Goethehöfe überarbeitet
Auf dem Areal neben dem Goethehaus in Frankfurt am Main sollen das Deutsche Romantik-Museum und Wohnungen gebaut werden. Im Juni des Jahres hatte die Jury des Wettbewerbs drei 2. Preisträger in die Überarbeitungsphase geschickt. Diese ist nun abgeschlossen. Dem Wettbewerbswesen erwies das Verfahren allerdings keinen Dienst.
Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main
Goethehöfe überarbeitet
Auf dem Areal neben dem Goethehaus in Frankfurt am Main sollen das Deutsche Romantik-Museum und Wohnungen gebaut werden. Im Juni des Jahres hatte die Jury des Wettbewerbs drei 2. Preisträger in die Überarbeitungsphase geschickt. Diese ist nun abgeschlossen. Dem Wettbewerbswesen erwies das Verfahren allerdings keinen Dienst.
Text: Santifaller, Enrico, Frankfurt am Main
„Da die Überarbeitung nur im engen Dialog zwischen Architekten und Nutzern gelingen kann, beschließt das Preisgericht, das Wettbewerbsverfahren abzuschließen.“ So lautet das Protokoll der Preisgerichtssitzung vom 25. Juni dieses Jahres zum Einladungswettbewerb „Goethehöfe – Deutsches Romantik-Museum Frankfurt am Main“. Die 14-köpfige Jury hatte drei 2. Preise gekürt (Christoph Mäckler, Landes + Partner und Staab Architekten) und empfohlen, die Entwürfe „unter Berücksichtigung der in den Beurteilungen enthaltenen Kritikpunkte sowie weiterführender Beurteilungen seitens der Nutzer überarbeiten zu lassen“ (Bauwelt 32.2014). Am 24. September bewertete das auf zwölf Personen verkleinerte Preisgericht die Überarbeitungen. Jurymitglieder waren unter anderem: Frank Junker, Geschäftsführer der auslobenden städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding; Anne Bohnenkamp-Renken, Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts und künftige Betreiberin des Romantik-Museums; Carl-Ludwig von Boehm-Bezing, der Vorsitzende des Hochstift-Verwaltungsausschusses; Vertreter des Landes Hessen und des Bundes, die den Bau des Museums mit jeweils vier Millionen Euro unterstützen; der Frankfurter Planungsdezernent, der Kulturdezernent – und mit Nikolaus Hirsch und Ferdinand Heide gerade einmal zwei Architekten, die allerdings beide wegen Auslandsaufenthalt bzw. Krankheit bei der Sitzung nicht anwesend waren (Heides Votum verlas Bohnenkamp-Renken). Nach der jeweils halbstündigen Entwurfsvorstellung der drei Preisträger und „intensiver Diskussion“ befand diese Jury „einstimmig“, wie es in der Pressemitteilung heißt, „dass die Entwürfe des Büros von Prof. Mäckler und vom Büro Landes und Partner die besten Lösungen aufzeigen. In einer Planungsgemeinschaft soll auf der Grundlage des funktional überzeugenden städtebaulichen Konzeptes des Büros Landes (…) das Gesamtensemble realisiert werden. Aufgrund der im Detail stimmigen und überzeugenden Planung des Romantik-Museums im Entwurf von Prof. Mäckler soll dieser im Rahmen der Planungsgemeinschaft die weitere Planung für den Teil des Museums übernehmen.“
Weil das Preisgericht im Juni entschieden hatte, das Wettbewerbsverfahren abzuschließen, ist die ABG nicht verpflichtet, das Protokoll der September-Sitzung zu veröffentlichen. Und das tut sie auch nicht. Diese Intransparenz reiht sich ein in weitere merkwürdige Entscheidungen, sodass selbst von der ABG und vom Hochstift hinzugezogene externe Gutachter das Verfahren als „unglücklich“ bezeichnen. So wurde zum Beispiel schon zu Anfang verlangt, einen zweistufigen Wettbewerb – erst Städtebau, dann basierend auf diesem Ergebnis Architektur – auszuloben, was ABG und Hochstift „in bester Absicht“, wie ein Sachverständiger versichert, ablehnten. Man wollte die vielleicht einmalige Chance des frei werdenden Grundstücks am Großen Hirschgraben neben dem Goethehaus nutzen und darüber hinaus den Geldgebern von Bund und Land rasch ein möglichst untadeliges Ergebnis präsentieren. Dies mit Erfolg. Am 13. November beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages, den in Aussicht gestellten Zuschuss für das Romantik-Museum – vorbehaltlich der Bundestagsentscheidung – zuzusagen. Auch das Land Hessen hat die entsprechenden Gelder im kommenden Haushalt eingestellt, der im Dezember beschlossen wird.
