Bauwelt

Kino für Moderne Kunst

Das Frankfurter „Lichtspieltheater der Jugend“ ist verfallen. Perspektivisch soll das Brandenburgische Landesmuseum für Moderne Kunst einziehen. Dazu braucht es einen Anbau an die baulichen Relikte aus Kaiser- und DDR-Zeit. Ein Wettbewerb prämierte nun eine selbstbewusste Geste.

Text: Kil, Wolfgang, Berlin

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    1. Preis Das Team um BHBVT Architekten aus Berlin platziert die Sammlung in einem signalroten, deutlich vom Altbau abgesetzten Ergänzungsbau. Zur Heilbronner Straße steht der sozialistische Empfangsbau als Eingangshalle des Museums.
    Abb.: Architekten

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    1. Preis Das Team um BHBVT Architekten aus Berlin platziert die Sammlung in einem signalroten, deutlich vom Altbau abgesetzten Ergänzungsbau. Zur Heilbronner Straße steht der sozialistische Empfangsbau als Eingangshalle des Museums.

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    ein 3. Preis Das Team um LRO setzte den Neubau zurückhaltend hinter den Saalbau aus der Kaiserzeit. Der Anschluss der Ausstellung an den Eingang ist nicht überzeugend gelöst.
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    ein 3. Preis Das Team um LRO setzte den Neubau zurückhaltend hinter den Saalbau aus der Kaiserzeit. Der Anschluss der Ausstellung an den Eingang ist nicht überzeugend gelöst.

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    ein 3. Preis Das Team um Kuehn Malvezzi setzt selbstbewusst einen Querriegel hinter den Bestand. Der Mut, den Eingang in diesen Neubau zu verlegen, hätte die Erschließung verbessern können.
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    ein 3. Preis Das Team um Kuehn Malvezzi setzt selbstbewusst einen Querriegel hinter den Bestand. Der Mut, den Eingang in diesen Neubau zu verlegen, hätte die Erschließung verbessern können.

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Kino für Moderne Kunst

Das Frankfurter „Lichtspieltheater der Jugend“ ist verfallen. Perspektivisch soll das Brandenburgische Landesmuseum für Moderne Kunst einziehen. Dazu braucht es einen Anbau an die baulichen Relikte aus Kaiser- und DDR-Zeit. Ein Wettbewerb prämierte nun eine selbstbewusste Geste.

