Sporthalle des Kepler- und Humboldt-Gymnasiums in Ulm
Hinter einer weißen Lamellenfassade haben die Architekten h4a Gessert + Randecker drei Sporthallen für das Kepler- und Humboldt-Gymnasium am City-Ring in Ulm übereinander gestapelt. Der 18 Meter hohe Solitär wird nicht nur seiner Funktion gerecht, sondern ist auf dem schmalen Grundstück auch städtebaulich ein gelungener Stadtbaustein.
Text: Baus, Ursula, Stuttgart
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Nur vor dem Fensterband am Eingang der dreigeschossigen Sporthalle wurde auf die weißen Lamellen verzichtet. Vom Vorplatz aus erblickt man die Treppenskulptur im geschossübergreifenden Luftraum.
Foto: Zooey Braun
Nur vor dem Fensterband am Eingang der dreigeschossigen Sporthalle wurde auf die weißen Lamellen verzichtet. Vom Vorplatz aus erblickt man die Treppenskulptur im geschossübergreifenden Luftraum.
Foto: Zooey Braun
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Zwei eingeschossige Sporthallen wurde auf dem engen Grundstück durch eine neue, dreigeschossige Halle am City-Ring ersetzt. Die vertikale Lamellenfassade wird durch die dahinterliegenden, horizontalen Fensterbänder gebrochen
Foto: Zooey Braun
Zwei eingeschossige Sporthallen wurde auf dem engen Grundstück durch eine neue, dreigeschossige Halle am City-Ring ersetzt. Die vertikale Lamellenfassade wird durch die dahinterliegenden, horizontalen Fensterbänder gebrochen
Foto: Zooey Braun
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Der Eingang ist großzügig gestaltet.
Foto: Zooey Braun
Der Eingang ist großzügig gestaltet.
Foto: Zooey Braun
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Die freitragende Treppenskulptur nimmt beinahe die gesamte Querseite des Baukörpers ein.
Foto: Zooey Braun
Die freitragende Treppenskulptur nimmt beinahe die gesamte Querseite des Baukörpers ein.
Foto: Zooey Braun
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In den Hallen dominieren die Materialien Holz und Beton, dazu bilden die Böden – in grün, blau und rot – einen farbigen Akzent und geben gleichzeitig Orientierung.
Foto: Zooey Braun
In den Hallen dominieren die Materialien Holz und Beton, dazu bilden die Böden – in grün, blau und rot – einen farbigen Akzent und geben gleichzeitig Orientierung.
Foto: Zooey Braun
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Über die Fensterbänder kommt Tageslicht in die Hallen. Die Lamellenfassade erzeugt ein vielschichtiges Schattenspiel.
Foto: Zooey Braun
Über die Fensterbänder kommt Tageslicht in die Hallen. Die Lamellenfassade erzeugt ein vielschichtiges Schattenspiel.
Foto: Zooey Braun
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Der Erschließungsweg der Nebenräume dient auch als Tribüne, von der aus man dem Treiben in der Halle
folgen kann.
Foto: Zooey Braun
Der Erschließungsweg der Nebenräume dient auch als Tribüne, von der aus man dem Treiben in der Halle
folgen kann.
Foto: Zooey Braun
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Aufwertung in kleinen Etappen: Auch wenn der Kubus am City-Ring beim Vorbeifahren seine Funktion nicht sofort erkennen lässt, ist das Gebäude städtebaulich und architektonisch eine gelungene Aufwertung an der Olgastraße.
Foto: Conné van d‘Grachten
Aufwertung in kleinen Etappen: Auch wenn der Kubus am City-Ring beim Vorbeifahren seine Funktion nicht sofort erkennen lässt, ist das Gebäude städtebaulich und architektonisch eine gelungene Aufwertung an der Olgastraße.
