Zeugnisse einer besonderen Epoche
Fotoausstellung im Militärhistorischen Museum Gatow
Text: Hamm, Oliver G., Berlin
Zeugnisse einer besonderen Epoche
Fotoausstellung im Militärhistorischen Museum Gatow
Text: Hamm, Oliver G., Berlin
Eine beeindruckende Fotoausstellung zum architektonischen Erbe der Alliierten in Berlin ist im Towergebäude des Flugplatzes Gatow (heute Militärhistorisches Museum der Bundeswehr) am südwestlichen Stadtrand Berlins zu sehen. Mila Hacke ist schon seit 2006 auf dieses überraschend vielfältige Thema spezialisiert. Ihre großformatigen Farbaufnahmen zeigen klassische Militärbauten wie Kasernen und Abhörstationen, aber auch Ehrenmale, Wohnsiedlungen, Verwaltungsgebäude und Kulturbauten, die von amerikanischen, englischen, französischen und sowjetischen (zuletzt russischen) Militärs und deren Familien genutzt wurden. Zwischen 12.000 und 15.000 Soldaten – mit Angehörigen bis zu 30.000 Personen – hielten sich ab 1945 allein in Berlins Westsektoren auf; die Zahl der weitgehend abgeschotteten sowjetischen Militärangehörigen ist nicht überliefert. Oft verwendeten sie gut erhaltene Bauwerke der Kaiserzeit, der Weimarer Republik oder der Nationalsozialisten, doch errichteten die Alliierten auch bemerkenswerte Neubauten, die bis heute das Erscheinungsbild vieler Berliner Bezirke mitprägen.
Mit Karl-Ernst Sworas Haus der Sowjetischen Wissenschaft und Kultur eröffnete 1984 in der Friedrichstraße das größte Auslandskulturinstitut der Welt. Die Franzosen leisteten sich 1950 mit dem Maison de France von Hans Semrau am Kurfürstendamm und 1961 mit dem Centre culturel français von Gerhard Laube im Ortsteil Wedding gleich zwei bedeutende Kultureinrichtungen. Außerdem sind mit dem Columbia in Tempelhof, dem Outpost in Dahlem und dem – seit über 20 Jahren leerstehenden – L’Aiglon in Wedding gleich drei Alliiertenkinos erhalten geblieben. Das imposante Dramatische Theater Karlshorst, 1949 nach Plänen des Chefarchitekten der Roten Armee General Kriwuschenko und unter Beteiligung von Hans Schaefers vollendet, soll bis 2024 saniert und umgebaut werden.
Mila Hacke dokumentiert auch verschwundene Bauten, wie etwa das 1978 eröffnete und 2016 abgerissene Einkaufs- und Kulturzentrum mit der 1979 geweihten Kirche Sainte Geneviève in der bereits ab 1952 errichteten Siedlung Cité Foch in Wittenau, sowie Skurrilitäten wie die Ruhleben Fighting City, ab 1945 Übungsplatz der Briten, der heute von der Landespolizeischule genutzt wird. Zwölf Hörstationen, zwei Kurzfilme ohne Ton und einige Überblickstableaus ergänzen die Fotoschau, die Lust macht auf eigene Entdeckungstouren. Unter www.berlin.de/landesdenkmalamt/denkmale/highlight-denkmale-der-alliierten sind umfangreiche Informationen über die Alliierten und deren bauliche Hinterlassenschaften in Berlin zu finden. Einen Online-Spaziergang durch Karlshorst mit Fotos von Mila Hacke und historischen Aufnahmen kann man unter www.karlshorst-tour.kulturring.berlin machen.
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