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Vergabezwitter

Andres Herzog, Austauschredakteur der Schweizer Zeitschrift „Hochparterre“, zieht offene Wettbewerbe neuen Verfahren vor.

Text: Herzog, Andres, Zürich

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Andres Herzog, Austauschredakteur der Schweizer Zeitschrift „Hochparterre“, zieht offene Wettbewerbe neuen Verfahren vor.


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Andres Herzog, Austauschredakteur der Schweizer Zeitschrift „Hochparterre“, zieht offene Wettbewerbe neuen Verfahren vor.

Text: Herzog, Andres, Zürich

Da staunt der Schweizer. Die Gemeinde Dallgow-Döberitz in der Nähe von Berlin braucht ein neues Rathaus, um die Verwaltung von bisher drei auf einen Standort zu konzentrieren. Gefragt sind Büros für 40 Mitarbeiter und ein großer Sitzungssaal, insgesamt rund 1800 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. Eine überschaubare Aufgabe also, genau richtig für einen offenen Wettbewerb, bei dem sich ein junges Büro den ersten Auftrag sichern könnte. Jedenfalls denkt dies der Schweizer Redakteur.
Aber nein. Liest die Gemeinde offener Wettbewerb, hört sie Fremdbestimmung statt Architekturdebatte. Bei einem früheren Verfahren für eine Kindertagesstätte hat sie schlechte Erfahrungen gemacht, die Fachjury hätte ihr einen Entwurf aufgezwungen. Da der Gemeinde Architektur aber am Herzen liegt, will sie kein Verhandlungsverfahren durchführen, bei dem niemand genau weiß, was wie bewertet wird.
Die Wettbewerbsprofis von phase1 in Berlin haben darum für die Gemeinde ein Zwitterwesen gezimmert, das sie „Verhandlungsverfahren nach VOF 2009 mit integriertem Entwurfsteil“ nennen. Grundsätzlich folgt dieses den Regeln des Wettbewerbs, im Zentrum steht der Entwurf, nicht der Name der Büros. Die Unterschiede sind dreierlei: Die Teilnehmer müssen nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure honoriert werden. Die Anonymität kann aufgehoben werden, was die Gemeinde löblicherweise nicht getan hat. Und die Zusammensetzung der Jury, die hier „Obergutachtergremium“ heißt, ist frei. Für Dallgow-Döberitz votierten fünf Leute, vom Fach saßen nur drei Personen im Gremium. Eine Diskrepanz, die Bände spricht über das Misstrauen gegenüber den Architekten. Ein guter Fachpreisrichter überstimmt die Sachjuroren nicht, er überzeugt sie.
Trotz dieser Vorbehalte: Das Siegerprojekt von Lieb+Lieb Architekten und Lankes Koengeter Architekten überzeugt. Auch die übrigen Teilnehmer sind zufrieden mit dem Verfahren, wie man hört. Und die Regeln von phase1 geben misstrauischen Gemeinden eine Richtschnur vor, die graue Verfahren und Klüngelei verhindert. Dennoch täte die öffentliche Hand besser daran, dem offenen Wettbewerb zu vertrauen, gerade bei kleinen Aufträgen. Der Blick über die Landesgrenze zeigt: Es lohnt sich.

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