Bauwelt

Die Akademie in Nürnberg


Ein Hauptwerk der deutschen Nachkriegsarchitektur von Sep Ruf


Text: Meissner, Irene, München


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    Foto: Roland Halbe

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Mit der Akademie der Bildenden Künste konnte Sep Ruf – nach der Bayerischen Staatsbank – einen weiteren modernen Bau in Nürnberg errichten.
Der neue Direktor Fritz Griebel, dessen Kunst während der NS-Zeit als „entartet“ eingestuft worden war, hatte sich die Rückkehr der Akademie nach Nürnberg zum Ziel gesetzt, da er sich mit der Errichtung eines auf die modernen Bedürfnisse der Kunsthochschule zugeschnitten Neubaus im Grünen, abseits von der „braun konnotierten Altstadt Nürnbergs“ auch einen neuen Anfang versprach. Der Finanzausschuss der Stadt prüfte den Vorschlag, und da auch der Kulturreferent die Bedeutung der Akademie für die Wirtschaft und Industrie Nürnbergs betonte, wurde vom Stadtrat am 26. April 1950 einstimmig der Beschluss zur Errichtung eines neuen Ge- bäudes gefasst. Dieter Sattler, der zwei Jahre vor Ruf an der TH München diplomiert hatte und 1947 zum Staatssekretär für die Schönen Künste im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus ernannt worden war, beteiligte sich persönlich an der Suche nach einem geeigneten Bauplatz. Die Entscheidung fiel zugunsten eines bewaldeten Geländes am östlichen Stadtrand. Das Grundstück am Schmausenbuck war nicht unumstritten und rief zum Teil heftige Proteste in der Bevölkerung hervor. Dennoch wur- de nur knapp einen Monat später, am 17. Mai 1950, der Architekturwettbewerb ausgelobt, der nach Meinung von Rufs Akademiekollegen Wunibald Puchner (1915–2009) „viel zu kurzfristig angesetzt worden“ war. Puchner merkte an, dass der Wettbewerb gar nicht nötig gewesen wäre, da Ruf als Gewinner schon von vornherein festgestanden hätte. Tatsächlich sollten die Neubaupläne der Akademie öffentlichkeitswirksam zur 900-Jahr-Feier der Stadt am 14. Juli 1950 der Bevölkerung präsentiert werden.
Um die vorgesehene Bebauung in die Landschaft einzupassen, war gemäß Ausschreibung eine eingeschossige „lockere Gruppierung“ der Anlage anzustreben. Die Realisierung des Bauvorhabens war in zwei Bauabschnitten geplant. Im ersten sollten Verwaltung, zehn Klassen, Räume für Meisterschüler, Lehrerateliers, ein Vortragssaal, ein Aktsaal, Bibliothek, Mensa sowie zwei Dienstwohnungen untergebracht werden. Im zweiten Bauabschnitt waren eine Aula, Räume für Bildhauer sowie der Bau der Gobelinmanufaktur geplant. Zur Abgabe am 8. Juli 1950 gingen 35 Arbeiten beim Auslober ein. Bereits vier Tage später, am 12. Juli, trat das Preisgericht zusammen, dem unter anderem Dieter Sattler (Vorsitz), Fritz Griebel, Stadtbaurat Heinz Schmeißner und Robert Vorhoelzer angehörten. Nach drei Rundgängen fiel die Entscheidung mit fünf gegen drei Stimmen für die Arbeit von Ruf. Den zweiten Preis erhielten die Bamberger Regierungsbauräte Fritz Bergler und Otto Sauer sowie deren Mitarbeiter Karl Diller; der dritte Preis ging an Wilhelm Schlegtendal.
Rufs Entwurf – eine Folge von Pavillons, die er mit offenen Gängen verband und die sich harmonisch in das mit Birken bestandene Gelände einfügten – wurde vom Preisgericht als eine „hervorragend angepasste Lösung“ gewürdigt, deren Auflockerung dem Gedanken einer „zeitgemäßen Kunsthochschule“ entspreche. Zunächst focht jedoch der Architekt Denzinger aus Bug bei Bamberg, der ebenfalls am Wettbewerb teilgenommen hatte, auch im Namen seiner Mitstreiter wegen angeblich unlauterer Wettbewerbsbedingungen und unzulässiger Teilnahme von Ruf das Ergebnis an. Ruf sei als Akademielehrer nicht nur mit der Vorbereitung vertraut gewesen, sondern auch der Direktor der Akademie, Fritz Griebel, sei Mitglied des Preisgerichts gewesen. Die Einwände konnten schnell ausgeräumt werden, und die Grundsteinlegung fand planmäßig anlässlich der Eröffnung der 900-Jahr-Feier der Stadt Nürnberg statt. Der Baubeginn verzögerte sich dann allerdings aufgrund des Korea-Krieges und steigender Preise für Baumaterialien sowie fehlender Haushaltsmittel um zwei Jahre, sodass erst im Juli 1952 mit den Arbeiten begonnen werden konnte.
Ein halbes Jahr später, am 28. März 1953, fand das Richtfest statt, wiederum ein gutes Jahr später, am 15. Juni 1954, wurde der erste Bauabschnitt des Neubaus der Akademie eingeweiht, die Aula war im Dezember 1954 fertiggestellt. Da Ruf zum 1. April 1953 an die Akademie nach München wechselte, konnte er selbst in dem von ihm errichteten Gebäude nicht mehr lehren.
[...] Die weit auskragenden, sich mit der Landschaft verzahnenden Flachdächer mit dünnen Dachrändern verursachten allerdings bautechnische Probleme. Die Eindeckung war zunächst mit Kupfer ausgeschrieben, durch die Korea-Krise wurde sie auf Anordnung der Behörden mit verzinktem Eisenblech – und dazu noch mangelhaft – ausgeführt. Im November 1957 berichtete die Münchner Abendzeitung über die „Baureparaturstelle ‚Nürnberg Akademie‘“. Das Finanzministerium schätzte die Schäden auf ca. 165.000 DM. 1961 reichte die Staatsregierung eine gerichtliche Klage auf Schadensersatz von 200.000 DM ein. Es kam zu einem Vergleich. Ein Gutachten ergab, dass Ruf nicht gegen die damals geltenden Vorschriften verstoßen hatte. Ruf erklärte sich „ohne Anerkennung einer Pflicht, zu einer Zahlung von 90.000 DM an den bayerischen Staat einverstanden. Umgekehrt räumte dieser ein, etwaige Regressansprüche an Baufirmen an den Architekten abzutreten.“ Der Chef der Dachdeckerfirma und der Leiter des Landbauamtes Nürnberg, Oberregierungsbaurat Kurt Augsberger, wurden beide wegen „aktiver und passiver Bestechung“ verurteilt. 1984 wurden bei Sanierungsmaßnahmen die Flachdächer un­ter Protesten der Denkmalpfleger, Architekten und des Deutschen Werkbunds in Teilen verändert. Eine weitere Veränderung war die Aufstellung frei stehender Mauerscheiben auf dem Grundstück. Sep Ruf errichtete 1961 auf dem Gelände der Akademie noch die Gobelinmanufaktur. Als Gegenstück zur transparenten Pavillonarchitektur konzipierte er für die Manufaktur einen streng kubischen, zweigeschossigen, flach gedeckten Bau aus Sichtziegelmauerwerk ohne Dachüberstand. 1988 wurde die Akademie unter Denkmalschutz gestellt.



Fakten
Architekten Ruf, Sep (1908-82); Puchner, Wunibald (1915–2009)
Adresse Bingstraße 60, 90480 Nürnberg ‎


aus Bauwelt 33.2013
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