Bauwelt

Kulturweberei Finsterwalde


Aus der Industrieruine der Schaeferschen Tuchfabrik haben HBRM Habermann Architekten ein Kunst-, Kultur- und Kongresszentrum geschaffen, das den historischen Bestand würdigt und ihn in ihrer Handschrift zu einem komplexen Ensemble erweitert.


Text: Redecke, Sebastian, Berlin


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    Die beiden neuen Gebäudeblöcke heben sich deutlich vom Bestand des Industrieareals ab. Sie treten dennoch über ihre Materialität und ihre gestalterischen Bezüge in einen harmonischen Dialog mit der ehemaligen Nutzung. Hinter dem Schaufenster steht ein alter Industriewebstuhl.
    Foto: Jennifer Endom

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    Die beiden neuen Gebäudeblöcke heben sich deutlich vom Bestand des Industrieareals ab. Sie treten dennoch über ihre Materialität und ihre gestalterischen Bezüge in einen harmonischen Dialog mit der ehemaligen Nutzung. Hinter dem Schaufenster steht ein alter Industriewebstuhl.

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    Neben dem Veranstaltungssaal und dem großen Foyer in der Shedhalle, das für unterschiedliche Nutzungen zur Verfügung steht, entstanden im Obergeschoss Seminarräume. Im kleineren Bau an der Straße befinden sich über den Ausstellungsflächen Büros der Verwaltung.
    Foto: Jennifer Endom

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    Neben dem Veranstaltungssaal und dem großen Foyer in der Shedhalle, das für unterschiedliche Nutzungen zur Verfügung steht, entstanden im Obergeschoss Seminarräume. Im kleineren Bau an der Straße befinden sich über den Ausstellungsflächen Büros der Verwaltung.

    Foto: Jennifer Endom

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    Blick vom kleinen Foyer auf den Altbau der Weberei.
    Foto: Jennifer Endom

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    Blick vom kleinen Foyer auf den Altbau der Weberei.

    Foto: Jennifer Endom

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    Der Mix aus verschiedenen Ziegeln fügt die Alt- und Neubauten zusammen. Der von Mauern eingefasste Hof wird gegliedert von unterschiedlicher, alter, wieder entdeckter und neuer Pflasterung mit Sitzmöglichkeiten und sehr wenig Begrünung.
    Foto: Architekten

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    Der Mix aus verschiedenen Ziegeln fügt die Alt- und Neubauten zusammen. Der von Mauern eingefasste Hof wird gegliedert von unterschiedlicher, alter, wieder entdeckter und neuer Pflasterung mit Sitzmöglichkeiten und sehr wenig Begrünung.

    Foto: Architekten

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    Die Sheddachhalle der Weberei vor ...
    Foto: Architekten

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    Die Sheddachhalle der Weberei vor ...

    Foto: Architekten

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    ... und nach dem Umbau.
    Foto: Jennifer Endom

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    ... und nach dem Umbau.

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    Für den Innenausbau wurden Bauteile wie die guss­eisernen Stützen der Shedhalle wiederverwendet und mit hochwertigen Materialien ergänzt. Der große Saal kann dank mobiler Einbauten und Trennwände vielseitig genutzt werden.
    Foto: Jennifer Endom

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    Für den Innenausbau wurden Bauteile wie die guss­eisernen Stützen der Shedhalle wiederverwendet und mit hochwertigen Materialien ergänzt. Der große Saal kann dank mobiler Einbauten und Trennwände vielseitig genutzt werden.

    Foto: Jennifer Endom

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    Die textile Wandverkleidung erinnert an die ehemalige Nutzung als Tuchfabrik.
    Foto: Jennifer Endom

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    Die textile Wandverkleidung erinnert an die ehemalige Nutzung als Tuchfabrik.

