Mit Sonne und Wind
Besuch in Paolo Soleris Arcosanti
Text: Meyer, Friederike, Berlin
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Arcosanti gebaut: Eine Mischung aus Spielzeugburg und Akropolis der Moderne
Foto: Dirk Dähmlow
Arcosanti gebaut: Eine Mischung aus Spielzeugburg und Akropolis der Moderne
Foto: Dirk Dähmlow
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Arcosanti geplant: dunkelgrau die gebauten Strukturen
Foto: Dirk Dähmlow
Arcosanti geplant: dunkelgrau die gebauten Strukturen
Foto: Dirk Dähmlow
Von Phoenix bis zum Ortsschild von Arcosanti fahren wir knapp 100 Kilometer durch einen hügeligen, trockenen und fast menschenleeren Teil von Arizona in die Dämmerung. Die Stadt, die der italienische Architekt Paolo Soleri hier vor über 40 Jahren für 5000 Menschen erdacht hat, beginnt an einer Schotterpiste neben der Autobahn. Zwei Meilen führt sie ins Tal und endet auf einem Parkplatz. Beim Abendbrot hören wir es zum ersten Mal, das typische Arcosanti-Geräusch: den feinen, unregelmäßigen Klang von Metall auf Metall. Mit dem Verkauf von Windspielen soll Soleri die Stadtgründung finanziert haben. Was ist aus seinen Plänen geworden?
In der Ausstellung im Eingangsgebäude werden wir am nächsten Morgen mit einem Film begrüßt, der die Prinzipien erklärt, die Soleris Stadt-Experiment zugrunde liegen: gemischt genutzte Gebäude, hohe Dichte und ein natürlicher Umgang mit Sonne und Wind – seine Antwort auf den für Autos verschwendeten Raum in amerikanischen Städten. Der in Turin geborene Paolo Soleri (1919–2013) zog in den 50er Jahren mit seiner Familie in die USA, nachdem er 1947 ein Praktikum bei Frank Lloyd Wright absolviert hatte. Seit den 80ern lehrte er an der Arizona State University, verfasste theoretische Schriften und begründete die Arcology-Bewegung. Arcology ist eine Kreuzung der Wörter architecture und ecology. 7000 Freiwillige, so heißt es im Film, hätten bisher an Arcosanti mitgearbeitet.
Die ausgestellten Pläne und Modelle zeigen eine zur Halbschale gekrümmte Megastruktur – die Idee eines Utopisten. „So soll es mal werden“, erklärt unsere Führerin allen Ernstes. Nur auf Nachfrage gibt sie während des Rundgangs durch den Ort einige vage Informationen zur aktuellen Situation preis. Doch das, was wir sehen, spricht für sich: Ein knappes Dutzend Kuben und Gewölbe drängt sich auf dem felsigen Hügel, dazwischen wachsen Zypressen. Von Weitem erinnert die Anlage an eine Mischung aus Spielzeugburg und Akropolis der Moderne, von Nahem an ein mediterranes Dorf aus Beton.
Rund 60 Menschen leben hier ständig, für 30 weitere gibt es Zimmer und Wohnungen. Meist kommen sie, um an einem Workshop teilzunehmen. Wir sehen eine Frau, die in einer Werkstatt gegossene Formen aus ihrer Schalung befreit, und jemanden, der die Schmiedewerkzeuge sortiert, mit denen die Windspiele hergestellt werden. Wir beobachten eine Gruppe beim Tanzen in einer Arena und zwei Frauen, die gerade Stelzenlaufen lernen. Es ist angenehm kühl unter den offenen Bögen; der Wind bläst die Hitze fort.
Arcosanti ist Teil der von Soleri gegründeten Cosanti-Stiftung, die sich der Verbreitung sei-ner Ideen und dem Weiterbau von Arcosanti verschrieben hat. Irgendwo zwischen den vielgestaltigen Schlafräumen und Werkstätten der Stadt lagert Soleris Archiv. Die drei Räume voller Schuber, Kisten, Ordner und Modelle werden von der deutschstämmigen Hanne Sue Kirsch gehütet. Seit 1973 lebt sie in den USA und hat Soleri gut gekannt.Zur Mittagszeit sitzen rund sechzig Leute jeden Alters im Café des Gemeinschaftshauses.
Die Atmosphäre bewegt sich zwischen Ferienlager und Mensa. Wir treffen Kate Bemesderfer, „Development Coordinator“ steht auf ihrer Visitenkarte. Wie es weiter gehe mit Arcosanti, nachdem Paolo Soleri 2013 verstorben ist, frage ich sie. Bereits vor einigen Jahren habe Soleri den Architekten Jeff Stein als seinen Nachfolger im Vorsitz des Stiftungsrates eingesetzt, erzählt sie. Es gehe um den Erhalt des Ortes, niemand spreche derzeit vom Weiterbauen.
Fakten
Architekten
Soleri, Paolon (1919-2013)
Adresse
Arcosanti, Arizona 86333 USA
aus
Bauwelt 3.2015
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