Bauwelt

Alsterschwimmhalle in Hamburg


Die Alsterschwimmhalle, vor 47 Jahren als einer der größten Schalenbauten Europas errichtet, hatte eine Modernisierung dringend nötig. Innerhalb von drei Jahren sanierten gmp die „Schwimmoper“ sorgsam und ohne Identitätsverlust.


Text: Spix, Sebastian, Berlin


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    Im Bezirk Hamburg-Nord gelegen und von drei Stützen getragen, ragt das Dach 24 Meter in die Höhe.
    Foto: Marcus Bredt

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    Im Bezirk Hamburg-Nord gelegen und von drei Stützen getragen, ragt das Dach 24 Meter in die Höhe.

    Foto: Marcus Bredt

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    Mit einer Bruttogeschossfläche von 20.000 Quadratmetern konnte es für 80 Millionen Euro modernisiert werden.
    Foto: Marcus Bredt

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    Mit einer Bruttogeschossfläche von 20.000 Quadratmetern konnte es für 80 Millionen Euro modernisiert werden.

    Foto: Marcus Bredt

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    Ursprünglich als Wettkampfstätte errichtet, hat sich das Hallenbad über die Jahre zu einem Freizeit- und Familienbad entwickelt. Trotz 400.000 Besucher im Jahr 2014 wurde eine Schließung erwogen.
    Foto: Marcus Bredt

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    Ursprünglich als Wettkampfstätte errichtet, hat sich das Hallenbad über die Jahre zu einem Freizeit- und Familienbad entwickelt. Trotz 400.000 Besucher im Jahr 2014 wurde eine Schließung erwogen.

    Foto: Marcus Bredt

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    Das fünfzig Jahre alte Schalendach gehört zu den weltweit größten Konstruktionen dieser Art. Derzeit sanieren gmp in Magdeburg Ulrich Müthers Hyparschale; die Wieder­­­er­öffnung der Veran­staltungshalle ist im Juni geplant.
    Foto: Marcus Bredt

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    Das fünfzig Jahre alte Schalendach gehört zu den weltweit größten Konstruktionen dieser Art. Derzeit sanieren gmp in Magdeburg Ulrich Müthers Hyparschale; die Wieder­­­er­öffnung der Veran­staltungshalle ist im Juni geplant.

    Foto: Marcus Bredt

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    Insgesamt wurde die Wasserfläche von 1400 auf 2000 Quadratmeter erweitert. In den in die Halle ragenden Einbauten befindet sich der Fitnessklub THE RAY auf 1600 Quadratmetern.
    Foto: Marcus Bredt

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    Insgesamt wurde die Wasserfläche von 1400 auf 2000 Quadratmeter erweitert. In den in die Halle ragenden Einbauten befindet sich der Fitnessklub THE RAY auf 1600 Quadratmetern.

    Foto: Marcus Bredt

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    Durch den Abriss der Zuschauertribüne bekommt das Bad mehr Tageslicht. Anstelle dessen ist ein neues Sprungbecken mit drei Sprungtürmen entstanden.
    Foto: Bäderland Hamburg

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    Durch den Abriss der Zuschauertribüne bekommt das Bad mehr Tageslicht. Anstelle dessen ist ein neues Sprungbecken mit drei Sprungtürmen entstanden.

    Foto: Bäderland Hamburg

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    Blick auf das neue 25-Meter-Schwimmbecken. Die Hälfte der Innenfläche wurde neu gebaut.
    Foto: Marcus Bredt

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    Blick auf das neue 25-Meter-Schwimmbecken. Die Hälfte der Innenfläche wurde neu gebaut.

    Foto: Marcus Bredt

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    Blick auf den „In­­­fi­nity Pool“
    Foto: Marcus Bredt

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    Blick auf den „In­­­fi­nity Pool“

    Foto: Marcus Bredt

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    Der alte Sprungturm war mit einem Fahrstuhl und einer Rutsche ausgestattet. Trotzdem er nicht mehr in Betrieb ist, konnte er aus Denkmalschutzgründen erhalten werden.
    Foto: Marcus Bredt

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    Der alte Sprungturm war mit einem Fahrstuhl und einer Rutsche ausgestattet. Trotzdem er nicht mehr in Betrieb ist, konnte er aus Denkmalschutzgründen erhalten werden.

