Bauwelt

Wirtschaft und Politik

Text: Crone, Benedikt, Berlin; Stumm, Alexander, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Wirtschaft und Politik

Text: Crone, Benedikt, Berlin; Stumm, Alexander, Berlin; Brinkmann, Ulrich, Berlin

Wohnen ist eine Ware. Angebot und Nachfrage bestimmen, wie groß, in welcher Umgebung und mit welchen Standards wir leben. Immobilien in mitteleuropäischen Großstädten sind als Geldanlage ungefähr so sicher wie Gold, versprechen jedoch höhere Gewinnmargen. Mit der Finanzialisierung der Stadt seit dem 19. Jahrhundert wird unsere gebaute Umwelt von ökonomischen Prinzipien geleitet. Georges-Eugène Haussmann realisierte seine Umbaupläne von Paris mit großen Bankkrediten; in Chicago und New York stiegen Anfang des 20. Jahrhunderts die Bodenpreise so stark, dass Gebäude binnen Jahren obsolet waren.
Was tun? Zum Einstieg geben wir im „Betrifft“ einen Überblick über die derzeitige Entwicklung in Deutschland, wo Wohnungsgesellschaften vor einem Baustopp warnen. Darauf folgen vier sehr unterschiedliche Konzepte, die Lösungsansätze aufzeigen wollen. In Berlin (Durchschnittspreis Angebotsmieten: 14,30 Euro/m²) sorgte das Konzeptverfahren dafür, dass ein Grundstück nicht an den Meistbietenden verkauft, sondern auch an Parameter wie ein ökologisches und soziales Konzept geknüpft wurde. Was sich damit machen ließ, zeigen Praeger Richter Architekten mit dem Ausbauhaus Südkreuz. Auch ländliche Regionen werden teurer. Der Landkreis Freising (11,64 Euro/m²) bei München ist einer der teuersten in Deutschland, das beschauliche Kranzberg liegt 37,85 Prozent über dem bundesweiten Mietspiegel (8,19 Euro/m²). Ein Förderprogramm des Landes ermöglichte, dass ArGe Büro Dantele und Kofink Schels ein Mehrgenerationenensemble für die lokale Bevölkerung errichtete. London (25,12 Euro/m²), Epizentrum des Kapitalismus, ist selbst für die Mittelschicht kaum mehr erschwinglich. Ein Wohnbau von Henley Halebrown entstand im Programm London Living Rent, mit dem Mietende langfristig ihre Wohnung in Eigentum umwandeln können. Im reichen Basel (24,40 CHF/m²) leistet die Habitat Stiftung solide Arbeit, das aktuell fertiggestellte Weinlager von Esch Sintzel Architekten ist zugleich ein großartiges Beispiel für Bauen im Bestand. Man kann allerdings fragen, warum eine private Stiftung die Aufgabe übernimmt, für die eigentlich Stadt und Staat zuständig sein sollten.

Istanbul Modern

Der Neubau am Bosporus, geplant vom Renzo Piano Building Workshop, gilt als Baustein für die Zähmung der Istanbuler Kulturszene und ihre Integration in eine saubere, sichere, vor allem aber unpolitische Kommerzwelt – siehe StadtBauwelt 234/Bauwelt 13.2022. Seit Mai steht das Gebäude nun den Besuchern offen. Wir haben uns umgesehen, bis hinauf zum Infinity Pool für die Möwen.

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