Bauwelt

We better save the Thompson Center

Immer wieder wurde der Verkauf des Thompson Center in Chicago verlangt. Zwischenzeitlich drohte sogar der Abriss. Nachdem ein Ideenwettbewerb dessen Potenziale aufzeigte, wurde das Gebäude verkauft, die Sanierung übernimmt JAHN.

Text: Text Oliver G. Hamm

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    Foto: JAHN/Rainer Viertlböck

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    Die Fassade besteht aus einfach verglasten gewölbten Glasscheiben, die eine teure Klimaanlage erfordert, deren Betrieb kostspielig und an heißen Tagen nach wie vor unzureichend ist: die Innentemperaturen erreichten schon bis zu 32°C. Im Winter bildeten sich in den ersten Jahren an der Innenseite einiger Wände sogar Eis.
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    Die Fassade besteht aus einfach verglasten gewölbten Glasscheiben, die eine teure Klimaanlage erfordert, deren Betrieb kostspielig und an heißen Tagen nach wie vor unzureichend ist: die Innentemperaturen erreichten schon bis zu 32°C. Im Winter bildeten sich in den ersten Jahren an der Innenseite einiger Wände sogar Eis.

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    Im April vergangenen Jahres fertigte Helmut Jahn noch eine Zeichnung an, die zeigt, dass er sich eine
    Erweiterung um einen Wolkenkratzer vorstellte, die mit dem jetzigen Zentrum verbunden ist.


    Zeichnung: JAHN

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    Im April vergangenen Jahres fertigte Helmut Jahn noch eine Zeichnung an, die zeigt, dass er sich eine
    Erweiterung um einen Wolkenkratzer vorstellte, die mit dem jetzigen Zentrum verbunden ist.


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    „One Chicago School“, einer der drei Siegerbeiträge des Ideenwettbewerbs
    Abb.: Solomon Cordwell Buenz

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    „One Chicago School“, einer der drei Siegerbeiträge des Ideenwettbewerbs

    Abb.: Solomon Cordwell Buenz

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    Abb.: Solomon Cordwell Buenz

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We better save the Thompson Center

Immer wieder wurde der Verkauf des Thompson Center in Chicago verlangt. Zwischenzeitlich drohte sogar der Abriss. Nachdem ein Ideenwettbewerb dessen Potenziale aufzeigte, wurde das Gebäude verkauft, die Sanierung übernimmt JAHN.

Text: Text Oliver G. Hamm

Chicago ist zweifelsohne so etwas wie das High­rise-Mekka: der Ort, an dem – wie sonst nur in New York City – lückenlos die weit über 100-jährige Geschichte der Hochhausarchitektur studiert werden kann: von den frühen Meisterwerken etwa von Daniel H. Burnham, Louis H. Sullivan und Ludwig Mies van der Rohe über das seinerzeit höchste Gebäude der Welt, den Sears Tower (heute Willis Tower, 1974) bis zu den neuesten Stilblüten wie dem St. Regis Chicago von Studio Gang Architects (2020). Seit den frühen nen Jahres verstorbenen Helmut Jahn ein zwei-ter deutscher Architekt das Baugeschehen in der „Windy City“ entscheidend mit. Welche Wertschätzung das Werk des gebürtigen Franken bis heute in seiner Wahlheimat am Lake Michigan genießt, davon kündet eine bereits knapp elf Wochen nach seinem Tod eröffnete Ausstellung „Helmut Jahn. Life + Architecture“ im Chicago Architecture Center (CAC), die noch bis 13. März zu sehen ist. Doch an einem seiner Hauptwerke und zugleich einer Ikone der Post­moderne, dem State of Illinois Center (1979–1985), scheiden sich bis heute die Geister.
Das inzwischen – nach seinem Initiator James R. Thompson, 1977–1991 Gouverneur des Bundesstaates Illinois – in Thompson Center umbenannte Bauwerk ist ein Hybrid aus Hochhaus- und Blockrandbebauung. Mit seinen 17 Geschossen ein vergleichsweise mittelhohes Gebäude innerhalb des Loop im Zentrum Chicagos, setzt es mit seiner kreissegmentförmigen, dreifach gestaffelten Glasfassade und dem zentralen runden und öffentlich zugänglichen Atrium besondere Akzente. „With a burst of shattering, curving and bulging glass in a rainbow of colors, Hel­-mut Jahn danced onto the international architecture scene in the 1980s, translating the disci­pline of Chicago Modernism into new programs and forms while melting and fragmenting its grids into a post-disco delight of shaped build­ings“, urteilt Aaron Betsky, Direktor der School of Architecture + Design der Virginia Tech. Und weiter: „We better save the Thompson Center, which is not only one of his greatest designs, but one of the few true celebrations of government as a public good.“
Zwar ist das Thompson Center für das National Register of Historic Places nominiert, jedoch steht es aktuell nicht unter Denkmalschutz. In diesem ungeschützten Zustand hat es der Bundesstaat Illinois, der noch immer einen Großteil des Gebäudes selbst nutzt, im Mai 2021 zum Verkauf ausgeschrieben; zwei Gebote waren eingegangen. Bereits 2003 schlug der damalige Gouverneur von Illinois Rod Blagojevich vor, das Gebäude zu verkaufen, genauso wie 2015 und erneut 2017 der Gouverneur Bruce Rauner.