    Foto: Marcus Bredt

Mehr Beton wagen? Nach dem Besuch der unlängst von gmp sanierten und am 24. November letzten Jahres wiedereröffneten Alsterschwimmhalle in der Sechslingspforte 15 in Hamburg-Hohenfelde, fällt die Antwort leicht: Mehr Beton wagen. Seit seiner Einweihung 1973 in die Jahre gekommen, bedurfte das größte öffentliche Schwimmbad der Hafenstadt einer umfangreichen Sanierung. Eine Operation, die der Nachkriegsikone noch 2004 aus Kostengründen verwehrt wurde; sogar ein Abriss stand zur Debatte. Nach Protesten aus der Bevölkerung konnte die ursprünglich als Wettkampfaustragungsort errichtete Halle erweitert werden, inzwischen steht sie unter Denkmalschutz. 47 Jahre nach ihrer Eröffnung und ermöglicht durch eine Machbarkeitsstudie von gmp, starteten 2020 endlich die Bauarbeiten.
Nur wenige Gehminuten von der Außenalster entfernt, erstreckt sich die von drei Stützfüßen getragene und aus zwei hyperbolischen Paraboloidschalen bestehende Halle. Einer der größten Schalenbauten Europas, welcher 4500 Quadratmeter Grundfläche überspannt und 24 Meter in die Höhe ragt. In Anlehnung an Utzons Oper in Sydney (ebenfalls 1973 eröffnet) von den Hamburgern liebevoll „Schwimmoper“ genannt, erinnert die filigrane Schalenkonstruktion je nach Blickwinkel an einen Schmetterling oder einen Rochen.
Bereits für den 1961 von den Hamburger Wasserwerken ausgelobten Wettbewerb reichten die damaligen Studenten Meinhard von Gerkan (1935–2022) und Volkwin Marg einen Entwurf ein. Den ersten und zweiten Preis hatten aber Horst Niessen und Rolf Störmer gewonnen. Auf Wunsch der Bauherrschaft wurden beide mit Walter Neuhäusser und dem Tragwerksbüro Leonhardt Andrä mit der Weiterbearbeitung beauftragt. Damals war im Planerteam auch der 29-jährige Jörg Schlaich (1934–2021), dessen heutiges Büro sbp zusammen mit gmp die Sanierung bearbeitete.

Alte Baustelle

Die größte Herausforderung der Modernisierung bestand für die Architekten darin, Teile des alten Schwimmbads abzureißen und neu zu bauen, ohne das bestehende Dach zu verändern oder zu beschädigen. Aus zwei Hyperschalen konstruiert, misst die Spannweite des Dachtragwerks über 96 Meter. Die südliche Stütze trägt die Lasten direkt ins Fundament ab. Aufgrund des begrenzten Grundstücks sind die nördliche und nordwestliche Stütze durch ein Zugband miteinander verbunden. Schale und Zugband mussten während der Bauarbeiten vor Erschütterungen geschützt und durch eine Alarmanlage überwacht werden. Erschwerend hinzu kam die Lage des Zugbands an der Längsseite des 50-Meter-Beckens. Um dieses wesentliche statische Element, das eine Art Trennlinie unter der südlichen Schale bildet, musste behutsam herumgebaut werden. Im Zuge der Sanierung ließen die Planer die komplette Unterkonstruktion entfernen. Einzig die auf den drei Stützen lagernde Dachschale blieb stehen, sodass der Bau nahezu in den Zustand der ursprünglichen Baustelle zurückversetzt wurde.

