Bauwelt

Neue Schänke in der Willibaldsburg in Eichstätt


In Eichstätt haben Diezinger Architekten die Burggaststätte erneuert und um einen neuen Saal ergänzt. Das Büro des ehemaligen Mitarbeiters von Karljosef Schattner zeigt mit seiner Herangehensweise, wie sich das „Bauen im Bestand“ weiterentwickelt hat.


Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin


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    Aufgestockt und mit neuem Eingang: die Burgschänke ...

    Foto: Jens Weber

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    Aufgestockt und mit neuem Eingang: die Burgschänke ...

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    ... in der Willibaldsburg
    Foto: Jens Weber

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    ... in der Willibaldsburg

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    Den neuen Museumsshop haben Diezinger Architekten als „Provisorium“ in Holz gestaltet, ...
    Foto: Jens Weber

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    Den neuen Museumsshop haben Diezinger Architekten als „Provisorium“ in Holz gestaltet, ...

    Foto: Jens Weber

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    ... das nicht in Konkurrenz tritt zur steinernen Burg.
    Foto: Jens Weber

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    ... das nicht in Konkurrenz tritt zur steinernen Burg.

    Foto: Jens Weber

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    Im Gastraum im Erdgeschoss wurden die Wandoberflächen nach Befund restauriert, ...
    Foto: Jens Weber

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    Im Gastraum im Erdgeschoss wurden die Wandoberflächen nach Befund restauriert, ...

    Foto: Jens Weber

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    ... neue Zutaten aber sind klar erkennbar.
    Foto: Jens Weber

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    ... neue Zutaten aber sind klar erkennbar.

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    Im Obergeschoss dehnt sich der „Rittersaal“ ...
    Foto: Jens Weber

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    Im Obergeschoss dehnt sich der „Rittersaal“ ...

    Foto: Jens Weber

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    ... über nahezu der gesamten Länge des Gebäudes aus.
    Foto: Jens Weber

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    ... über nahezu der gesamten Länge des Gebäudes aus.

