Robert Moses - Der Mann, der New York erfand
Als Freizeit-Lektüre mit intellektuellem Mehrwert oder als Geschenk für Kollegen ist das Buch empfehlenswert.
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
Robert Moses - Der Mann, der New York erfand
Als Freizeit-Lektüre mit intellektuellem Mehrwert oder als Geschenk für Kollegen ist das Buch empfehlenswert.
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
Generalplaner des modernen, autogerechten New York war Robert Moses (1888-1981). Die meisten der Autobahnen, die heute den Rhythmus der Stadt bestimmen, entstanden während seiner Amtszeit. Doch er ließ auch öffentliche Strände, Kraftwerke, 13 Brücken, 600 Spielplätze, 700 Baseballfelder und rund 150.000 Wohnungen bauen – viele davon als Ersatz für die historischen Quartiere, deren Abriss er entschied, um Platz zu schaffen für neue Verkehrswege.
Ein Graphic Novel des französischen Comic-Autors Pierre Christin zeichnet die zeitgenössische Entwicklungen nach und beleuchtet Moses’ Wirken jetzt näher. Viele der Infrastrukturmaßnahmen, wie die 1936 fertiggestellte Triborough-Bridge, die die drei Stadtbezirke Bronx, Manhattan und Queens miteinander verbindet, sollten New York zu einer großen, funktionellen Einheit zusammenfassen. Moses plante vor allem für die Mittelschicht, aus der er selbst stammte. Mithilfe des neuen Brücken- und Straßennetzes setzte er die Massenbesiedlung von Long Island in Gang, wo bis dahin nur die Vermögenden wohnten.
Viele Areale Lower Manhattans (darunter auch Greenwich Village, wo die Architekturkritikerin und Stadtaktivistin Jane Jacob wohnte und agierte) sah er wegen vermeintlich chaotischer Strukturen als nicht erhaltenswert an. Dank des Erfolges seiner ersten Projekte konnte er zeitweise alle wichtigen Ämter der städtischen Bauplanung in einem Amt mit bis zu 80.000 Mitarbeitern vereinen. Dies führte zur Kahlschlag-Sanierung der multi-ethnischen, kurzerhand zum „Slum“ erklärten Lower East Side: Dabei wurden die historisch gewachsenen Blockrandstrukturen durch wuchtige Wohnhochhäuser mit immer wieder gleichen Ziegelfassaden ersetzt („Stuyvesant Town“). Nach einigen Großprojekten in der Nachkriegszeit, wie dem Lincoln Center (mit der
Metropolitan Opera) und dem UN-Hauptquartier, drifteten Moses’ Ideen immer mehr ins Utopische ab.
Metropolitan Opera) und dem UN-Hauptquartier, drifteten Moses’ Ideen immer mehr ins Utopische ab.
Pierre Christin hält sich an die historische Vorlage, versteckt in seiner Story aber auch unzählige geistreiche Details mit hohem Spaßfaktor: Wenn Moses im Privatflugzeug seinen Begleitern Großprojekte aus der Vogelperspektive schmackhaft machen will, hat man den „Macho-Urbanismus“ der damaligen Ära schnell vor Augen. Seine Planungen für eine zehnspurige Autobahntrasse quer durch Manhattan („LOMEX“) wurden ab 1968, auch wegen des zunehmenden Widerstands der von den Plänen Betroffenen, vom damaligen Gouverneur Nelson Rockefeller ad acta gelegt. Zuvor hatte er Moses zum „einfachen Berater“ herabstuft – das Ende einer Ära.
Dem Leser bietet dieses Graphic Novel (neben vielen interessanten stadtbaugeschichtlichen Details und einem Blick auf das ungleiche Kräftemessen zwischen Robert Moses und Jane Jacobs) die Story über Aufstieg und Fall eines visionären Stadtplaners. Dabei zeichnet der Illustrator Olivier Balez die charakteristischen Strukturen New Yorks mit klaren Linien nach und lässt die Atmosphäre der damaligen Zeit mit einer nur wenige Farbnuancen nutzenden Kolorierung deutlich werden. Als Freizeit-Lektüre mit intellektuellem Mehrwert oder als Geschenk für Kollegen ist das Buch empfehlenswert.
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