    Foto: Jennifer Endom

Die Straße an der Kulturweberei wurde nach Oscar Kjellberg benannt. Gegenüber der alten Schaeferschen Tuchfabrik mit der neuen Stadthalle befindet sich ein Werk für Sondermaschinen der Materialverarbeitung. Der schwedische Ingenieur Kjellberg hat das elektronische Schweißen weiterentwickelt und gehört zur Industriegeschichte der Stadt. Er kam 1922 nach Finsterwalde und gründete das Unternehmen, das heute noch seinen Namen trägt.
Es ist nicht die beste Lage im diffusen Stadtraum südlich des Marktplatzes, aber die Kulturweberei erreicht man nach nur 400 Metern. Der Schornstein der Tuchfabrik von 1845 und dem späteren VEB Tuchfabrik Finsterwalde, der 1990 die Produktion einstellen musste, fungiert als Markierung der Stadthalle und wird bei Abendveranstaltungen illuminiert.
Vom Tor an der Straße tritt man in einen von Neubauten, teilweise noch leer stehenden Altbauten und Mauern abgegrenzten Hofbereich. Es war den Architekten wichtig, diesen klar definierten Ort zu schaffen, der die Besucher und Besucherinnen empfängt. Der Raum wird gegliedert von unterschiedlicher, alter, wieder entdeckter und neuer Pflasterung als Komposition von Flächen mit eingelassenen schmalen Metallbändern, die Weblinien darstellen sollen. Flache Betonblöcke dienen als Sitzmöglichkeiten. Eine vier Meter hohe Bronzeskulptur von Isabel Kerkermeier nennt sich „Spindel“ und erinnert wie die Bänder an die frühere Tuchfabrik.
Die Fabrik wurde immer wieder durch Anbauten und Aufstockungen erweitert. Dieses Grundprinzip der Addition haben die Architekten in ihrer Entwurfsidee mit den Neubauten weiterentwickelt. Ihre Kulturweberei gliedert sich in zwei separat stehende Gebäude. Als Adresse an der Straße befindet sich der kleinere Bau „Carl Schaefer Haus“ mit einem Schaufenster. Zu sehen ist ein Industriewebstuhl als Reminiszenz an die Tuchfabrik. Darüber befindet sich neben der Verwaltung eine bescheidene, versteckt liegende Ausstellungsgalerie, die ebenfalls an die Geschichte des Unternehmens erinnert. Der Hauptbau im größeren Block ist an eine ehemalige Shedhalle der Weberei angefügt. Zwischen den beiden Neubauten steht das alte Heizhaus mit dem Schornstein. Die Anlage mit Brennraum und Kessel ist noch vorhanden, eine neue Nutzung offen. Die neuen Fassaden weisen eine immer gleiche Struktur auf: Schmale Rahmen aus bronzierten Aluminiumprofilen mit vor Ort eingefügten Ziegelflächen als Ausfachung oder vollständig verglast. Die Ziegeltafeln belassen dem Ensemble seinen schlichten Industriecharakter.
Umso mehr überraschen die vielen Feinheiten im Inneren. Nach dem Eintritt in den Hauptbau steht man im Entree. In einer alten Mauer, die stehen geblieben war und nun in Teilen ergänzt wurde, sitzen die Öffnungen für die Garderobe. Präzis eingefügte Ablagen in patiniertem Messing fallen ins Auge. Die Besucher und Besucherinnen orientieren sich dann nach rechts in die Shedhalle, in der früher die Webstühle standen. Die große Halle wurde für die neue Nutzung als Foyer und Veranstaltungsraum mit viel Aufwand saniert und umgebaut. Der helle geschliffene Estrich des Bodens, weiß geschlämmte Ziegelwände und die ebenfalls weiße Akustikdecke verleihen dem Raum eine ganz eigene leichte Stimmung. Die gusseisernen Rundstützen wurden entfernt, saniert und wieder neu installiert. Sie heben sich im hellen Ambiente hervor. Die Bar glänzt ebenfalls in kostbarem Messing. Hier und dort sind an den Wänden Artefakte der alten Weberei zu entdecken. Die Metallrasterdecke im Entree taucht auch an anderer Stelle des Gebäudes wieder auf. In den Toiletten sind die Rasterflächen offen und man blickt in das Sheddach.
