Bauwelt

Anbau für die Galerie Xavier Hufkens in Brüssel


Robbrecht en Daem haben für die Galerie Xavier Hufkens in Brüssel einen radikal kubischen Anbau entwickelt, der im Inneren überraschend mit dem Altbau verschmilzt.


Text: Drewes, Frank F., Berlin


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    New Museum in klein? Während in New York Setbacks zum guten Wolkenkratzer-Ton gehören, passt sich das abgetreppte Volumen des Galerieanbaus ins Bild der Brüsseler Stadtstraße ein.
    Foto: Kristien Daem

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    New Museum in klein? Während in New York Setbacks zum guten Wolkenkratzer-Ton gehören, passt sich das abgetreppte Volumen des Galerieanbaus ins Bild der Brüsseler Stadtstraße ein.

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    Das Äußere zeigt einen harten Kontrast von Neu und Alt.
    Foto: Kristien Daem

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    Das Äußere zeigt einen harten Kontrast von Neu und Alt.

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    Im Inneren aber haben Robbrecht en Daem ein räumliches Kontinuum geschaffen, in dem die Gegensätze aufgehoben sind.
    Foto: Kristien Daem

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    Im Inneren aber haben Robbrecht en Daem ein räumliches Kontinuum geschaffen, in dem die Gegensätze aufgehoben sind.

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    Alt und Neu und Mittelalt ergeben ein stimmiges Ganzes: außen das neue Dachgeschoss des Altbaus,
    nebenstehend der zweigeschossige Raum, den Robbrecht en Daem 1992 beim Umbau des Stammsitzes implantiert haben.
    Foto: Kristien Daem

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    Alt und Neu und Mittelalt ergeben ein stimmiges Ganzes: außen das neue Dachgeschoss des Altbaus,
    nebenstehend der zweigeschossige Raum, den Robbrecht en Daem 1992 beim Umbau des Stammsitzes implantiert haben.

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    Die Treppe im Neubau.
    Foto: Kristien Daem

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    Die Treppe im Neubau.

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    Drei Stufen führen aus dem Erdgeschoss des Neubaus zum Aufzug, weitere vier Stufen in den Altbau. Die Obergeschosse gehen ohne Versprung ineinander über.
    Foto: Kristien Daem

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    Drei Stufen führen aus dem Erdgeschoss des Neubaus zum Aufzug, weitere vier Stufen in den Altbau. Die Obergeschosse gehen ohne Versprung ineinander über.

    Foto: Kristien Daem

2022, Kassel, documenta 15: Alle fünf Jahre wird Kassel zur Weltkunstmetropole. Aber was sind fünf Jahre im Verlauf von Jahrtausenden Kunstgeschichte? Mit dem Rückblick auf die documenta 14 kann man nur von Quantensprüngen sprechen. Corona und der Digitalisierung geschuldet, scheint der Kunstmarkt auf den Kopf gestellt. Allerorts Online-Showrooms, Videos, NFT, Online-Auktionen, Virtual Reality – zunehmend gegendert, inklusiv, postkolonial aufgeklärt und nun von Künstlerkollektiven.
2022, Brüssel, Galerie Xavier Hufkens: Zum 35. Jubiläum gönnt sich der Galerist einen fulminanten Anbau an sein Stammhaus und setzt auf ein minimalistisch-brutalistisches Statement. Zur Eröffnung werden Arbeiten von Christopher Wool gezeigt, also eine Solo-Show eines „Old White Man“ aus der kommerziellen Weltkunstmetropole New York, dessen Werke bei Auk­tionen Spitzenpreise erzielen. Xavier Hufkens selbst zählt zur Weltelite der Galeristen, und seine Künstler gehören zu den Blue Chips des Kunstmarkts.
Der Anbau an den Stammsitz in der Rue Saint-Georges ist ein physisches Statement für den klassischen Kunsthandel. Schon vor dem Betreten nimmt die Aura der skulpturalen Architektur gefangen und weckt Assoziationen an Museen und Kunsthallen. Bestand und Anbau stehen im Maximalkontrast zueinander: Hier Beaux-Arts von 1911, sofort als Residenz erkennbar – dort rohe Materialität und eine Abstraktion, die keinen Hinweis auf die Nutzung gibt. Robbrecht en Daemarchitecten hatten vor dreißig Jahren schon den Altbau zur Galerie umgebaut und konnten nun die Ausstellungsfläche auf 827 Quadratmeter verdreifachen.
Hufkens hatte 1997 das Nachbargebäude erworben, das die Galerie erdgeschossig erweiter-te, nun aber dem Neubau weichen musste. Mit ihm sollte die Galerie allen Ansprüchen an Ausstellungen, Verwaltung und Lagerung gerecht werden, denn allen digitalen Aspekten zum Trotz präsentieren sich die Global Players unter den Galeristen keineswegs primär auf Online-Plattformen.
Zeigt der Bestand noch die Strukturen eines Wohnhauses, so gibt sich der Neubau abstrakt; bietet große Wandflächen sowie Freiräume für Skulpturen und Installationen. Die Volumetrie präsentiert sich mit scharfkantigem Sichtbeton, weitgehend geschlossen und mit rhythmisierenden Vor- und Rücksprüngen. Nur zwei Fenster gliedern die Straßenfassade, der Eingang hingegen liegt in der Durchfahrt zum Hof, die vom auskragenden ersten Obergeschoss vor Wind und Wetter geschützt wird. Gleichzeitig vergrößert die Auskragung die Grundfläche des Obergeschosses, während ein kleiner Rücksprung des zweiten Obergeschosses einen Tageslichtstreifen in der Decke des darunter liegenden Raums ermöglicht. Das dritte Obergeschoss springt sowohl zum Nachbarn als auch zur Straße zurück, was zwei weitere Streifen Tageslichtdecke bietet und die Straßenfassade bündig mit der Attika des Beaux-Arts-Gebäudes abschließen lässt.

