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Schreckgespenstmalerei

Jan Friedrich hätte selbst auch nichts gegen ein Häuschen im Grünen einzuwenden.

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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Jan Friedrich hätte selbst auch nichts gegen ein Häuschen im Grünen einzuwenden

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Jan Friedrich hätte selbst auch nichts gegen ein Häuschen im Grünen einzuwenden


Schreckgespenstmalerei

Jan Friedrich hätte selbst auch nichts gegen ein Häuschen im Grünen einzuwenden.

Text: Friedrich, Jan, Berlin

"Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen.“ Klaus Staecks legendäres Plakat von 1972 kam mir dieser Tage in den Sinn. Der Künstler nahm damals eine Verleumdungskampagne aus dem Umfeld der CDU gegen die Sozialdemokraten aufs Korn, die mit allerlei Unterstellungen das Schreckgespenst eines SPD-Wahlsiegs an die Wand malte. Mit dem – im Gegensatz zur Staeck-Kampagne – leider ironiefreien Warnruf „Deutsche! Die Grünen wollen euch eure Häuschen im Speckgürtel wegnehmen“ könnte man übertiteln, was sich in den vergangenen Tagen quer durch die Medienlandschaft abspielte.
Anton Hofreiter, Vorsitzender der grünen Bundestagsfraktion, hatte dem Spiegel ein Interview gegeben. Darin sprach er über die Probleme, die wir uns einhandeln, wenn Kommunen weiterhin ungebremst neue Einfamilienhausgebiete ausweisen. Er nutzte Argumente, wie sie jeder Stadtplaner seit Jahren rauf und runter betet. Endlich, dachte man, ist das Thema auf vernünftige Weise ganz oben in der politischen Diskussion angekommen! Doch weit gefehlt. Die Reaktionen auf das Interview hoben fast ausschließlich darauf ab, dass die Grünen wieder einmal ihr wahres Gesicht einer „Verbotspartei“ offenbart hätten. Im Spiegel durfte sich ein
Kolumnist zu der These versteigen, die Grünen wollten am liebsten alle Deutschen in die Ost-Platte zwingen. Das hätte dem Neuen Deutschland gefallen können, doch dort wurde stattdessen vor einer „Entkoppelung von den kleinen Träumen vieler Menschen“ gewarnt. Die zutiefst bürgerliche Zeit leitete gar her, dass die Grünen genau genommen nichts anderes als Klientelpolitik betrieben – für die Besserverdienenden, die bereits ein Eigenheim besitzen, dessen Wert durch die künstliche Verknappung von Einfamilienhaus-Baugrund enorm steige. Wow!
Dieser Streit über das angebliche „Eigenheim-Verbot“ ist ein Paradebeispiel dafür, welcher Gegenwind vernünftigen und in der Fachwelt weitgehend unstrittigen Positionen droht, wenn Medien und Politik darin ein Potenzial zur Profilierung zu entdecken meinen. In diesem Fall hat es wieder funktioniert: Die Grünen sind unter Druck geraten. Mal sehen, welcher Politiker sich im Wahljahr noch einmal traut, die Themen Zersiedelung und Flächenverbrauch anzurühren.

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