Museumsinsel Berlin
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Museumsinsel Berlin
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Meisses „Venetian Settings“ voran ging sein Porträt der Berliner Museumsinsel. Der Blick auf die Stadt ist ähnlich. Auch in dieser Serie setzt der Fotograf die Dichte des Ortes ins Bild, das Gesamte, das sich aus den einzelnen Architekturen erst ergibt.
Anders als Venedig aber ist die Museumsinsel ein eng begrenztes (und heute noch dazu auch isoliertes) Ereignis im weitschweifigen Kontext des Berliner Zentrums; ein Baustein nur in einer von Zufällen wie von unterschiedlichen, mitunter gar gegenläufigen Absichten geformten Situation. Dieses Drumherum blendet Meisse nicht aus, sein Blick ist nicht nostalgisch. Schon das erste Bild zeigt die Widersprüche, die sich ringsum versammeln: Der Blick auf die Apsis der Alten Nationalgalerie aus einem mit Graffiti bedeckten Betontunnel des Stadtbahn-Viadukts zeigt auf, wozu ein potenziell städtischer Ort degeneriert, wenn nur noch eine Funktion zusammen mit dem allgegenwärtigen Spar-Diktat die Form bestimmt – Autsch!, zuckt der Betrachter unwillkürlich zurück. Doch das war es dann auch mit der Polemik, auch wenn die Übergangsräume, die Ränder der Museumsinsel ein Thema bleiben: von den Kolonnaden über die Säulenhallen bis in die mit ihren Wandsäulen, Kolossalordnungen und Pilastern unterschiedlich plastischen Fassaden. Wie im Venedig-Buch scheint der Fotograf auch hier das Potenzial der Architektur aufspüren zu wollen, in den – auch gesellschaftlichen – Raum ausgreifen, Zusammenhalt stiften zu können. Das so erzeugte Porträt dieses städtischen Ortes enthält Aufnahmen, die zu unterschiedlichen Jahreszeiten und über viele Jahre hinweg entstanden sind. So rundet sich das Bild der Museumsinsel zu einem Buch über das Werden des Berliner Zentrums, zu einem Blick auf das Verstreichen der Zeit.
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