Interventions
Text: Peschke, Marc, Wiesbaden
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Text: Peschke, Marc, Wiesbaden
Der Mensch als geologische Kraft: 57 Fotografien von Eingriffen in die norwegische Natur zeigt uns Adrian Bugge in seinem neuen Fotobuch, die er über einen Zeitraum von 15 Jahren von Kirkenes im Norden bis Sokndal im Süden des Landes aufgenommen hat. Das Ausmaß dieser Eingriffe ist gewaltig. Das zeigen die Bilder des 1981 geborenen Osloers, die den so aktuellen Begriff des „Anthropozän“ in beeindruckende Bilder gießen: die Tatsache, dass wir uns heute in einem geologischen Zeitalter befinden, in dem es die Menschheit ist, die den dominanten geophysikalischen Einfluss auf das Erdsystem hat. Und die Verantwortung für die Zukunft des Planeten.
Als Landschaftsfotograf hat sich Bugge stets gerade für die Eingriffe des Menschen interessiert, wie er sich erinnert: „Schon als ich anfing, in der Natur zu fotografieren, bezog ich Eingriffe wie Hochspannungsleitungen oder abgeholzte Waldstücke stets mit ein. Dinge, die traditionelle Naturfotografen oft ausblenden, obwohl sie doch überall präsent sind. Ich erinnere mich, dass ich von den Hochspannungsleitungen und dem knisternden Geräusch, das sie im Winter machten, fasziniert war. Diese fremden Elemente im Wald hatten etwas Beunruhigendes an sich, was mir gefiel.“
Bugge fotografierte die Produktion von Kunstschnee in der Nordmarka, einem großen Waldgebiet nördlich von Oslo, oder auch den Hafen von Jøssingfjord in der Provinz Rogaland in Südnorwegen. Ganz in der Nähe ist ein riesiges Bergwerk. Hier baut man Ilmenit ab, das im Hafen auf Schiffe verladen und weltweit in der Farben-, Kunststoff-, Papier- und Kosmetikindustrie verwendet wird.
Oder der Windpark in Sokndal. 50 Windturbinen produzieren hier Strom für Google. Ein anderes Bild einer Eisenerzmine zeigt Pumpen, die verhindern sollen, dass sich die Krater mit Wasser füllen und zu Seen werden. Die Mine ist geschlossen, doch die Pumpen werden immer nochbenötigt – der Eingriff ist irreversibel.
Diese Bilder haben eine politische Dimension, aber auch eine ästhetische: Erst die Eingriffe machen das Bild interessant, sagt Bugge. Dennoch sind diese Natur-Dystopien erschreckend – die Dimension der Eingriffe ist immens, wie im Buchbeitrag des Geologen Henrik H. Svensen zu lesen ist. So schreibt dieser, dass der Mensch jedes Jahr mehr Steine bewegt als die natürliche Erosion durch Flüsse, Meeresströmungen, Wind und Gletscher zusammen. Bugges Projekt ist noch nicht abgeschlossen; der Fotograf kündigt bereits an, dass er sich in Zukunft noch mehr damit beschäftigen will, wie die „Interventionen“ des Menschen sich auf unser Leben selbst auswirken.
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