Schalglatter Ortbeton und sandgestrahlte Oberflächen
Das Raumprogramm verteilt sich auf sechs Ebenen, von denen zwei bis 8,5 Meter unter Straßenniveau reichen. Das Erdgeschoss kann schwellenfrei betreten werden, liegt aber drei Stufen tiefer als der Aufzug, den wiederum vier Stufen vom Altbau trennen. Der zentrale Aufzugskern erschließt neben denm Neubau auch die Obergeschosse des Altbaus, auf deren Hö­he die neuen Räume angepasst wurden.
Beim Betreten der Galerie stechen sofort die Perfektion des Ausbaus, die ausgewogenen Proportionen und die raffinierte Wegeführung ins Auge. Vom Eingang zieht eine Diagonal-En­filade über eine Treppenkaskade den Blick vom Neubau in den Altbau. Was sich von Außen als Kontrast darstellt, ist im Inneren ein geschickt verwobenes Kontinuum von Räumen, zwischen denen man unmerklich vom Neubau in den Altbau wechselt und zurück. Der gesamte Boden des Neubaus sowie das Erdgeschoss des Bestands sind mit Estrich ausgeführt. In den oberen Geschossen kamen breite Holzdielen zum Einsatz, was Bibliothek und Büroräumen eine behagliche Atmosphäre verleiht. Das Treppenhaus, das den Eingang mit der Belle Etage verbindet, ist ein Relikt aus der Bauzeit des Stadthauses.
Das neue Treppenhaus erstreckt sich längs der Straßenfront und ist gänzlich in Sichtbeton gehalten. Hier wechselt schalglatter Ortbeton mit sandgestrahlten Oberflächen – selbst die Treppenläufe sind sandgestrahlt und somit rutschhemmend. Eines der beiden Fassadenfenster belichtet das Treppenhaus und schließt mit seinem Edelstahlrahmen bündig mit der Innenwand ab. Der scherenschnitthafte Purismus dieses Fensters wird durch eine innenliegende Entwässerung der Fensterbank erreicht. In ebenso feinem Sichtbeton sind die Decken gegossen, für die Wellbleche als Schaltafeln verwendet wurden. Lüftungsschlitze sind elegant integriert, die Lichtschienen in Aluminium abgehängt. Der Altbau wurde gänzlich mit einer Fußbodenheizung ausgestattet, der Neubau verfügt über eine thermische Bauteilaktivierung in allen Wänden und Böden.
Dank der geschickten Wegeführung vermittelt die Galerie die Komplexität und Atmosphäre eines Museums. Vier Ebenen sind dem Publikum zugänglich, zwei dem internen Gebrauch vorbehalten. Über eine diskret in die Bibliothek integrierte dritte Treppenanlage sind die drei Bürogeschosse verknüpft. Eine Außentreppe führt vom Ausstellungraum im Keller in den von Martin Wirtz gestalteten Skulpturengarten.
Energetisch soll die Galerie dank Solarpanelen und 23 Erdwärmesonden weitgehend CO2-neu­tral betrieben werden können. Doch so zeitgemäß Architektur und technische Ausrüstung auch sein mögen, vermittelt die Galerie doch klassisch museale Atmosphäre, was dem kommerziellen Charakter einer privat betriebenen Galerie sehr zugute kommt. Den ewig wechselnden Trends und „Fünfjahresplänen“ sollten sich Kunst-räume nicht unterwerfen: Starke Räume dulden jede Art von Kunst.



Fakten
Architekten Robbrecht en Daem, Gent
Adresse Rue Saint-Georges 6, 1000 Bruxelles, Belgien


aus Bauwelt 16.2022
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