Bauwelt

Der Boulevard



Text: Meyer, Friederike, Berlin


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Die sogenannte Expo-Achse ist Verkehrsknotenpunkt und Aussichtsterrasse, Ausstellungs- und Veranstaltungszentrum, Businessplattform und Shoppingmeile. Neben dem chinesischen Pavillon gilt sie als Wahrzeichen dieser Weltausstellung. SBA International und die Ingenieure von Knippers Helbig haben die hybride Struktur für die Zeit nach der Expo entwickelt.
Spätestens seit 1967, als Frei Otto in Montreal den deutschen Pavillon mit einem Zeltdach überspannte, scheint diese Art von Konstruktion zu Weltausstellungen einfach dazuzugehören. Und für neue Rekorde ist sie auch immer gut. Das Zeltdach der Expo-Achse in Shanghai ist derzeit das weltgrößte: 65.000 Quadratmeter PTFE-Glas-Membran erstrecken sich über einen Kilometer Länge, spannen frei über einhundert Meter und werden von 19 Innen- und 31 Außenmasten, 10.000 Stahlknoten sowie sechs trichterförmigen Schalen aus Stahl und Glas gehalten.
Wie schon vor 43 Jahren waren auch diesmal wieder Ingenieure aus Stuttgart am Werk. Knippers und Helbig zeichnen für die Tragwerksplanung verantwortlich, das architektonische Konzept stammt vom Architektur- und Stadtplanungsbüro SBA International. Und dieses ist bemerkenswert. Im Jahr 2006 hatte SBA einen internationalen Architektenwettbewerb gewonnen, bei dem es um ein Gebäude ging, das alle erdenklichen Funktionen eines zukünftigen Stadtzentrums in sich vereint. Die Besucher sollten nicht nur von der Metrostation zum Flussufer geführt werden, sondern dabei auch an Restaurants vorbeikommen, flanieren, spielen, einkaufen und sich treffen können. In Europa hätte man vermutlich kein Gebäude geplant, sondern eine Straße angelegt, unterbrochen von öffentlichen Plätzen und begleitet von Bauten mit Geschäften im Erdgeschoss. Die Architekten vermischten bei­des – das von den Auftraggebern gewünschte Gebäude und die europäischen Vorstellungen von öffentlichem Raum – und stapelten einfach mehrere Ebenen übereinander. So ist eine nach allen Seiten hin offene Struktur entstanden, die mit begrünten Böschungen in das Gelände eingebettet ist und in der sich die Grenzen zwischen Gebäude und Umgebung aufzulösen scheinen. Wie kein anderer der Großbauten, die für die Zeit nach der Expo entstanden sind – die Veranstaltungshalle, das Messe- und Kongresszentrum und der chinesische Pavillon –, vermittelt die Expo-Achse eine Ahnung davon, in welchem Maßstab und mit welcher Aufenthaltsqualität sich chinesische Städte in den kommenden Jahren entwickeln könnten.



Fakten
Architekten SBA International, Stuttgart; Knippers Helbig, Stuttgart
aus Bauwelt 23.2010
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