Stadtentwicklung ohne Architekten?
Bauwelt-Redakteur Jan Friedrich fragt sich, was die Zusammensetzung der Referenten beim Bundeskongress Nationale Stadtentwicklung bedeuten könnte
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Stadtentwicklung ohne Architekten?
Bauwelt-Redakteur Jan Friedrich fragt sich, was die Zusammensetzung der Referenten beim Bundeskongress Nationale Stadtentwicklung bedeuten könnte
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Unter den Bundestagsabgeordneten, Oberbürgermeistern, Professoren, Ministeriumsabteilungsleiterinnen und -leitern, Ministeriumsunterabteilungsleitern, Staatssekretären, Bundesministerinnen und Ministerpräsidentinnen, die als Hauptreferenten des „8. Bundeskongresses Nationale Stadtentwicklungspolitik“ Mitte September in Essen auftraten, gab es: Juristen, Volkswirtschaftler, Gymnasiallehrer, Germanisten, Historiker, Soziologen und Raumplaner. Keinen einzigen Architekten, keine einzige Architektin.
Nun sind Jura, Volkswirtschaft, Pädagogik, Germanistik, Geschichte, Soziologie und Raumplanung ja alles ehrbare Betätigungsfelder. Und ihre Wichtigkeit für die Stadtentwicklung will man keinesfalls in Abrede stellen. Doch wie konnte man im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit auf die Idee kommen, Stadtentwicklung auf allerhöchster Ebene ohne diejenigen diskutieren zu wollen, die dem, was sich da hoffentlich in der Stadt entwickeln wird, Gestalt geben sollen?
Denkt man in der öffentlichen Verwaltung so gering über die Arbeit von Architekten, dass man ihre konzeptionellen Fähigkeiten gar nicht mehr in Anspruch nehmen möchte, sie allenfalls noch als nachrangige Dienstleister betrachtet? Das Wort Architektur nahm jedenfalls keiner der Vortragenden und Diskutanten ein einziges Mal in den Mund. Stadtentwicklung – das ist vor allem Prozess. Ein Prozess, bei dem es gelingen muss, möglichst viele Interessensgruppen mitzunehmen. „Die Bürgerinnen und Bürger“, da war sich NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ganz sicher, „wollen gehört werden!“ Aber dann?
Vermutlich ist es gar nicht Misstrauen gegen Architekten, was da in Essen zu beobachten war. In Politik und Verwaltung ist wahrscheinlich einfach die Angst vor der Materialisierung des Prozesses Stadtentwicklung – dem Bauen – und seinen Begleiterscheinungen zu groß geworden. Also diskutiert man lieber möglichst lange über den Prozess. Und das geht mit Juristen, Volkswirtschaftlern, Gymnasiallehrern, Germanisten, Historikern, Soziologen und Raumplanern besser als mit Architekten. Die wollen am Ende doch immer irgendetwas bauen.
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