Foto: Conné van d‘Grachten
Wo auch immer das Thema „Schulbau“ angesprochen wird, fällt schnell das Stichwort „Investitionsrückstau“. Erinnern wir uns noch an das Konjunkturpaket II von 2009? Nicht etwa die Einsicht, dass in Bildung investiert werden müsse, sondern die Milderung der Finanzkrisenfolgen veranlasste die Regierenden zum Geldausgeben (Bauwelt 17-18.2012). Noch 2015 wurde der Investitionsbedarf für den Schulbau in Deutschland auf etwa 32 Milliarden Euro geschätzt. Zugleich stehen Themen an, die geradezu nach Revolution klingen: Ganztagsschulen, Inklusion, Digitalisierung. In einer baukulturell ambitionierten Stadt wie Ulm spielt vor diesem Hintergrund eine neue, innerstädtische Turnhalle eine wichtige Rolle – repräsentativ für Schulentwicklung in Deutschland ist dieses ambitionierte Projekt leider nicht.
Zukunftskonzept Innenstadt 2020
Es geht um die neue Sporthalle des Ulmer Kepler- und Humboldt-Gymnasiums, das mitten in der Stadt gelegen und deswegen nicht nur im Kontext allgemeiner Schulbauentwicklung, sondern zugleich eines Stadtentwicklungskonzeptes zu erläutern ist. Ein solches vernünftiges, weitreichendes Konzept gibt es in Ulm, wo Alexander Wetzig zweieinhalb Jahrzehnte lang bis 2015 als Baubürgermeister wirkte und baukulturell Maßstäbe setzte, die sein Nachfolger Tim von Winning nicht infrage stellt. Das „Zukunftskonzept Innenstadt 2020“ – fortgeschrieben seit 1985 – trägt der Tatsache Rechnung, dass nicht nur Kommerz und Verkehr, sondern auch Kultur, Wohnen und damit Bildung in Ulm ins Zentrum gehören. Monofunktionale Quartiere sollen vermieden werden. Etwa 1700 Schüler besuchen nun das Gymnasium an der Olgastraße/Ecke Karl-Schefold-Straße, das dringend drei neue Sporthallen brauchte.
Die Olgastraße war einmal ein Prachtboulevard, an dem zauberhafte Privatgärten und öffentliche Grünanlagen prägende Gestaltungsaufgaben erfüllten. Am imposanten, gegenüberliegenden Landgericht lässt sich diese Vergangenheit noch erahnen. Inzwischen ist die Straße aber als „City-Ring“ mit vier Fahrspuren, Straßenbahngleisen, Fahrrad- und Fußwegen zum Verkehrsraum verkommen. Hier wieder ein erträgliches Stück Stadt entstehen zu lassen, gleicht einer Sisyphusarbeit. Dafür sieht das Innenstadtkonzept 2020 vor, dass Lücken geschlossen und teilweise auch Bauten ersetzt werden – die Aufwertung soll also in kleinen Etappen erfolgen, und mit der neuen Turnhalle ist eine davon gelungen.
Aufeinandergestapelte Hallen
Das Humboldt-Kepler-Gymnasium liegt gegenüber dem Landgericht direkt an der Olgastraße und ist vor dem Haus mit einer Straßenbahn-Haltestelle versorgt. Als stadträumliche Visitenkarte und auch im Sinn einer Neustrukturierung und Öffnung des Schulgeländes entstand hier die neue, dreistöckige Sporthalle, der zwei eingeschossige Sporthallen weichen mussten.
