Zauberburg
Das Team von Max Dudler entscheidet den Neubau-Wettbewerb für ein Kinder- und Jugendtheater in Ulm für sich.
Text: Heißenbüttel, Dietrich, Esslingen am Neckar
Zauberburg
Das Team von Max Dudler entscheidet den Neubau-Wettbewerb für ein Kinder- und Jugendtheater in Ulm für sich.
Text: Heißenbüttel, Dietrich, Esslingen am Neckar
„Mit dem Theaterviertel zwischen der Olgastraße und der Neutorstraße verfügt die Stadt Ulm über ein Flächenpotential für eine Cityerweiterung mit bester Anbindung an Schiene und Straße“, heißt es auf der nicht mehr ganz aktuellen Website zum „Citybahnhof Ulm“. Die Zeitblomstraße sei die „Haupterschließungsstraße des neuen Stadtviertels und kann zum städtischen Boulevard aufgewertet werden.“ Auf den Plänen mündet die dritte Ulmer Fahrradstraße in einen Steg über die Bahngleise zum Dichterviertel.
Soweit die Theorie. In der Praxis besteht das Areal nordöstlich des Ulmer Hauptbahnhofs aus Parkplätzen, einem Autohaus, einer Telekom-Niederlassung und einigem Kleingewerbe. Und dem 1969 eingeweihten Theater von Fritz Schäfer. Der aus Sechsecken zusammengesetzte Bau steht seit 2008 unter Denkmalschutz und ist seitdem denkmalgerecht saniert worden. Zuletzt neu hinzugekommen ist vor allem die Straßenbahnlinie 2, die am Theater in die Neutorstraße einbiegt. An der Ecke Neutor-/ Zeitblomstraße, direkt hinter dem Theater, soll nun ein neues Kinder- und Jugendtheater entstehen.
In Abwesenheit einer erkennbaren städtebaulichen Konzeption hatten die Teilnehmer des dafür ausgelobten Wettbewerbs bei der Gestaltung freie Hand. Der Bau tritt an die Stelle zwei-er dreigeschossiger Wohnbauten der Nachkriegszeit und soll einerseits zusätzliche Werkstätten und Proberäume für das bestehende Theater enthalten, andererseits die neue Spielstätte der Jungen Ulmer Bühne werden. Sie war 2004 aus einer privaten Initiative entstanden und findet an ihrer derzeitigen Spielstätte im „Alten Theater“, einer umgebauten Schulturnhalle, nicht mehr genügend Platz.
Es geht also um eine „Adressbildung“ im doppelten Sinn: zum einen, den Unort hinter dem Theater zu einer ansprechenden Adresse, zum anderen das Kinder- und Jugendtheater als eigenständige Anlaufstelle erkennbar zu machen. Insofern erscheint nachvollziehbar, dass keiner der vier prämierten und zwei mit einer Anerkennung gewürdigten Entwürfe die Sechsecke des Bestandsbaus weiterführt, aber auch, dass der Jury die schlichten Kuben des zweiten und dritten Preisträgers zu langweilig erschienen.
58 Büros hatten sich auf die Ausschreibung im Februar beworben, von den 25 zugelassenen hatten 24 teilgenommen. Die Jury unter Vorsitz von Arno Lederer hat lange und intensiv diskutiert, sich dann aber einstimmig für den Entwurf von Max Dudler entschieden.
Wie eine „Zauberburg“ erschien den Preisrichtern der Bau mit dem spitzen Giebel an der Ecke, fünf weiteren Giebeln entlang der Zeitblomstraße und dreien zum Hof. Dachflächen wie Wände sind lückenlos überzogen von einem orientalisch anmutenden Ziegelornament. Dass die Giebelreihe nicht, wie so häufig, auf
eine vorhandene Altstadtbebauung verweist, stört die Jury nicht. Allerdings moniert sie, dass das Ornament nur aus Klinkerriemchen bestehen soll, die auf Betonfertigteile aufgeklebt sind, und dass die fensterlosen Fassaden die innenräumlichen Qualitäten beeinträchtigen würden. Inkonsequent erscheint auch der Haupteingang an der Traufseite, direkt vom Bürgersteig aus, wo doch im Winkel zwischen Bestands- und Neubau ein eigener Vorplatz zur Verfügung gestanden hätte. Dort ist die Anlieferung für beide Theater vorgesehen, was der Jury „erstaunlich praktikabel“ erscheint. Zudem lobt sie den Dachgarten hinter dem hohen spitzen Giebel, der als „Brücke zwischen beiden Kulturinstitutionen“ diene, und die gelungene Anbindung an den Bestandsbau.
eine vorhandene Altstadtbebauung verweist, stört die Jury nicht. Allerdings moniert sie, dass das Ornament nur aus Klinkerriemchen bestehen soll, die auf Betonfertigteile aufgeklebt sind, und dass die fensterlosen Fassaden die innenräumlichen Qualitäten beeinträchtigen würden. Inkonsequent erscheint auch der Haupteingang an der Traufseite, direkt vom Bürgersteig aus, wo doch im Winkel zwischen Bestands- und Neubau ein eigener Vorplatz zur Verfügung gestanden hätte. Dort ist die Anlieferung für beide Theater vorgesehen, was der Jury „erstaunlich praktikabel“ erscheint. Zudem lobt sie den Dachgarten hinter dem hohen spitzen Giebel, der als „Brücke zwischen beiden Kulturinstitutionen“ diene, und die gelungene Anbindung an den Bestandsbau.