Dichtes Dach

Neben der Sonderbehandlung des Zugbands spielte die Begutachtung der teils acht (!) Zentimeter dünnen Dachschale eine besondere Rolle. Damals mit einer Betonüberdeckung von einem Zentimeter ausgeführt, würde die Konstruktion nach heutigen Bauvorschriften als waghalsig gelten und keine Genehmigung erhalten. Das überraschende Ergebnis der Begutachtung ergab: Selbst fünfzig Jahre nach der Errichtung war der von schädlicher Luftfeuchtigkeit bedrohte Beton verschont geblieben. Es konnten keinerlei Undichtigkeiten in der Dachhaut festgestellt werden. Zur Ertüchtigung mussten lediglich oberseitig der freischwebenden Schale neue Wärmedämmung und Dachabdichtung aufgetragen werden. Ohne neue Löcher in die Schale zu bohren, installierten die Planer eine abgehängte Unterdecke. Um das Dach und die Bewehrung weiterhin gegen Korrosion zu schützen, verfügt das Dach nun über ein Kathodisches-Korrosionsschutz-System.
Die tragenden und vertikal gliedernden Aluminium-Fachwerkstützen der Fassade konnten ebenfalls erhalten und mit einer neuen Zweifachverglasung ausgestattet werden. Als beweglichen Anschlusspunkt zwischen Fassade und Dach entwickelten gmp und sbp ein neues Teleskop-Kolben-Auflager, um Schwingungen der Dachfläche auszugleichen. Ursprünglich in den Fachwerkstützten als Lüftungsschacht genutzte Plastikrohre mussten auf Geheiß des Denkmalschutzes wiedereingesetzt werden. Obwohl sie sichtbar über dem Boden schwebend keine Funktion mehr haben, stören sie das Fassadenbild nicht und bilden stattdessen eine amüsante Skurrilität behördlicher Entscheidungshoheit ab.

Abriss, Ergänzung, Verbindung

Der Innenraum blieb mit wenigen Eingriffen in seiner alten Form und Gestalt erhalten. Die Oberflächen alter Bauteile konnten durch aufwendige Feinarbeit und auf der Grundlage des alten Farbkonzepts wiederhergestellt, Bauelemente wie der historische Akustikziegel sorgsam restauriert und wieder eingesetzt werden.
Auch das 50-Meter-Becken, der 10-Meter-Sprungturm und ein Fitness-Kubus an der Ostseite erstrahlen in neuem Glanz. Abgerissen wurden Außenbecken, Rutsche und die kaum noch genutzte, eine Fassadenseite verdunkelnde Zuschauertribüne. Durch den Abbruch der Tribüne, die gmp mit einem neuen Sprungbecken ersetzte, wirkt das Alsterschwimmbad aufgeräumt und wird von allen Seiten mit Tageslicht durchflutet. Zudem bietet ein erhöhtes Becken, der sogenannte „Infinity Pool“, jedem Hallenbad-Aficionado einen beeindruckenden Blick über die Alster.
Einen nördlichen angrenzenden Ergänzungsbau tauschten die Architekten gegen einen flachen, teils ein-, teils zweigeschossigen Neubau aus. In ihm befinden sich ein neues 25-Meter- und ein Kursbecken sowie ein barrierefreier Eingang, Umkleiden, Fitness- und Saunabereich. Von hier aus gelangt man direkt in die Schwimmhalle. Diesem Anbau fiel eine früher repräsenta­tive Außentreppe als Zugang zum Opfer, über die man in die Umkleiden gelangte. Durch die Verlegung des Eingangs erreicht man das Bad nun barrierefrei über einen Vorplatz. Gleichzeitig verbindet die neue fußläufige und verkehrsberuhigte Durchwegung in Ost-West-Richtung das angrenzende Wohnquartier mit der Innenstadt.

opus caementicium

Mit Augenmaß, Sensibilität und ohne Identitätsverlust haben die Architekten Hamburgs Nachkriegsikone saniert und so ein beeindruckendes Schwimmbad gerettet – überspannt von Beton. Einem Baustoff, der mit Blick auf den Klimawandel und den Zeitgeist oft gescholten wird. Auch das Kolosseum besteht größtenteils aus dem grauen Verbundwerkstoff; viele römische Kuppelbauten und das mit riesiger Spannweite errichtete Pantheon wurden durch die Erfindung des Betonvorgängers, dem sogenannten opus caementicium, überhaupt erst möglich.



Fakten
Architekten gmp, Hamburg; schlaich bergermann partner, Stuttgart
Adresse Sechslingspforte 15, 22087 Hamburg


aus Bauwelt 10.2024
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