Bauhaus Fachzentrum
Text: Ballhausen, Nils, Berlin
Außen Qualität, innen Banalität: Thomas Müller Ivan Reimann Architekten verschafften einer Baumarkt-Filiale einen Auftritt, der dem Ort angemessen ist
Im Jahr 1988 war auf dem ehemaligen Güterbahnhof Halensee schon einmal Großes geplant: Nach einer Überdeckelung des in einem weiten Verkehrsgraben liegenden Areals hätten hier, am westlichen Ende des Kurfürstendamms, 1400 Wohnungen gebaut werden sollen. Nachdem Berlin (West) mit dem Mauerfall aus seiner beengten Insellage befreit war, fiel der stillgelegte Güterbahnhof wieder zurück in seinen Dornröschenschlaf, kleine Gewerbebetriebe siedelten sich an. Zwanzig Jahre später war die Bahnliegenschaft an die Cosmos Grundstück- und Vermögensverwaltung GmbH veräußert, die dort eine Filiale der Baumarkt-Kette „Bauhaus“ realisieren wollte. Üblicherweise sind dies belanglose, acht Meter hohe weiße Trapezblechkisten mit roter Borte und roter Leuchtschrift, umgeben von Parkplätzen. Solch eine Gewerbegebiet-Atmosphäre wäre vermutlich auch hier in der City-West entstanden, hätte nicht der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf 2008 das Bebauungsplanverfahren eingesetzt, um eine anspruchsvollere Erscheinung einzufordern.
„Der Bezirk hat sich an dieser Stelle um die Stadt verdient gemacht“, betont Ivan Reimann. Im vorgeschalteten Gutachterverfahren konnte sich sein Büro unter drei konkurrierenden Berliner Kollegen durchsetzen. Statt von Fassaden spricht Reimann lieber von dem richtigen „Auftritt“, den er diesem Gebäude habe verschaffen wollen, und das mit einer hochwertigen „Verpackung“, die einerseits der besonderen städtischen Situation gerecht wird und andererseits die klare einheitliche Kubatur des Fachmarkts unterstützt – mithin das Gegenteil vom gedankenlosen Stückwerk auf der Grünen Wiese.
Potenzial für mehr
Großflächiger Einzelhandel in bester Lage: 18.700 Quadratmeter Verkaufsfläche, insgesamt 22.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche mit Autobahn- und S-Bahnanschluss. Aus der speziellen Lage zwischen Gleis- und Straßenniveau ergab sich eine Vorderseite (Ku’damm) und eine Rückseite (Parkplatz), es gibt also – relativ ungewöhnlich für einen Baumarkt – zwei Zugänge auf unterschiedlichen Ebenen und mit unterschiedlicher Prägung, einen für Autofahrer, einen für Passanten. Die Architekten erinnerte dieses Setting eher an einen Bahnhof, als an einen Baumarkt: Eingangshalle, Treppenanlage, Bahnhofshalle. Die Marketing-Bezeichnung „Stadtgarten“, so nennt sich die Gartenabteilung der Kette, übersetzten sie in eine zum Kurfürstendamm vorgelagerte Halle. Als übergroße Vitrine ist sie eher ein Teil der Großstadt, der sie sich mit Eleganz (und eigener Café-Terrasse) zuwendet. Als quasi halb-öffentlicher Übergangsbereich ist sie ein klimatischer und gestalterischer Puffer zwischen Trottoir und Verkaufsfläche und könnte viel mehr sein, als, wie bislang, eine Stellfläche für Sonderangebote. Mit diesem Raumangebot – Ivan Reimann nennt es „Werbung, die keine Werbung sein will“ – sollte der Betreiber künftig mehr experimentieren. Leider hat es der Bezirk versäumt, dies zur Bedingung zu machen. Der Wintergarten gilt als Verkaufsfläche und nicht als Eingangsbereich.
Die gut 10.000 Quadratmeter große Aluminium-Fassade bricht mit dem eingangs beschriebenen Corporate Design des Nutzers. Anfangs waren noch weiße Corian-Elemente im Gespräch, doch hätte eine allzu glatte Fläche den Schall aus der Verkehrsschneise unmittelbar auf die umliegende Wohnbebauung reflektiert. Um diesen Effekt zu verhindern, konzipierten die Architekten eine Hülle aus dreidimensionalen Elementen, die den Schall eher streut. Die scharfkantig gefalteten und präzise gefügten Alucobond-Platten erzeugen, auch dank ihrer Beschichtung im Farbton „brillantmetallic“, überraschende Bilder. Je nach Lichtverhältnissen wirkt die Fassade mal wie Flechtwerk, mal wie Waben, mal wie ein zweidimensionales Ornament. Aus Sicht der Verkehrsteilnehmer, die das Gebäude zahlreich umströmen, ergeben sich nochmals andere Eindrücke.
Die Kippfigur ruft die großen Warenhäuser der sechziger Jahre ins Gedächtnis, als die fensterlosen Großvolumen von „Horten“ (West) oder „Centrum“ (Ost) sich mittels Rastern aus teils raffinierten Elementen zu abstrakten Mustern auflösten. Mit der Krise der Warenhäuser kam der Naturstein, die Modul- Fassade war passé. Im Segment der Fachmarktketten bestünde wohl noch am ehesten die Möglichkeit, dieses Erbe aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Derzeit ist nicht bekannt, dass der Bauherr andere seiner Filialen auf diese Weise einhaust. Die Kosten des Baumarkts in Berlin-Halensee werden auf 16,5 Millionen Euro beziffert, angeblich 10 bis 15 Prozent mehr als üblich. Wenn in die Kalkulation nicht allein Bau- und Unterhaltskosten, sondern auch der Imagegewinn einbezogen würde, könnte die Rechnung aufgehen.
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