Ideen für ein postmodernes Wahrzeichen

Die zu diesem Zeitpunkt ungewisse Zukunft des Bauwerks – selbst dessen Abriss konnte nicht ausgeschlossen werden – hat das CAC, gemeinsam mit dem Chicago Architectural Club, im Sommer 2021 veranlasst, einen Ideenwettbewerb für eine Umnutzung des Thompson Center auszuloben. Die drei gleichrangigen Siegerarbei­-ten von Eastman Lee Architects, Solomon Cordwell Buenz sowie Perkins & Will und vier weitere lobend erwähnte Entwürfe werden bis zum 1. Mai in einer CAC-Studioausstellung präsentiert.
Der Entwurf „Offset: The Vertical Loop“ von Eastman Lee Architects sieht vor, die Geschoss­ebenen des äußerlich unangetasteten Bauwerks in kleine, thermisch von der opaken Glashülle und auch vom Atrium entkoppelte Einhei-ten aufzuteilen. Lamellen im Dach des Atriums sollen das Klima ebendort und in den Zirkula­tionszonen zwischen den autonomen Einheiten regeln. So­lomon Cordwell Buenz schlagen mit „One Chicago School“ den Prototyp einer öffent­lichen Bildungsstätte für Politik und bürgerschaftliches Engagement vor – mit Büros für „soziale Inkubatoren“ und Bildungsstiftungen, aber auch mit Arbeitsräumen für das Institute of Design Action Lab des Illinois Institute of Technology (IIT). Es sollen gleich drei begrünte Ebenen eingezogen und thermisch vom Gebäude entkoppelt werden, sodass sie nicht klimatisiert werden müssten: wie der Spielplatz für die Grundschule im 2. Obergeschoss oder der kommunale Grünraum im 12. Obergeschoss.
Der Entwurf „Public Pool“ von Perkins & Will sieht die Umnutzung des Thompson Center zu einem Hotel mit Erlebnisbad inklusive zwei künstlichen Wasserfällen vor. Statt das Gebäu­-de, das in puncto Energiebedarf und Raumkomfort von jeher als problematisch galt, aufwen­dig an neue – nicht zuletzt der Klimakrise geschuldete – Anforderungen anzupassen, implementieren die Architekten dem in seinem Zentrum an ein riesiges Treibhaus erinnernden Bauwerk mit der begrünten Bäderlandschaft ein angemessenes Habitat.
Preisrichterin Bonnie McDonald, Präsidentin von Landmarks Illinois, hob hervor, dass das Thompson Center als einer der wichtigsten öffentlich zugänglichen Räume Chicagos seinen Wert bewahren könne, ob als gemischt genutzter, der Bildung oder der Entspannung dienender Bestimmungsort.

Thompson 2.0

Im Dezember entschied sich der Gouverneur von Illionis, J. B. Pritzker, für ein 70 Millionen Dollar-Kaufangebot einer von Michael Reschke, Vorstandsvorsitzender der Prime Group, geleiteten Gruppe, das den Erhalt des Bauwerks und dessen künftige gemischte Nutzung als Büro-, Hotel- und Einzelhandelsgebäude vorsieht. Der Bundesstaat Illinois wird einen 30-Prozent-Anteil behalten und einen Teil des Gebäudes weiterhin selbst nutzen. Zu den Partnern der Prime Group, einem bekannten Projektentwickler in der Region Chicago, gehört auch das Büro JAHN, jetzt angeführt von Philip Castillo. Sie werden die Bauaufgabe „Thompson 2.0“ übernehmen. Das Projekt – die Sanierung einschließlich ei­-ner neuen Glasfassade und mechanischer Systeme – wird circa zwei Jahre in Anspruch nehmen und hat ein Budget von 280 Millionen Dollar. Gegenüber der Chicago Sun Times betonte Reschke, er rechne damit, dass die Arbeiten innerhalb eines Jahres beginnen könnten.

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