Vergessene Vergnügungsbauten
Benedikt Crone erfreut sich heimlich am Gute-Laune-Erbe der Achtziger.
Text: Crone, Benedikt, Berlin
Vergessene Vergnügungsbauten
Benedikt Crone erfreut sich heimlich am Gute-Laune-Erbe der Achtziger.
Text: Crone, Benedikt, Berlin
Auf meinem Arbeitsweg streife ich wohl die gesamte Chronik der Berliner Baugeschichte. Stets positiv ins Auge fällt mir ein Eckhaus, das als spätes und inoffizielles Kind der Internationalen Bauausstellung 1984/87 angesehen werden kann. Während die Kubatur des Wohnungsbaus vorbildlich dem gründerzeitlichen Blockrand folgt, blickt man hinter einer Klinkermauer in einen verspielten Innenhof, auf Wände mit kreisartigen Fenstern, halbrunde Balkone und knallrote Säulen. Ein beschwipstes Werk der Postmoderne.
Nun lassen sich an und in den vielen Bauten der Achtziger wie Neunziger Jahre sicherlich auch verwaiste Ecken, muffige Innenräume, viel zu kleine Fenster und ästhetische Ausrutscher finden (sorry, Peter Eisenman, Checkpoint Charlie failed). Und doch scheint von der Materialwahl und Gestaltungsfreiheit, bei der es keinerlei Angst vor einer inflationären Verwendung tradierter Elemente der Bauhistorie gibt, heute eine Sektlaune auszustrahlen, die wenn sie nicht ansteckend wirkt, dann zumindest neugierig auf ein Betreten macht. Eine Leistung, die nicht jedes Haus von sich behaupten kann.
So könnte etwas Heiterkeit auch manch gegenwärtigem Wohnungsbau nicht schaden, wenn aus einer Angst vor zu viel Wärme wieder auf schlichte Würfelformen, kühlen Sichtbeton oder Fassaden aus Metallpaneelen gesetzt wurde, als handele es sich um einen Baumarkt im Gewerbegebiet. Für die meisten Menschen, das ist nur eine Vermutung, ist eine wohlige Atmosphäre nichts Unangenehmes.
Aber natürlich muss auch das Erbe der IBA wie jeder Bestand gepflegt werden, wozu bei dem Wohnungsbau auf meinem Arbeitsweg unlängst die Zeit gekommen scheint. Denn die ganze Freundlichkeit nützt wenig, wenn sie nur aufgesetzt ist und das Haus spätestens nach dem Betreten seine ehrliche Fratze zeigt.
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