Bauwelt

Allapattah und Tellahassee

Therese Mausbach hat sich auf ihrer Reise entlang der Ost­küste der USA viele Museen der schönen Künste angesehen.

Text: Mausbach, Therese, Berlin

Allapattah und Tellahassee

Therese Mausbach hat sich auf ihrer Reise entlang der Ost­küste der USA viele Museen der schönen Künste angesehen.

Text: Mausbach, Therese, Berlin

Im Stadtteil Allapattah, auf halber Strecke zwischen Flughafen und Miami Beach, bin ich Mitte April beim Besuch der Stadt auf der Suche nach einem sehr speziellen Lagerhaus. Es beherbergt das neue Museum of Sex, ausgestaltet nach einem Entwurf von Snøhetta. Die Zusammenarbeit beruhe auf „positivity and joy“, so das Büro. Übergroße „Sexroboter“ eröffnen die Ausstellung in der Außenstelle. Die Umsetzung erregt meine Neugier. In New York City ist das Museum of Sex schon über zwanzig Jahre offen und wird vollmundig MoSex genannt. Es beleuchtet „die Geschichte, Entwicklung und die kulturelle Bedeutung der menschlichen Sexualität“. Daniel Gluck, der Gründer des Museums, nennt als Referenz das Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld, das im Bauhaus-Jahr 1919 in Berlin gegründet wurde.
Und Miami? Der Standort in der Nähe des Design Districts von Allapattah soll 1000 Quadratmeter größer sein als der in New York! Die tropische Hitze lässt mein Interesse am Museum weiter aufflammen: Ich sehe bereits fluoreszierendes Violettlicht vor mir, das aus den Fenstern des Flachbaus in der Dämmerung hervorsticht. Doch es gelingt mir nicht, es zu finden. Auf der Suche nach dem MoSex 2 hilft mir kein in den USA sonst so zuverlässiges GoogleMaps. Ebenso fehlt jegliche Information über den Standort in Allapattah auf der Website der Architekten.
Was ist da los? Wo ist das MoSex 2? War ich auf einer falschen Fährte? Oder wurde es von Floridas strengkonservativem Gouverneur Ron DeSantis rigoros von allen Plattformen entfernt? Alles ist möglich, denn kürzlich wurde die Leiterin einer christlichen Schule in Tellahassee, Florida, entlassen, weil sie – ohne die Eltern der Kinder vorher um Erlaubnis zu bitten – den David von Michelangelo im Unterricht gezeigt hatte. Die Statue des nackten Jünglings sei angeblich „pornographisch“, hieß es. Die Schulleiterin
ist übrigens längst in Florenz eingetroffen, vom Bürgermeister in die Galleria dell’Accademia eingeladen. Vielleicht verschaffen die Hightech-Roboter in Miami – sofern auffindbar – einen leichteren Bildungszugang. Der marmorne Held aus dem Alten Testament wiegt mit seinen fünf Tonnen ja wirklich schwer.

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