Höfe oder Hof? Unglücklich war die Entscheidung der Jury im Juni, die Preisträger auf ihr in der ersten Phase vorgelegtes städtebauliches Konzept festzulegen. Denn die Zwei-Höfe-Lösung, damals sowohl von Mäckler als auch von Staab in Vorschlag gebracht, hatte unübersehbar – und auch vom Preisgericht bezeichnet – ihre funktionellen Schwächen. Die Besonnung der geforderten Wohnungen ist mit einem Querriegel, der bei Mäckler und Staab wesentliche Museumsbereiche aufnehmen sollte, nicht zu gewährleisten. Darüber hinaus macht der Querriegel den Umgang mit dem teilweise denkmalgeschützten Bestand nicht einfacher und führt zu kostenträchtigen Lösungen. Ein Umstand, der insbesondere Staab viele Sympathien kostete, obwohl sein überarbeiteter Entwurf, wie aus dem Umfeld der Jury zu hören war, durchaus für „sehr interessant“ gehalten wurde. Landes dagegen arbeitete seine im Juni vorgeschlagene, von der Jury als „großzügig“ gelobte Ein-Hof-Lösung weiter aus und präsentierte einen marktfähigen Wohnungsmix aus gut belichteten Geschoss-, Apartment- und Maisonette-Wohnungen.
Landes' Problem blieb aber die Fassade, die schon im Juni wegen ihrer Proportion und „Sprache“ kritisiert wurde und auch in der Überarbeitung nicht überzeugen konnte, obwohl er etwa die Überhänge des Goethehauses übernommen hatte. Die Fassadebreite ist die Konsequenz seiner Ein-Hof-Lösung und eines anderen Geschichtsverständnisses. Mäckler verschmälerte seine Museumsfassade nochmals, um so zu einer kleinteiligen Parzellierung zu kommen, die im Großen Hirschgraben in gewissen Epochen nachweisbar ist. Freilich nicht in allen. Anders Landes: In seinem Erläuterungsbericht erinnerte er an den historisch eher heterogenen Bebauungsrhythmus der Straße und verwies auf die breiteren „Offizialbauten“ in der untergegangenen Altstadt. Zwei Häuser hinter dem Goethehaus zum Beispiel lag im frühen 19. Jahrhundert der „Weiße Hirsch“ der Bankiersfamilie Gontard, bei der Friedrich Hölderlin als Hauslehrer wirkte. Dem Goethehaus „unterordnen“ will Mäckler seine Museumsfassade und verbirgt Teile des Museums hinter einer Wohnhausfassade.
Auf den Fortgang darf man gespannt sein. Mäckler muss einen Baukörper auf Landes' Footprint und damit eine weitaus breitere Fassade entwerfen. Was von der Kleinteiligkeit übrig bleibt, wird man sehen. Landes will den Cantatesaal, dessen Abriss in der Wettbewerbsauslobung noch freigestellt war, der aber nun künftig als Spielstätte der „Fliegenden Volksbühne“ dienen soll, mit Probebühne, Theaterbüro und eigener Adresse zu einem veritablen Kulturbetrieb aufwerten. Seinen „urbanen Hof“ – einer der ganz wenigen, der in der Frankfurter Innenstadt öffentlich zugänglich sein würde – will er mit Museumskaffee und Arkaden ausstatten, sodass in einem Ensemble Populär- und Hochkultur vereint scheinen.
Entscheidung nach Überarbeitung
Städtebau, Wohnungen und Integration des Cantate-Saals: Landes + Partner
Romantik-Museum: Christoph Mäckler
Romantik-Museum: Christoph Mäckler
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