Musée des Confluences in Lyon
Nach 14 Jahren Planungs- und Bauzeit, begleitet von zahlreichen Hindernissen, hat Lyon ein Wahrzeichen von Coop Himmelb(l)au bekommen: das Musée des Confluences
Text: Redecke, Sebastian, Berlin
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Das Museum erhebt sich am Zusammenfluss von Rhône und Saône. Im 1. und 2. OG. liegen Austellungsflächen, darüber Verwaltung und Café.
Foto: Quentin Lafont, Musée des Confluences
Das Museum erhebt sich am Zusammenfluss von Rhône und Saône. Im 1. und 2. OG. liegen Austellungsflächen, darüber Verwaltung und Café.
Foto: Quentin Lafont, Musée des Confluences
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Eingangshalle mit Loch im Dach, das in den „Trichter“ mündet. Hinter dem Museum die Spitze der Halbinsel
Foto: Duccio Malagamba
Eingangshalle mit Loch im Dach, das in den „Trichter“ mündet. Hinter dem Museum die Spitze der Halbinsel
Foto: Duccio Malagamba
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Die Austellungsräume sind schwarz und völlig autark. Besonderen Wert legt das Museum auf die Inszenierung der Präsentation.
Foto: Quentin Lafont, Musée des Confluences
Die Austellungsräume sind schwarz und völlig autark. Besonderen Wert legt das Museum auf die Inszenierung der Präsentation.
Foto: Quentin Lafont, Musée des Confluences
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Die zentralen Erschließungsräume enttäuschen; Wolf D. Prix nennt sie Boulevards.
Foto: Sebastian Redecke
Die zentralen Erschließungsräume enttäuschen;
Wolf D. Prix nennt sie Boulevards.
Foto: Sebastian Redecke
Soll man sich auch beim Besuch dieses Museums darüber echauffieren, dass es sich mit seinem äußeren Gehabe über den Inhalt erhebt? Ja, denn an der Südspitze der Halbinsel von Lyon, wo die Rhône und die Saône zusammenfließen, ist ein Gebilde entstanden, das mit dem eigentlichen Museum rein gar nichts zu tun hat. Es steht für sich als interessant anzuschauende Skulptur, deren Anblick wohl bei jedem, der auf der Autobahn A7 an ihm vorbei fährt, haften bleibt.
Lyon, die zweitgrößte Stadt des Landes, in den Augen vieler Franzosen gilt sie als eher behäbig, hat endlich ihr Zeichen für Modernität bekommen. Rund 270 Millionen Euro hat der Bau gekostet. Zu Beginn der Planungen vor 14 Jahren wollte man mit 60 Millionen auskommen. Das Musée des Confluences, im Programm eine Mischung von den Ursprüngen des Universums über die Menschheits- bis zur Tier- und Pflanzengeschichte, ist aus dem alten Naturkundemuseum Guimet in Lyon hervorgegangen, das 2007 geschlossen wurde. „Confluence“, der Zusammenfluss der beiden Flüsse, wurde passend in den neuen Namen des Museums übernommen: Im Gehäuse soll alles Wissenswerte zu unserer Entstehungsgeschichte zusammenfließen.
Die Ausstellungsräume in den zwei Obergeschossen, insgesamt 4800 Quadratmeter Fläche, schotten sich als schwarze Boxen unterschiedlichen Zuschnitts völlig ab. Es wurde viel Mühe darauf verwandt, die Exponate der vier Themenbereiche mit aufwendiger Lichtinstallation und bewegten Bildern nicht nur zu arrangieren, sondern vor allem zu inszenieren. Die ästhetisierende Präsentation der Sammlung wäre ein Thema für sich. Im ersten Obergeschoss befinden sich Räume für die temporären Ausstellungen. Dort ist bis Ende Juli u.a. das „Chambre des Merveilles“ zu sehen, das an frühere, dicht mit Kuriositäten gefüllte Kabinette denken lässt. Auch den Erschließungsräumen in den beiden Obergeschossen fehlt jeder Bezug zum Außen. Sie wirken nüchtern und spannungslos.
Das alles überragende Thema des Museums ist seine architektonische Gesamtform, das Zusammentreffen zweier sich deutlich unterscheidender Teile: Der eine, größere Bau wird in traditionellem Duktus von Coop Himmelb(l)au Wolke genannt. Die ihm vorgelagerte Halle erhielt den Namen Kristall. Beides steht auf einem Sichtbetonsockel. Die Wolke hebt sich tatsächlich vom Boden ab. Die sich dadurch ergebende offene Erdgeschosszone ist als Ort des Verweilens gedacht, mit zwei Wasserbassins und der gläsernen Brasserie des Lyoner Traiteurs Jean-Paul Pignol, der hier mit dem Gourmet-Koch Guy Lassausaie kooperiert. Diese offene Zone ist wichtig, da sie den freien Übergang zur schmal und elegant zulaufenden Spitze der Halbinsel ermöglicht. Hier soll es bald eine Schiffsanlegestelle geben. Die Wolke ist mit silbrig schimmernden Aluminiumplatten verkleidet. Trotz der komplexen Form ist dies gut gelungen. Nicht nur die Platten, sondern auch die bündig eingefügten Fenster und Lüftungsgitter sind sauber zu einem Ganzen zusammengebracht worden. Bei schlechtem Wetter allerdings hebt sich die silbergraue Wolke kaum von der Umgebung ab.
Der zweite Bauteil, der Kristall, birgt die Eingangshalle. Er zeigt ein Feuerwerk an Formen aus Stahl und Glas, teilweise kurios zusammengefügt zu einem hoch komplizierten Ganzen. Hier kann es einem schwindelig werden. Die Halle bietet Ausblicke. Man sieht vor allem auf ein ehemaliges Industrie- und Hafengebiet im Umbruch, und die Autobahnbrücke nebenan ist ständig präsent.
Wolf D. Prix spricht beim Kristall vom „Treffpunkt in der Stadt“ in einem neuen urbane Raum. Es handelt sich ohne Zweifel um eine exponierte Lage, aber eindeutig am äußeren Stadtrand, wo man sich nicht aufhält. So ist die Halle für ihre eigentliche Aufgabe als Entree mit einer Höhe von 33 Metern gigantisch ausgefallen. Ein Volumen, mit nicht mehr gefüllt, als mit der Kasse des Museums. Der Architekt konnte hier in vollen Zügen agieren, da der Bauherr es so wollte. Der bekam einen mit Volumen und Erschließungsflächen aufgeblasenen Bau – mit der gewünschten Signalhaftigkeit. Der Gag der Halle ist der spektakuläre Einzug im Glasdach. Hier führen die Stahlträger samt Glashaut, als „Trichter“ gebündelt, bis zum Boden; eine sehr eigenwillige Konstruktionsidee, die dem Ganzen den nötigen Halt gibt. Das Regenwasser fließt aber nicht in den Trichter, sondern verschwindet bereits etwas oberhalb, in Höhe einer gläsernen Abdeckung, in den Kastenträgern.
Warum man sich mit diesem Trichter derart in Szene setzen musste? Im Museum geht es um die Menschheitsgeschichte. So zeigt man gleich am Eingang dem staunenden Besucher, wie der Mensch, einst und auch heute noch, mit der Gewalt der Verführung, Aufmerksamkeit zu erheischen in der Lage ist.
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