    Foto: Jens Weber

Wer mit der Bahn nach Eichstätt reist, wird gleich einer Besonderheit der Stadt an der Altmühl gewahr. Ein größerer Bahnhof fehlt ihr, im Grunde fehlt Eichstätt sogar der Anschluss an das Regionalbahnnetz (vom Fernverkehr ganz zu schweigen). Vom knapp dreißig Kilometer entfernten ICE-Stop Ingolstadt fährt zwar einmal stündlich die Regionalbahn in Richtung Treuchtlingen, die an der Station Eichstätt-Bahnhof hält. Von Eichstätt ist dort aber weit und breit nichts zu sehen: Tritt man vor das Stationsgebäude, fällt der Blick lediglich auf ein Schild, das den Weg zum Hirschenwirt weist. Ins Stadtzentrum gelangt man mit einer weiteren Regionalbahn, die von der Nebenstrecke auf eine Neben-Nebenstrecke gleitet, den Hügel hinab zur Altmühl rollt und dann dem Flusslauf folgt: zuerst mit einer Links-, dann mit einer 180-Grad-Rechtskurve, nach der die Strecke am Bahnhof Eichstätt-Stadt an einem Prellbock endet.
Über der engen Flussschleife thront auf dem Hügelsporn die Willibaldsburg. Mit einer Länge von 420 Metern und vier Höfen ist sie eine der großen mittelalterlichen Burganlagen Deutschlands. Bereits im 11. Jahrhundert war diese strategisch herausragende Lage befestigt, die heute existierende Burg aber entstand erst im 14. Jahrhundert, als Bischof Berthold von Zollern entschied, die Residenz des Fürstbistums aus der Stadt hier hinauf zu verlegen. Kein Geringerer als der Augsburger Stadtbaumeister Elias Holl sorgte dann unter Fürstbischof von Gemmingen ab 1609 für die Erweiterung und Umgestaltung im Geist der Renaissance, die die Anmutung der Burg bis heute prägt – mit Ausnahme der Türme der Stirnseite, deren Abschluss mit Zinnenkranz aus dem 19. Jahrhundert datiert. Karljosef Schattner hat in diesem Trakt, dem sogenannten Gemmingenbau, in den 1970er Jahren das Juramuseum eingerichtet (Bauwelt 6.1981), und so ist es eine schöne Fortsetzung der (Bau-)Geschichte, dass mit Norbert Diezinger nun ein ehemaliger Mitarbeiter Schattners auf der Burg gewirkt hat – so wird die Tradition oder sagen wir besser: Haltung gewahrt, aber gleichzeitig auch der Wandel im Umgang mit dem Bestand sichtbar. Inzwischen wird eben nicht mehr unbedingt der Kontrast gesucht, sondern eher ein Weiterdenken bzw. -bauen betrieben, bei dem die verschiedenen Zeitschichten zwar ablesbar sind, aber erst auf den zweiten oder gar dritten Blick. Die Erklärung dafür liegt auf der Hand: Schattner musste der (Fach-)Öffentlichkeit noch demonstrieren, dass historische Bausubstanz erhalten und, modern ergänzt, genutzt werden kann. Das ist heute nicht mehr nötig, und so kann eine größere Gelassenheit walten.
So gelassen wie souverän wirkt jedenfalls die Erneuerung der Burgschänke durch Diezinger und sein Team. Die Burgschänke befindet sich im sogenannten Schaumbergbau, der noch der Bauphase ab 1560, also vor dem Wirken Holls, angehört und ursprünglich von zwei Türmen aus der vorangegangenen hochmittelalterlichen Bauphase eingefasst war. Von diesen ist nur noch der Dirlitzturm auf der Talseite erhalten, der andere ist nur noch ein Fragment. Man sieht den Turmrest rasch, sobald man die Burg durch die überwältigende Tunneleinfahrt erreicht hat, da er die Stirnseite der Burgschänke bestimmt.
Tritt man näher, über die Brücke, die den wieder ausgehobenen Graben überspannt, schweift der Blick weiter über die Hoffassade des Gebäudes. Wer die Burg im vorigen Zustand kennt, wird bemerken, dass das Gebäude aufgestockt wurde, wer zum ersten Mal kommt, wird den oberen Teil der Fassade vermutlich nicht gleich als neu identifizieren. Regelmäßig gesetzte, längsrechteckige Fenster und dazwischen ein perforiertes Mauerwerk sind zwar eindeutig zeitgenössische Gestaltungsmittel, Farbigkeit und Oberflächenstruktur aber binden Alt und Neu zusammen. Im Grunde ist es auch gar keine richtige Aufstockung – Diezinger Architekten haben zwar die Traufe des zuvor steilen Pultdachs angehoben, um mit der besagten Fensterfassade das Obergeschoss mit dem Hof zu verbinden und ein besser nutzbares Raumvolumen zu erhalten, der First aber ist in seiner ursprünglichen Lage verblieben.
Innen zeichnet sich die Aufstockung an den Schmalseiten ab, wo die neuen Wandpartien leicht hinter die Ebene der historischen Mauern zurücktreten: keine Fuge, aber ein Versatz. Die Perforierung der Südfassade wird in der Gestaltung der mit Eichenholz verkleideten Decke aufgegriffen. Eiche kam auch für die Verkleidung der neuen Fensterfassade zum Einsatz und für den Dielenboden. So ist ein in dieser Größe und Qualität für Eichstätt neuer Saal von festlicher Anmutung entstanden, den der Pächter der Burgschänke selbst bespielen oder verpachten kann – ein zweites Standbein neben dem Betrieb des eigentlichen Gastraums im Erdgeschoss.
Die dort vormals eher schummerige Atmos-phäre ist einer lichten Weite gewichen, überspannt von den spätgotischen Gewölben über dem Horizont des Eichenholzes, das für die Wandpaneele, Möbel und Bodendielen verwendet wurde. Ein explizit zeitgenössisches Detail ist die scharfkantig-stählerne Zarge des Durchgangs zur neuen Küche – dass dieser schräg durch die Wand schneidet, ist weniger gestalterisch gewollt, als dem funktionalen Zusammenhang der beiden Bereiche geschuldet.
Verbunden sind Erd- und Obergeschoss über eine ebenfalls stählerne Treppe im Westen, die, in Schattnerscher Manier, Abstand zur Wand hält: „Ich muss meine Herkunft ja nicht verleugnen“, so Diezinger mit einem Augenzwinkern. Dass die Treppe auch die Gewölbekeller unter der Burgschänke miterschließt, weist auf eine mögliche künftige Nutzung auch dieser Räume.



Fakten
Architekten Diezinger Architekten, Eichstätt
Adresse Burgstraße 19, 85072 Eichstätt


aus Bauwelt 21.2024
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