Der Bauplatz war knapp, weswegen die Hallen aufeinandergestapelt sind. Den Ausschlag für die Wettbewerbsentscheidung gab allerdings die Fassade, weil der immerhin 18 Meter hohe Baukörper als Reparaturbaustein am City-Ring eine stadträumliche Wirkung entfalten sollte. Und tatsächlich setzten die Architekten vor die eigentliche Fassade – Wärmedämmverbundsystem und Dreifachverglasung – der gestapelten Sporthallen eine geschossübergreifende Lamellenstruktur. Sie besteht aus insgesamt 232 feststehenden, um 30, 60 oder 90 Grad verdrehten Alupaneelen und erzeugt ein eigenständiges weißes, je nach Betrachtungsabstand changierendes Erscheinungsbild. Im Vorbeifahren erschließt sich die Funktion des Gebäudes nicht – während man schlendernd allerdings in die unterste, zur Hälfte unter Erdgeschoss-Niveau gelegte Halle zwischen den Lamellen hineinschauen und dem sportlichen Treiben zusehen kann.
Die funktional-konstruktive Struktur des Gebäudes ist einfach und konsequent. Die Hallen – im Westen – strecken sich über je zwei Zwischengeschosse im Osten, in denen Umkleiden, Toiletten und Gerätelager untergebracht sind. Jede Hallenetage hat ihre eigene Bodenfarbe, ihre individuellen Fensterpositionen und Ausblicke. Die Stahlbetonträger der Hallen fielen, was nicht näher erläutert werden muss, schwingungsbedingt kräftig aus – aber sie stören die Hallenproportionen nicht. Auf den Umkleidegeschossen blieben die Flure offen, so dass sie eine Art Stehtribüne für die Sporthallen bilden. Es geht hier jedoch nicht um Wettkampf-, sondern ausschließlich um Schulsport.
Erschlossen werden die Etagen über zwei Treppenhäuser – ein kleineres im Nordosten und ein größeres, das fast die gesamte Gebäudetiefe und -höhe im Westen umfasst. Dieses Haupttreppenhaus ist, man darf es so salopp ausdrücken: eine Wucht. Freitragende Treppenläufe setzen an unterschiedlichen Podesttiefen an, so dass sie unterschiedlich weit in den offenen Luftraum hineinragen. So wirkt die Betontreppe tatsächlich wie eine begehbare Raumskulptur: Sie bietet – obwohl das ganz und gar nicht zum Raumprogramm gehörte – eine wunderbare (Schul)Theaterbühne, wobei die Akustik natürlich ein Problem wäre. Die Sichtbetonausführung ist nahezu makellos, der Stahlbau perfekt: Geländerscheiben aus Stahl sitzen passgenau an den Treppen – Bauherrenvertreter und Architekt sind ohnehin des Lobes voll für die beteiligten Unternehmen.
Das neue Ulm
Der weiß schimmernde Solitär gibt am City-Ring in seiner stadträumlichen Wirkung durchaus Rätsel auf. Seine Funktion erschließt sich aus Fern- und Autofahrersicht nicht, der Kubus ließe sich auch als Museum oder Theater deuten. Die helle, weiß wirkende Fassade passt jedoch ins Bild des neuen Ulm: Richard Meiers Stadthaus strahlt noch immer schneeweiß, Braunfels‘ Kaufhäuser erscheinen in sehr hellem Betongrau, in Neu-Ulm entstanden die weißen Wohnhäuser „Jules et Jim“, aufgehellt wurden vergangenes Jahr auch Wohntürme aus den 1960er-Jahren. Die unmittelbare Nachbarschaft der neuen Sporthalle wird sich noch ändern, weil dort ein eigentlich recht gelungener Verwaltungsbau aus den 1960er-Jahren leider abgerissen wird. Schulz und Schulz aus Leipzig bauen hier für die Staatsanwaltschaft mit hellem Naturstein. So festigt sich der Charakter der Olgastraße tatsächlich hin zu einer Adresse für öffentliche Einrichtungen und große Gebäudestrukturen. In diesem Kontext ist die Sporthalle ein bestens positionierter, ästhetisch abgehobener Solitär.
Fakten
Architekten
h4a Gessert + Randecker Architekten, Stuttgart/München/Düsseldorf
Adresse
Karl-Schefold-Straße 16, 89073 Ulm
aus
Bauwelt 9.2017
Artikel als pdf
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