Der zweite Platz ging an Wulf Architekten, die vor allem auf funktionaler Ebene fast alles richtig gemacht haben. Der eingezogene Eingang sorgt für einen kleinen überdachten Bereich. „Die Anlieferung, Erschließung und Raumorganisation ist über alle Ebenen souverän gelöst“, so die Jury, das Kinder- und Jugendtheater verbinde sich „nahezu symbiotisch mit dem Theaterbestand“, das „Haustechnikkonzept verfolgt die Low-Tech-Schiene und nutzt sinnvoll seine Potenziale.“ Im Inneren gibt es einen offenen Raum durch alle Etagen, der als Atrium mit Oberlicht funktioniert. Lediglich der „selbstbewusste Auftritt des Bauvolumens wird kontrovers diskutiert“, denn als massiver Kubus besetzt der Bau fast das gesamte Grundstück und erreicht nahezu die Hö-he des Bestandsbaus.
Das erscheint beim dritten Preisträger, dem Büro hjp aus Würzburg, besser gelöst. Der siebengeschossige Kubus auf quadratischem Grundriss zieht sich etwas mehr an die Straßenecke zurück, sodass zu einem kleinen Anbau an einen benachbarten Bestandsbau noch ein Durchgang verbleibt. Allerdings führe die gewählte kubische Form zu „Einschränkungen in der Funktion und Zuordnung von Nutzungsbereichen“, beklagt die Jury und vermisst einen Hinweis auf die Nutzung als Jugendtheater.
Auf dem vierten Platz landete der Entwurf von schleicher.ragaller architekten aus Stuttgart, der tatsächlich als einziger versucht, mit dem Bestandsbau in einen Dialog zu treten, statt einfach nur ganz anders zu sein. Die über die zweite und dritte Etage zu viereinhalb flachen, verglasten Dreiecken ausgefaltete Fassade des Foyers greift die Winkel der Bauten von Fritz Schäfer auf, denen der Entwurf auch in seiner Höhenstaffelung folgt. Ob das zu „aufgeregt“ oder gegenüber dem Bestandsbau zu dominant sei, darüber lässt sich streiten, ebenso ob „das Anschließen des Gehäuses über die gesamte Nordseite der Theaterfassade“ das Baudenkmal stärker beeinträchtigt als ein extremer Kontrast wie im Fall des Siegerentwurfs. Allerdings gibt es funktionale Einschränkungen: etwa dass der Orchestersaal auf der obersten Etage liegt. Noch dazu befürchtet die Jury, dass es bei 20 Prozent mehr umbautem Raum, verglichen mit den anderen Entwürfen, zu höheren Baukosten käme.
Realisierungswettbewerb
1. Preis Max Dudler mit Bernardo Cabral, Pichler Ingenieure, beide Berlin
2. Preis ARGE Wulf architekten | theapro, mit Pfefferkorn Ingenieure und Béla Berec, alle Stuttgart
3. Preis hjp architekten, Würzburg, mit Federlein Ingenieurgesellschaft, Salz, itv, Berlin, Christian de Buhr, Sommerhausen, iBC Ingenieurbau-Consult, Mainz, Modellwerk Weimar, und grauwald studio, Berlin
4. Preis schleicher.ragaller architekten, Stuttgart, mit Markus Falthauser, Reutlingen
Anerkennungen ARGE Behnisch Architekten, Stefan Rappold, Stuttgart, mit Fast+Epp und Eberl-Pecon, Berlin; Auer Weber Assoziierte, Stuttgart, mit Mayr Ludescher, Stuttgart, und Homolka Modellbau, Leinfelden Echterdingen
Jury
Tim von Winning, Arno Lederer (Vorsitz), Julia Klumpp, Peter Brückner, Andreas Cukrowicz, Matthias Michel, Gerhard Bühler, Eva-Maria Glathe-Braun, Doris Schiele
Ausloberin
Stadt Ulm, Fachbereich Stadtentwicklung, Bau und Umwelt
1. Preis Max Dudler mit Bernardo Cabral, Pichler Ingenieure, beide Berlin
2. Preis ARGE Wulf architekten | theapro, mit Pfefferkorn Ingenieure und Béla Berec, alle Stuttgart
3. Preis hjp architekten, Würzburg, mit Federlein Ingenieurgesellschaft, Salz, itv, Berlin, Christian de Buhr, Sommerhausen, iBC Ingenieurbau-Consult, Mainz, Modellwerk Weimar, und grauwald studio, Berlin
4. Preis schleicher.ragaller architekten, Stuttgart, mit Markus Falthauser, Reutlingen
Anerkennungen ARGE Behnisch Architekten, Stefan Rappold, Stuttgart, mit Fast+Epp und Eberl-Pecon, Berlin; Auer Weber Assoziierte, Stuttgart, mit Mayr Ludescher, Stuttgart, und Homolka Modellbau, Leinfelden Echterdingen
Jury
Tim von Winning, Arno Lederer (Vorsitz), Julia Klumpp, Peter Brückner, Andreas Cukrowicz, Matthias Michel, Gerhard Bühler, Eva-Maria Glathe-Braun, Doris Schiele
Ausloberin
Stadt Ulm, Fachbereich Stadtentwicklung, Bau und Umwelt
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