Bauwelt

Wir stellen uns den Krisen der Stadt

Das Chicagoer Büro Urban Lab ist bereits zum zwei­ten Mal auf der Biennale vertreten und will die Be­sucher für Umweltfragen sensibilisieren. Manche Projekte des Büros erscheinen aus europäischer Sicht vertraut, andere utopisch. Leichtfüßig verknüpfen sie Wasserkläranlagen und die Ideen von Superstudio.

Text: Albani, Julia, Berlin/Lissabon

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    Sarah Dunn, Professorin an der University of Illinois, gründete 2000 mit Martin Felsen das Büro UrbanLab in Chicago.
    Foto: Architekten

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    Sarah Dunn, Professorin an der University of Illinois, gründete 2000 mit Martin Felsen das Büro UrbanLab in Chicago.

    Foto: Architekten

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    Installation „Filter Island“: eine Naturkläranlage für den Michigansee in Chicago
    Foto: David Schalliol

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    Installation „Filter Island“: eine Naturkläranlage für den Michigansee in Chicago

    Foto: David Schalliol

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    Die Straße der Zukunft, nicht nur in China? Öko-Boulevards mit Grünflächen, Radwegen, Wasserläufen und turmartigen Bauwerken, in denen Wasser gereinigt wird.
    Abbildung: Architekten

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    Die Straße der Zukunft, nicht nur in China? Öko-Boulevards mit Grünflächen, Radwegen, Wasserläufen und turmartigen Bauwerken, in denen Wasser gereinigt wird.

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    UrbanLab schlagen vor, Industriebetriebe, die viel Wasser verbrauchen, aus dem trockenen Süden der USA in den Norden an die „Great Lakes“ umzusiedeln.
    Abbildung: Architekten

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    UrbanLab schlagen vor, Industriebetriebe, die viel Wasser verbrauchen, aus dem trockenen Süden der USA in den Norden an die „Great Lakes“ umzusiedeln.

    Abbildung: Architekten

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    Industriebrachen wie am Michigansee in Chicago sollen zu „Free Water Districts“ mit natürlichen Kläranlagen umgestaltet werden.
    Abbildung: Architekten

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    Industriebrachen wie am Michigansee in Chicago sollen zu „Free Water Districts“ mit natürlichen Kläranlagen umgestaltet werden.

    Abbildung: Architekten

Wir stellen uns den Krisen der Stadt

Das Chicagoer Büro Urban Lab ist bereits zum zwei­ten Mal auf der Biennale vertreten und will die Be­sucher für Umweltfragen sensibilisieren. Manche Projekte des Büros erscheinen aus europäischer Sicht vertraut, andere utopisch. Leichtfüßig verknüpfen sie Wasserkläranlagen und die Ideen von Superstudio.

Text: Albani, Julia, Berlin/Lissabon

Einen offenen internationalen Austausch ins Zentrum der Vereinigten Staaten zu bringen – das wünschen sich die Kuratoren der diesjährigen Architekturbiennale. Wie sehen Sie das als lokales Büro? Was tragen Sie dazu bei?
Sarah Dunn Wir versuchen, das Biennale-Pub­likum in einen Dialog über Umweltfragen zu verwickeln. Unsere Installation „Filter Island“ auf der ersten Architekturbiennale im Jahr 2015 befasste sich mit dem Problem der allgegenwär­tigen, jedoch offenbar kaum wahrgenommenen Wasserverschmutzung. Das verunreinigte Wasser des Michigansees wird in einer Art Freizeitpark gefiltert, der wie eine natürliche Landschaft erscheint, direkt gegenüber von Chicagos Downtown. Unser aktuelles Projekt zeigt, wie ein moderner, urbaner Lebensstil in einer nur leicht veränderten natürlichen Landschaft funktionieren könnte. Die diesjährigen Kuratoren haben uns gebeten, im Rahmen der Installation „Horizontal City“ ein für uns wegweisendes Projekt der Architekturgeschichte zu wählen und es neu zu interpretieren. Wir haben uns für „Life (Supersurface) – The Encampment“ von Superstudio aus dem Jahr 1971 entschieden. Superstudio hat diese Landschaft in den späten Sechziger Jahren entworfen, eine von einem kontinuierlichen „Super-Raster” bedeckte Erdkugel, die jegliche In-frastruktur und Versorgung bietet, Wasser, Energie, Kommunikation usw. Das Raster ersetzt die Architektur, die, so Superstudio, keine guten Lösungen für soziale Probleme bietet. Anstatt in Häusern solle der Mensch in einem allgegenwärtigen Raster leben, einer Art Internet der Dinge.
Was haben Sie vom historischen Vorbild Superstudio gelernt?