Der Saal der Stadthalle im Neubau sollte „alles können“. Er verfügt über eine vierteilige Hubbühne und eine Schubtribüne mit 13 Stufen, die vollständig eingefahren werden kann, damit auch eine flexibel zu nutzende, ebene Fläche möglich ist. Über der Sockelzone aus Holz sind die gefalteten Akustikelemente der Wände und Decke an die Tuchfabrik erinnernd mit Leinen überspannt. Für großformatige Projektionen kann eine Leinwand ausgefahren werden. Der 570 Quadratmeter große Saal ist zudem unterteilbar. Der kleinere Teil wird dann von einem zweiten, gegenüber der Shedhalle liegenden Foyer erreicht. Die Bürgerschaft von Finsterwalde hat für einen Steinway-Flügel gesammelt. Er wurde zum Stolz der Stadt und erhielt neben der Bühne einen speziellen mit einem Rolltor gut gesicherten Raum. Mit dem Saal Bellevue befindet sich ein weiterer Veranstaltungsraum oberhalb des kleinen Foyers. Er bietet einen weiten Blick auf die Stadt.
Die Versorgung mit Wärme und Kälte wird durch ein Mischsystem bestehend aus Wasserwärmepumpe, Photovoltaikanlage auf dem Sheddach, Kältezentrale mit Eisspeicher und Fernheizung sichergestellt.
Der Altbau, der die Nordseite des Hofraums gegenüber des neuen Saals einnimmt, wird von den Architekten saniert und umgebaut. Dort soll ein Kreativ- und Kulturcampus entstehen mit Kunst- und Malschule, kleineren Proberäumen und einem neuen Zuhause für das Quartett „Finsterwalder Sänger“.
Der Weg hin zu einer neuen Stadthalle war nicht einfach. Nach dem Wettbewerb 2011 stiegen die Baukosten stark an und das Projekt wurde als zu teuer heftig diskutiert. Eine Klage führte zeitweise zu einem Stopp. Nach einem Bürger­entscheid 2016 mit deutlichem Votum für das Haus und mit Fördermitteln, vor allem vom Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, gelang schließlich die Grundsteinlegung 2020 und die Eröffnung 2023.
Die Freude an der Kulturweberei ist inzwischen groß. Doch es sollte auch die Ruine eines Bühnenturms Erwähnung finden, die hinter dem Bahnhof von Finsterwalde hervorragt: Das alte Viktoria-Hotel mit angefügtem Haus der Freundschaft, dem früheren Fest- und Musiksaal für über eintausend Gäste. Der Gebäudekomplex wurde von einem Investor sehr günstig gekauft. Sein vollmundig angekündigtes Projekt einer Neunutzung verzögerte sich und scheiterte. Dann standen 2017 das unter Denkmalschutz stehende Hotel mit Saal und Bühnenturm in Flammen. Der Untergang des Viktoria-Hotels mit seiner bedeutenden Geschichte bleibt ein trauriges Kapitel für die „Sängerstadt Finsterwalde“.
Besichtigt man an der Straße der Jugend das Gymnasium und das ehemalige Kinderheim von Max Taut von 1912, als die Stadt Finsterwalde mit ihren Tuchfabriken eine „Boomtown“ war, ist nun ein weiterer Bau von architektonischer Größe Pflicht: Die Kulturweberei an der Oscar-Kjellberg-Straße.



Fakten
Architekten HBRM Habermann Architektur- & Ingenieurgesellschaft, Finsterwalde/Berlin
Adresse Oscar-Kjellberg-Straße 9, 03238 Finsterwalde


aus Bauwelt 3.2025
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