Text: Kil, Wolfgang, Berlin

Weil Frankfurt an der Oder im Januar 1945 zur Festung erklärt wurde, war bei Kriegsende die Innenstadt zu 93 Prozent zerstört. Der Wiederaufbau hinterließ ein disparates, von heftigen Stilbrüchen und unbestimmten Leerräumen geprägtes Stadtbild. Ein Hochhausturm sollte zu DDR-Zeiten die Stadt als hoffnungsvollen Hightech-Standort markieren, doch in den Neunzigern wanderte die stolze Halbleiterindustrie nach Ostasien ab. Die nunmehrige Grenz- und Universitätsstadt verlor knapp ein Drittel ihrer Einwohner. Frankfurt hatte es nie wirklich leicht. Aber die Stadt hat Sympathisanten und Förderer. Die amtierende Kulturministerin des Land Brandenburg bekennt sich vehement zu ihrer Kindheit an der Oder, und der derzeitige Oberbürgermeis-ter (Brandenburgs jüngster OB!) war als engagierter Stadtbürger schon an Flashmobs und freiwilligen Aufräumaktionen zur Rettung der verlotterten Kino-Ruine beteiligt, um die es im Folgenden gehen wird. Kaum ins hohe Amt gewählt, überraschte er seine Mitbürger mit dem Rückkauf des alten Kulturkomplexes, den ein süddeutscher Investor der Stadt abkauft hatte und seit der Schließung 1998 gnadenlos verrotten ließ.
Ein solcher Schandfleck in prominentester Lage wird schnell unerträglich, zumal dies ein Ort unvergesslicher Glücksmomente für viele Frankfurter bleibt. Denkmalschutz für die Reste des Festsaals aus der Kaiserzeit wie für den Eingangsbau aus den 1950er Jahren erhöhte den Druck, eine sanfte Enteignungsdrohung gab den Rest: Spät, aber nicht zu spät (und ohne finanzielle Einbußen) ließ sich der Deal der frühen Privatisierungsjahre rückabwickeln. Zudem gab es vom Land grünes Licht für eine Nachnutzung als Zweitstandort für das Brandenburgische Landesmuseum für Moderne Kunst, neben dem „Dieselkraftwerk Cottbus“ die bedeutendste Sammlung für Kunst aus der DDR. Von den zwölf Teilnehmern des beschränkten Realisierungswettbewerbs (nach vorgeschaltetem öffentlichem Bewerbungsverfahren) waren drei sehr unterschiedliche Problemlagen zu bewältigen:
1. Denkmalschutz: Der trotz mehrfacher Überformung immer noch eindrucksvolle Gründerzeit-Saal durfte wegen seines Erinnerungswertes nicht infrage gestellt werden. Gleiches galt für den Eingangsvorbau aus der Nachkriegszeit, hinter dessen klassizistischer Schaufassade das Foyer mit noblen Materialien (Travertinwände, Messinggeländer) in sehr gutem Zustand überrascht. Der Denkmalschutz für diese zwei Epochen repräsentierenden Gebäudeteile ließ keine andere Wahl: Die eigentlichen Museumsräume waren als dritte Zeitschicht, also in zusätzlichen Anbauten unterzubringen. Wegen Lage und Zuschnitt des Grundstücks konnten diese nur hinter dem Saalbau Platz finden.
2. Stadtraum: Der plakativ stalinistische Klassizismus der Straßenfassade ist seit Jahrzehnten die eigentliche Erkennungsmarke des zu DDR-Zeiten nicht nur als Kino, sondern als multifunk­tionales Kulturhaus genutzten Gebäudekomplexes. Die Seitenwände des Saales waren dagegen gestalterisch vernachlässigt – die Rückfront stößt blind auf einen verwilderten Hang. Mit ei­-ner parkähnlichen Umfeldgestaltung galt es, demneuen Museum Präsenz im bisher eher diffusen Stadtraum zu verschaffen. Auf Sichtbarkeit zur Hauptstraße hin wurde Wert gelegt.
3. Museumsfunktion: Aus der vorgegebenen Raumfolge zwischen Eingangsbau, Saal und dahinter andockender Erweiterung erwachsen Probleme einer vernünftigen Wegeführung zwischen Kassenbereich und Museumsräumen. Es war also eine zumutbare Umgehung des offen und variabel nutzbaren Saales zu organisieren. Die Gastronomie soll auch unabhängig von der Museumsöffnung funktionieren.
Die Entscheidung des Preisgerichts spiegelt exakt diese drei Herausforderungen wieder. Die Rangverteilung – ein erster und zwei dritte Preise – lässt aber auch erkennen, wessen Ansprüche in der Jury letztlich den Ausschlag gaben. Dem Siegerentwurf von BHBVT Architekten, Berlin (mit GM013 Landschaftsarchitektur, Berlin), gelingt es als einzigem aus der Endrunde, allzu lange und damit schwer kontrollierbare Wege zwischen Foyer und Anbau zu vermeiden. Für diesen Funktionsgewinn müssen die Museums-säle den historischen Saaltrakt allerdings U-förmig umgreifen. Dessen Ostfassade verschwindetvöllig hinter dem Neubau, dem obendrein ein perforiertes und gefaltetes Aluminiumblech vorgehängt wird – mit seiner feuerroten Beschichtung ein mehr als selbstbewusster Auftritt für die„dritte Zeitschicht“. Die künftigen Betreiber zeigten sich davon erfreut.
Lederer Ragnarsdóttir aus Stuttgart (mit relais Landschaftsarchitekten Heck Mommsen, Berlin) zeigten mehr Respekt vor dem Denkmalensemble in seiner klaren Reihung aus Kaiserzeit – Stalinzeit – Neuzeit. Ihr Anbau sucht den geschmeidigsten Anschluss an den baulichen Kontext, in Kubatur wie auch Fassadengestalt. Das Beibehalten der vorhandenen Fluchtlinien erzwingt jedoch höheren Bauaufwand in der Vertikalen, und die Wegeführung zwischen Eingang und Ausstellungssälen bleibt ungelöst. Ein dritter Preis also für Demut vor dem Denkmal.
Der zweite dritte Preis ehrt das stadträumliche Geschick, mit dem Kuehn Malvezzi, Berlin (mit Holzwarth Landschaftsarchitektur, Berlin) den schlauchartigen Abstandsräumen zu beiden Seiten des Altbaus geordneten Rückhalt bieten. Ein opulenter, großzügig verglaster Querriegel (nur ein Hauptgeschoss hoch!) würde dem Museum zur Straße hin deutliche Sichtbarkeit geben. Jedoch am Mut, den Haupteingang vom 50er-Jahre-Vorbau zur wirklich einladenden Eckterrasse im Winkel zwischen Saal- und Museumsanbau zu verlegen, hat es leider nicht gereicht. Trotz einiger überraschender Einzelideen (z.B. Außengastronomie mit Skulpturengarten) bleibt am Ende auch hier zwischen Entrée und Ausstellungen nur die Rennstrecke durch den Saal. Ein diffuses Zweitfoyer mit Freihandbibliothek, Leseecke und Café als „Schwellenraum“ zum Museumstrakt führt den Grundkonflikt der überdehnten Wegebeziehungen zwischen den drei Gebäudeteilen noch einmal vor Augen.
Man darf den Frankfurtern zu solchem Ausgang im Kampf um ihr „Signature-Building“ wohl gratulieren. Infrage steht allerdings die Auskömmlichkeit der bis heute versprochenen Finanzmittel. Die Fertigstellung soll sich bis 2029 ziehen, und zum Zeitpunkt der Ausschreibung lag noch keine belastbare Bauzustandsanalyse der umfangreichen Denkmalsubstanz vor. Betreibern, Sympathisanten und Förderern könnten noch einige Zitterpartien bevorstehen.
Nichtoffener Realisierungswettbewerb
1. Preis (50.000 Euro) ARGE um BHBVT Gesellschaft von Architekten, Berlin
ein 3. Preis (25.000 Euro) ARGE um Lederer Ragnarsdóttir, Stuttgart
ein 3. Preis (25.000 Euro) ARGE um Kuehn Malvezzi, Berlin
Fachpreisgericht
Marcel Adam, Claus Anderhalten, Birgit Franz, Bärbel Kannenberg, Hans-Joachim Krekeler, Ulrike Lauber (Vorsitz), Heiko Schiller
Ausloberin
Stadt Frankfurt (Oder)
Wettbewerbsbetreuung
Büro für Stadtplanung, -forschung und -erneuerung (PFE), Berlin

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