lichthofes, unter der die Tische im demokratischen Raster standen, und machte Appetit auf mehr: Mit wem würde man sich nicht gerne mal unterhalten? Nach 25 erstaunlich rasch vergehenden Minuten lief der Countdown ab: Der Nächste, bitte! Das Beste an diesem Format: Wer lieber im Hintergrund blieb, konnte sich per Audioguide von Tisch zu Tisch klicken und den Gesprächen der anderen lauschen. Es war, um die einführenden Worte von Prof. Jörg Stollmann zu wiederholen, die am professionellsten organisierte Veranstaltung, die je an der TU Berlin stattgefunden hat! Damit lobte er nicht etwa sich selbst, sondern openberlin e.V. und eine Handvoll Studierende, die das akademische Speeddating zwar nicht erfunden, aber gut kopiert haben: Angehörige einer Generation, denen gemeinhin politisches Desinteresse und Daddelei an elektronischen Geräten nachgesagt wird. Von wegen!
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