Einige der besten Gestaltungsideen für Architektur und Städtebau wurden vor tausenden von Jahren entwickelt. Sonne, Wind, Regen – warum arbeiten wir nicht mit diesen natürlichen Sys­temen anstatt gegen sie? Für viele ist der Vorschlag von Superstudio ein Weiterdenken der utopischen Moderne, die auf einem Ausradieren natürlicher Landschaften basiert. Wir sehen das anders: Das Raster von Superstudio dient der Versorgung durch eine Vernetzung der Umwelt: Alles, was wir brauchen, gibt es online. Superstudio hat einen Lebensstil dargestellt, mit dem wir an die natürliche Landschaft andocken und von überall aus auf Dienstleistungen zugreifen können – ohne die Ressourcen zu beanspruchen, die Gebäude oder Städte verbrauchen.
Ihre Installationen sind eine Polemik angesichts der Herausforderungen, die mit dem Klimawandel auf die Städte zukommen, lokal, aber auch darüber hinaus gedacht. Worauf wollen sie hinaus?

Wir versuchen zu verstehen, wie sich eine lebendige Stadt aus einem Ganzen – aus Mensch, Ort und Ressourcen – bildet und dabei intelligenter wird als die Summe ihrer Teile. Ein aktuelles Beispiel: Derzeit arbeiten wir an einem Projekt in der chinesischen Stadt Changde. Wir schlagen vor, Wasser als Angebot und nicht als Problem für die Bewohner zu sehen. Ein bestehender, verschmutzter See wird zum zentralen Wasser­-park umgeplant. Um die Wasserqualität zu verbessern, wird das Regenwasser auf grünen „Öko-Boulevards“ vorgereinigt. Diese sind wiederum mit weiteren Wasserfiltern verbunden, wie Regenwasserparks im Blockinneren. Diese Boulevards und offenen Grünflächen bilden einen porösen Rahmen, eine Art „Schwammstadt“, die Regenwasser auf natürliche Weise absorbiert und reinigt, bevor es in den See gelangt. Das kann man sich natürlich auch für andere Städte vorstellen.
In Ihrem neuen Buch „Bowling: Water, Architecture, Urbanism“ geht es um eben diese Komplexität des städtischen Wandels. Was ist mit dem Titel „Bowling“ gemeint?

„Bowling“ ist eine provokante Untersuchung, die eine Symbiose zwischen Architektur und Infrastruktur fordert. Bei der Architektur geht es um Qualität, bei der Infrastuktur um Quantität. Wie können sich aus dieser Kombination neue Freiheiten und Lebensstile entwickeln? Der Titel bezieht sich auf die im Buch vorgestellten Projekte: Jedes „Gefäß“ (bowl) ist ein Amalgam aus Ma­terialien und Prozessen, das den Austausch zwischen gemeinsam genutzten Räumen und Ressourcen anregen soll.
Was heißt das konkret?

Viele Projekte beschäftigen sich mit dem Michigansee, der für die Stadt Wirtschaftsmotor und Mülldeponie zugleich ist. In Chicago gibt es viele Möglichkeiten und Widersprüche, die Stadt wartet nur auf architektonische Eingriffe. Nehmen Sie nur Chicagos neuen Riverwalk: Einen Monat, nachdem er 2015 eröffnet wurde, musste er wieder schließen, weil der Fluss als braune Kloake über die Ufer trat. Die periodische Überschwemmung war einkalkuliert, aber nicht, dass das Wasser so dreckig war. Mit unseren Entwurfsanalysen wollen wir uns realen und prognostizierten Krisen der Stadt stellen.
Fakten
Architekten UrbanLab
aus Bauwelt 22.2017
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