Bauwelt

Offener Hof


In Shichigahama gab es die Stunde null. Der Kindergarten ist Teil des Wiederaufbauprogramms nach den furchtbaren Zerstörungen durch den Tsunami 2011. Der Architekt Ippei Takahashi hat zusammen mit den Bewohnern eine völlig neue Form von gemeinschaftlichem Hofhaus entwickelt


Text: Geipel, Kaye, Berlin


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    Der Kindergarten befindet sich auf einem Hügel in der Stadt und ist umgeben von Bäumen
    Foto: Iwan Baan

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    Der Kindergarten befindet sich auf einem Hügel in der Stadt und ist umgeben von Bäumen

    Foto: Iwan Baan

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    Im Sommer ist die umlaufende Loggia der bevorzugte Aufenthaltsraum der Kinder, im Winter ziehen sich die Gruppen hinter die Holzfassade zurück
    Foto: Iwan Baan

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    Im Sommer ist die umlaufende Loggia der bevorzugte Aufenthaltsraum der Kinder, im Winter ziehen sich die Gruppen hinter die Holzfassade zurück

    Foto: Iwan Baan

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    Oben der Eingangsbereich, hier mit geöffneten Schiebetüren. Die unteren beiden Fotos zeigen den Leseraum, der (in der Fassade) als silberne Box nach außen auskragt und einen Alkoven mit Blick nach außen hat.
    Foto: Iwan Baan

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    Oben der Eingangsbereich, hier mit geöffneten Schiebetüren. Die unteren beiden Fotos zeigen den Leseraum, der (in der Fassade) als silberne Box nach außen auskragt und einen Alkoven mit Blick nach außen hat.

    Foto: Iwan Baan

Die Präfektur Miyagi zählte im März 2011 zu den am härtesten vom Erdbeben und vom Tsunami betroffenen Gebieten. Die kleine Stadt Shichigahama lag in vorderster Linie der Zerstörungen. Shichigahama bedeutet auf Deutsch: 7 Strände, ein Name der historisch auf die Freizeitqualitäten des Ortes hinweist, der immer schon auch Ausländer angezogen hat. Der Tsunami, der mit einer zehn Meter hohen Welle in die Stadt hereinbrach, hat vor allem die Stadtteile Shobutahama und Hanabuchihama zerstört. 58 Einwohner starben. 4000 der knapp 20.000 Einwohner mussten in provisorische Unterkünfte evakuiert werden. Diese Unterkünfte waren zunächst nur für zwei bis drei Jahre vorgesehen. Da aber der Wiederaufbau nur schleppend vorangeht, lebt noch heute ein Teil der Bewohner in ihnen.
Für den Wiederaufbau der öffentlichen Funktionen konzipierte Yasuaki Onoda von der Universität Tohoku einen Masterplan. Eines der wichtigsten Gebäude dieses Aufbauprogramms war der neue Kindergarten, den der Architekt Ippei Takahashi jetzt realisiert hat. Takahashi gehört zur jungen Generation japanischer Architekten, die lange bei Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa gearbeitet und sich inzwischen selbständig gemacht haben. Der Flachbau um einen großen Hof, den Takahashi entworfen hat, ist auf den ersten Blick dieser Entwurfsschule zuzuordnen. Bei genauerem Hinsehen wird aber deutlich, dass der Architekt offener und ungezwungener mit den transparenten Strukturen umgeht. Im Falle des Kindergartens hängt dies sicher auch mit dem ausgedehnten Beteiligungsprozess zusammen, der dem Entwurf vorausging. Für die Dorfbewohner, so Takahashi, war dieser Bau symbolbeladen: er gilt auch als „Denkmal“ für die notwendige Zuversicht des Wiederaufbaus. Der Wunsch nach einem Raum für alle hat Takahashi veranlasst, eine flache, ausgreifende Struktur zu entwerfen, die einen großen, offenen Hof frei lässt, der bei geöffneten Toren so etwas wie der Dorfplatz für die Nachbarschaft sein kann.
Der Kindergarten liegt auf einem kleinen Hügel und ist von vielen Bäumen umgeben. Besondere Nutzungen sind in angehängten Boxen untergebracht und greifen in diesen Grünraum aus. Der Architekt redet lieber von einem „Environment“ und nicht von einem „Bauwerk“, wenn er seinen Kindergarten charakterisieren soll. Große Sorgfalt legte er auf die Wegeführung: Die Kinder können sowohl unter dem auskragenden Dach des Innenhofs als auch längs der Außenfassade von Raum zu Raum gelangen und so einmal den ganzen Kindergarten umrunden. Es gibt sehr große und sehr kleine Räume, Alkoven zum Sitzen und schießschartenartige Fenster und sogar einen Kronleuchter, den sich ein Elternteil gewünscht hatte. In der Sorgfalt, mit der Ippei Takahashi die Wünsche der Nutzer in ein Raumgeflecht mit vielen überraschenden Verbindungen übersetzt hat, zeigt sich auch die Weiterentwicklung der Sejima-Schule: Soziale Fragen bestimmen inzwischen viele Entwürfe der jungen Architekten, und so bekommt auch in Shichigahama das kühle Quadrat der Grundstruktur unkonventionelle Anhängsel und Ausbuchtungen.



Fakten
Architekten Takahashi Ippei Office, Yokohama
Adresse Shichigahama, Miyagi District, Miyagi Prefecture, Japan


aus Bauwelt 47.2014

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