Interpretation, nicht Rekonstruktion
Das neue Konzept für Haus Gropius & Co.
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Interpretation, nicht Rekonstruktion
Das neue Konzept für Haus Gropius & Co.
Text: Friedrich, Jan, Berlin
Es gibt vielleicht doch eine gangbare Möglichkeit, mit dieser eigentlich unmöglichen Aufgabe umzugehen: Wie Bruno-Fioretti-Marquez die Fehlstellen im Dessauer Meisterhausensemble ergänzen wollen.
Letztlich ist es doch immer nur eine Frage, ob der berühmte Funken überspringt, ob das eigene Bauchgefühl einem vermittelt: Da kann etwas Besonderes entstehen, etwas, dessen Werden und hoffentlich Gut-Werden man gespannt weiterverfolgen möchte. So oder so ähnlich mögen selbst viele, denen die gesamte Rekonstruktionsdebatte eher lästig ist, angesichts des Entwurfs von Kuehn Malvezzi beim Berliner Schlosswettbewerb (Bauwelt 3.09) empfunden haben. Überrascht mussten sie feststellen: Es gibt vielleicht doch eine gangbare Möglichkeit, mit dieser eigentlich unmöglichen Aufgabe umzugehen.
Einen ganz ähnlichen Eindruck hinterließ der Vortrag von Donatella Fioretti und Josè Gutierrez Marquez Mitte Juni im Bauhaus Dessau, mit dem sie ihre Herangehensweise an die geplante „städtebauliche Reparatur“ des UNESCO-geschützten Meisterhausensembles vorstellten. Seit gut sechs Jahren wird in Dessau erbittert gestritten, ob und wenn ja wie Gropius’ Direktorenhaus und die benachbarte Doppelhaushälfte Moholy-Nagy zu rekonstruieren seien (Bauwelt 14.04, 23.08, 37.09 39–40.09); beide Wohnhäuser waren gegen Ende des Zweiten Weltkriegs einem Bombentreffer zum Opfer gefallen. Ein Schweizer Architektenteam, das nach einem ersten Wettbewerb mit der Rekonstruktionsplanung beauftragt war, hat entnervt hingeschmissen.
Im kollektiven Gedächnis
Nun also Bruno-Fioretti-Marquez; das Berliner Büro wurde in einem neuen Wettbewerb ausgewählt, bei dem es – das wurde auf der Veranstaltung betont – vor allem darum gegangen war, eine Haltung zu der heiklen Aufgabe zu entwickeln und darzustellen. Und diese Haltung definierten Marquez und Fioretti ganz eindeutig: „Das Haus Gropius ist nicht mehr da, es ist weg!“ Doch obwohl physisch abwesend, sei es trotzdem anwesend: als Teil unseres kollektiven Gedächtnisses. Und man könne mit einem Neubau durchaus an den Vorgänger erinnern. Aber auf welche Weise ließe sich diese Erinnerung einschreiben? Die Arbeit des Fotografen Hiroshi Sugimoto habe ihnen weitergeholfen – seine Serie mit Schwarz-Weiß-Fotografien von Inkunabeln der Moderne. Die Bilder sind unscharf, die Häuser dennoch zu erkennen, gleichsam reduziert auf ihre formale Substanz, ihre „ikonische Qualität“. Interessanterweise hätten einige Fotos, die Lucia Moholy seinerzeit vom Haus Gropius aufgenommen hat, eine ähnliche Wirkung.
Bruno-Fioretti-Marquez planen nun also, ein Haus zu bauen, das zwar diese ikonische Qualität des Hauses Gropius transportiert, indem es dessen Kubatur sowie die Position und Größe der Fensteröffnungen wiederholt, ansonsten aber – in der extremen Reduziertheit, die die Architekten anstreben – eindeutig als neues Gebäude zu erkennen ist. Ihr Konzept sei eine Interpretation des Direktorenhauses und in keiner Weise als Rekonstruktion zu verstehen, das ist Bruno-Fioretti-Marquez ganz wichtig zu betonen. Und anders als Kuehn Malvezzi in Berlin werden sie die Tragfähigkeit ihres Ansatzes unter Beweis stellen können: 2011 soll Baubeginn sein.
Einen ganz ähnlichen Eindruck hinterließ der Vortrag von Donatella Fioretti und Josè Gutierrez Marquez Mitte Juni im Bauhaus Dessau, mit dem sie ihre Herangehensweise an die geplante „städtebauliche Reparatur“ des UNESCO-geschützten Meisterhausensembles vorstellten. Seit gut sechs Jahren wird in Dessau erbittert gestritten, ob und wenn ja wie Gropius’ Direktorenhaus und die benachbarte Doppelhaushälfte Moholy-Nagy zu rekonstruieren seien (Bauwelt 14.04, 23.08, 37.09 39–40.09); beide Wohnhäuser waren gegen Ende des Zweiten Weltkriegs einem Bombentreffer zum Opfer gefallen. Ein Schweizer Architektenteam, das nach einem ersten Wettbewerb mit der Rekonstruktionsplanung beauftragt war, hat entnervt hingeschmissen.
Im kollektiven Gedächnis
Nun also Bruno-Fioretti-Marquez; das Berliner Büro wurde in einem neuen Wettbewerb ausgewählt, bei dem es – das wurde auf der Veranstaltung betont – vor allem darum gegangen war, eine Haltung zu der heiklen Aufgabe zu entwickeln und darzustellen. Und diese Haltung definierten Marquez und Fioretti ganz eindeutig: „Das Haus Gropius ist nicht mehr da, es ist weg!“ Doch obwohl physisch abwesend, sei es trotzdem anwesend: als Teil unseres kollektiven Gedächtnisses. Und man könne mit einem Neubau durchaus an den Vorgänger erinnern. Aber auf welche Weise ließe sich diese Erinnerung einschreiben? Die Arbeit des Fotografen Hiroshi Sugimoto habe ihnen weitergeholfen – seine Serie mit Schwarz-Weiß-Fotografien von Inkunabeln der Moderne. Die Bilder sind unscharf, die Häuser dennoch zu erkennen, gleichsam reduziert auf ihre formale Substanz, ihre „ikonische Qualität“. Interessanterweise hätten einige Fotos, die Lucia Moholy seinerzeit vom Haus Gropius aufgenommen hat, eine ähnliche Wirkung.
Bruno-Fioretti-Marquez planen nun also, ein Haus zu bauen, das zwar diese ikonische Qualität des Hauses Gropius transportiert, indem es dessen Kubatur sowie die Position und Größe der Fensteröffnungen wiederholt, ansonsten aber – in der extremen Reduziertheit, die die Architekten anstreben – eindeutig als neues Gebäude zu erkennen ist. Ihr Konzept sei eine Interpretation des Direktorenhauses und in keiner Weise als Rekonstruktion zu verstehen, das ist Bruno-Fioretti-Marquez ganz wichtig zu betonen. Und anders als Kuehn Malvezzi in Berlin werden sie die Tragfähigkeit ihres Ansatzes unter Beweis stellen können: 2011 soll Baubeginn sein.
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